Synapse


Synapse (von griech. σύν syn ‚zusammen‘; ἅπτειν haptein ‚greifen, fassen, tasten‘) heißt die Stelle neuronaler Verknüpfung, mit der eine Nervenzelle in Kontakt steht zu einer anderen Zelle – sei es eine Sinneszelle, Muskelzelle, Drüsenzelle oder eine andere Nervenzelle. Synapsen dienen der Übertragung von Signalen, erlauben aber auch deren Modulation, und vermögen darüber hinaus durch anpassende Veränderungen Information zu speichern. Die Anzahl der Synapsen beträgt im Gehirn eines Erwachsenen etwa 100 Billionen (1014) – bezogen auf ein einzelnes Neuron schwankt sie zwischen 1 und 200.000.

Der Begriff Synapse wurde 1897 von Charles S. Sherrington geprägt für eine Kontaktstelle zwischen dem verästelten Ende des Axons einer Nervenzelle und dem Dendriten einer anderen Nervenzelle. Diese klassischen und zahlreichsten Synapsen zählen zu den chemischen Synapsen. Bei ihnen wird das Signal, das als elektrisches Aktionspotential ankommt, in ein chemisches Signal umgesetzt, in dieser Form über den zwischen den Zellen bestehenden synaptischen Spalt getragen, und dann wieder in ein elektrisches Signal umgebildet. Dabei schüttet die eine sendende Zelle (präsynaptisch) Botenstoffe aus, Neurotransmitter genannt, die auf der anderen Seite des Spaltes (postsynaptisch) an Rezeptoren der empfangenden Zelle binden. Mit dieser Form der Übertragung wird Signalen eine Richtung gegeben, was für die Verarbeitung von Informationen in neuronalen Netzen grundlegend ist.

Daneben erfahren die über chemische Synapsen übertragenen Signale auch eine Wertung. Denn der im Zellkörper des sendenden Neurons synthetisierte und axonal zu den präsynaptischen Membranregionen transportierte oder in der Endigung des Axons gebildete Neurotransmitter kann unterschiedlich auf die Zielzelle wirken. Je nach Ausstattung der postsynaptischen Membran, auf die das sendende Neuron Einfluss nimmt, wird entweder eine erregende (exzitatorische) oder aber eine hemmende (inhibitorische) Wirkung erzielt. Nicht nur einzelne Synapsen, ganze Neuronen werden daher in exzitatorische und inhibitorische unterschieden, je nachdem ob sie nur erregende oder nur hemmende Synapsen an Zielzellen ausbilden. Für eine Zielzelle innerhalb des zentralen Nervensystems ist es gewöhnlich so, dass sie von verschiedenen Neuronen Signale erhält, auch gegensätzliche, und diese dann miteinander verrechnet. Reicht die Summe der einlaufenden exzitatorischen und inhibitorischen (postsynaptischen) Signale am Axonhügel dieser Nervenzelle für die notwendige Potentialänderung aus, so wird ein Aktionspotential gebildet und über das Axon weitergeleitet, sonst nicht.

Elektrische Synapsen (als gap junctions) sind Kontaktstellen, bei denen Ionenkanäle zweier Zellen unmittelbar aneinander koppeln und so einen Übergang von Ionen und kleinen Molekülen von einer Zelle zur anderen erlauben. Zuerst wurden solche Synapsen zwischen Neuronen entdeckt, doch kommen ähnliche Kontaktstellen noch in anderen Geweben vor, und auch in Pflanzen.

In übertragenem Sinn werden als immunologische Synapsen kurzzeitige Berührungen zwischen Zellen des Immunsystems bezeichnet, sowohl untereinander wie auch mit Zellen des umgebenden Gewebes. Dabei binden Moleküle auf der Oberfläche der einen an Rezeptormoleküle auf der anderen Zelle und tauschen damit Informationen aus.

Chemische Synapsen

Aufbau einer chemischen Synapse

In einem Synapsenendknöpfchen führt das eintreffende Aktionspotential schon während der Depolarisationsphase – neben der kurzzeitigen Öffnung von Natrium- und etwas verzögert auch von Kaliumkanälen – zur vorübergehenden Öffnung spannungsaktivierter Calciumkanäle und damit zu einem kurzdauernden Calciumeinstrom. Das intrazellulär erhöhte Calcium bewirkt innerhalb weniger Millisekunden die Ausschüttung eines Botenstoffs in den synaptischen Spalt. Im Endknöpfchen wird dieser Neurotransmitter in besonderen membranumhüllten Bläschen, den synaptischen Vesikeln, vorrätig gehalten, die unter Einwirkung von Calcium mit der präsynaptischen Membran verschmelzen können und sich dann nach außen hin entleeren und so die Transmittermoleküle freisetzen.

Dieser Vorgang einer Exozytose wird erst durch die Konformationsänderung von Calcium-bindenden Proteinen möglich, insbesondere von Synaptotagminen. Daneben sind noch weitere Proteine daran beteiligt, beispielsweise Complexin I und II, welche die Ausschüttung der Neurotransmitter beschleunigen.

Auf der anderen Seite des synaptischen Spalts finden sich in der postsynaptischen Membran der Zielzelle spezifische Rezeptormolelüle für den Neurotransmitter. Diese Rezeptoren sind zumeist mit ligandengesteuerten Ionenkanälen assoziiert, so dass sich ein Ionenkanal öffnet, wenn das Transmittermolekül an den passenden Rezeptor bindet. Je nach der Ionensorte, für welche dieser Kanal durchlässig ist, wird das Membranpotential in der postsynaptischen Region durch den Ionenstrom dann entweder angehoben (EPSP) oder aber abgesenkt (IPSP). Abhängig vom Rezeptortyp kann daneben eine sogenannte Second-Messenger-Kaskade ausgelöst werden, die ebenfalls zu einer Änderung des Membranpotentials führt und darüber hinaus unter Umständen noch weitere Vorgänge in der postsynaptischen Zelle veranlasst. So kann die Second-Messenger-Kaskade auch eine Signalverstärkung hervorrufen, allerdings erst mit verzögerter Wirkung.

Die Transmittermoleküle binden nicht irreversibel, sondern lösen sich nach einer gewissen Zeit wieder von ihrem Rezeptor. Im synaptischen Spalt beziehungsweise im Extrazellularraum werden sie oft durch besondere Enzyme (wie z. B. Acetylcholinesterase abgebaut und damit in ihrer Wirkung begrenzt. Bei einigen Transmittern erfolgt kein Abbau, sondern diese werden wieder in das Axon aufgenommen (beispielsweise Serotonin), oder von Gliazellen abgeräumt.

Für eine Vielzahl von psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen wurden begleitende Veränderungen der Neurotransmitter-Freisetzung gefunden. Zum Beispiel sind verschiedene Formen einer Depression unter anderem verbunden mit einer geringeren Bildung oder Ausschüttung des Transmitters Serotonin.

Zahlreiche Medikamente oder Giftstoffe entfalten ihre Wirkung durch eine Interaktion mit Schritten der Transmission an Synapsen (Betablocker, Nikotin, Atropin, Hyoscyamin, Parathion, Kokain und viele mehr).

Elektrische Synapsen

Die Mehrzahl der Synapsen arbeitet mit einer chemischen Informationsübertragung, doch in einigen Fällen gibt es auch eine unmittelbare elektrische Weiterleitung. In diesen elektrischen Synapsen wird das Aktionspotential direkt und ohne vermittelnde Neurotransmitter an die nachfolgende Zelle weitergegeben.

Bei vielen elektrischen Synapsen findet man Verbindungskanäle durch die Zellmembran, „gap junctions“ genannt, über welche die Intrazellulärräume unmittelbar aneinander grenzender Zellen miteinander gekoppelt sind. Diese gap junctions sind Poren in der Zellmembran, die durch bestimmte Proteine, sogenannte Connexine, gebildet werden. Sechs Connexin-Moleküle kleiden dabei die Pore einer Zelle aus, zusammen bilden sie ein Connexon. Durch den Kontakt zwischen zwei Connexonen von benachbarten Zellen entsteht dann ein Kanal, der die Membranen durchquert und beide verbindet. Über solche elektrischen Synapsen können sich Änderungen des Membranpotentials mit relativ geringem elektrischen Widerstand ausbreiten; daneben ist auch die Diffusion für mittelgroße Moleküle möglich, z. B. sekundäre Botenstoffe.

Eine weitere Form der elektrischen Erregungsübertragung ist die der kapazitiven Kopplung über einen großflächigen engen Membrankontakt, wie sie beispielsweise im menschlichen Ziliarganglion zu finden ist.

Weitere Klassifikationen von Synapsen

Synapsen können des Weiteren nach verschiedenen Gesichtspunkten unterschieden werden, beispielsweise

– nach der mit einer Nervenzelle verknüpften Zelle in

  • Effektorsynapsen: wirken auf einen Effektor wie Muskelzellen oder Drüsen.
  • Rezeptorsynapsen: nehmen Signale auf von Rezeptoren wie sensiblen Sinneszellen der Haut.
  • Interneurale Synapsen: stellen Verknüpfungen zwischen Nervenzellen her und sind am häufigsten im Gehirn.

– nach den interneuronal zwischen Neuronen jeweils verknüpfenden Zellanteilen in

  • Axo-dendritische Synapsen: Axonendigungen, die mit einem Dendriten des nachgeschalteten Neurons in Kontakt sind.
  • Axo-somatische Synapsen: Axone oder Kollaterale, die den Zellkörper einer nachgeschalteten Nervenzelle kontaktieren.
  • Axo-axonische (auch axo-axonale) Synapsen: Axon eines Neurons in Kontakt mit dem Neuriten eines anderen Neurons.
  • Dendro-dendritische Synapsen: koppeln die Dendriten der Dendritenbäume verschiedener Neuronen miteinander.
  • Dendro-somatische Synapsen: verknüpfen Dendriten einer Nervenzelle mit dem Körper einer anderen; so z. B. im Riechkolben.
  • Somato-somatische Synapsen: verbinden den Zellkörper eines Neurons mit dem eines unmittelbar benachbarten Neurons.[1]
  • Somato-dendritische Synapsen: zwischen einem Nervenzellkörper und den Dendriten einer anderen Nervenzelle.

– nach der Wirkung auf die Aktivität der Zielzelle in

  • exzitatorische Synapsen: erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Aktion (Exzitation), stimulieren oder erregen.
  • inhibitorische Synapsen: erniedrigen die Wahrscheinlichkeit einer Aktion (Inhibition), hemmen oder verhindern.

– nach der stofflichen Substanz des Neurotransmitters in

Chemische Synapsen arbeiten mit unterschiedlichen Transmittern und können durch Medikamente oder Drogen in verschiedenen Schritten der Signalübermittlung verändert werden, womit je nach Angriffsort und Vorbedingungen unterschiedliche Wirkungen zu erreichen sind. Differenziertere Funktionen des Nervensystems lassen sich damit jedoch nicht gezielt beeinflussen, da diese nicht vom Überträgerstoff, sondern dem Verknüpfungsmuster der Synapsen abhängen.

Synapsengifte

Chemische Synapsengifte stören oder unterbinden die Funktion von Synapsen. Sie blockieren entweder die Abgabe der Neurotransmitter in den synaptischen Spalt oder sind den Neurotransmittern so ähnlich, dass sie an ihrer Stelle mit den Rezeptormolekülen in der postsynaptischen Membran reagieren und somit die Erregungsleitung stören. Zu den bekanntesten Synapsengiften gehören viele Alkaloide wie etwa Muskarin, Atropin, Curare sowie Nikotin. Auch der Trinkalkohol zählt durch seine Veränderung der GABA-Rezeptoren, sowie der Hemmung der NMDA-Rezeptoren, zu den Synapsengiften.[2] Ein besonders wirksames Gift ist das von Clostridien gebildete Botulinumtoxin (Botulin). Auch die chemischen Kampfstoffe Tabun, Sarin und VX gehören dazu. Mescalin und LSD (Nachahmung von Transmittern), Insektizide wie E 605 (Beeinflussung von Enzymen) und Tetanusgift (wirkt wie Botulin durch Hemmung der Transmitterausschüttung) sind weitere Synapsengifte.

Veränderungen an den Synapsenverbindungen

Der gezielte Abbau von Synapsenverbindungen wird als Jäten bezeichnet. Bahnung dagegen verfestigt bestehende Verbindungen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Karl-Josef Moll, Michaela Moll: Anatomie, 18. Auflage, Urban & Fischer, 2006, S. 123
  2. F.-J. Kretz, K. Becke: Anästhesie und Intensivmedizin bei Kindern. 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2006, ISBN 978-3-13-110232-4, S. 23

Literatur

  • Susanne tom Dieck, Eckart D. Gundelfinger: Chemische Synapsen des Zentralnervensystems. Chemie in unserer Zeit 34(3), S. 140–148 (2000), ISSN 0009-2851
  • Elliot Valenstein: The War of the Soups and the Sparks: The Discovery of Neurotransmitters and the Dispute Over How Nerves Communicate. 2005, ISBN 0-231-13588-2 (Buch über die Geschichte der Synapsen-Forschung)
  • Gerhard Neuweiler: Die dynamische Synapse. Naturwissenschaftliche Rundschau 59(12), S. 641–650 (2006), ISSN 0028-1050

Weblinks

Commons: Synapse – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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