Untersuchung von Prozessen im Kleinhirn



Bio-News vom 02.02.2023

An verschiedenen Erkrankungen, die das motorische Lernen betreffen, sind Prozesse im Kleinhirn beteiligt. Diese besser zu untersuchen, hilft ein neues Werkzeug, das eine Bochumer Arbeitsgruppe entwickelt hat: ein lichtaktivierbares Protein, das mit einem Teil eines erregenden Rezeptors gekoppelt ist.

Durch Licht lässt sich dank dieses optogenetischen Werkzeugs ein Signalweg in den Nervenzellen des Kleinhirns aktivieren und seine Auswirkungen beobachten. So konnte die Forschungsgruppe zeigen, dass der Signalweg am kleinhirngesteuerten motorischen Lernen beteiligt ist.


Illustration: Das Gehirn kann sich an externe Einflüsse anpassen.

Publikation:


Tatjana Surdin et al.
Optogenetic activation of mGluR1 signaling in the cerebellum induces synaptic plasticity
iScience (2023)

DOI: 10.1016/j.isci.2022.105828



Das Gehirn passt sich an

Eine der faszinierendsten Eigenschaften des menschlichen Gehirns ist seine Fähigkeit zur Plastizität. Damit ist gemeint, dass das Gehirn seine Aktivität an externe und interne Gegebenheiten anpasst. Die Funktion von neuronalen Schaltkreisen sowie Verhalten, Gedanken oder Gefühle können sich dadurch verändern. Neuronale Plastizität kann zum Beispiel durch Entwicklungs- oder krankheitsbedingte Veränderungen des Hormonhaushaltes hervorgerufen werden, aber auch durch Medikamente oder genetische Veränderungen. Um den Einfluss einzelner Gruppen von Nervenzellen oder Rezeptoren darauf zu untersuchen, setzen Forschende optogenetische Methoden ein. Dabei werden lichtaktivierbare Proteine verwendet, um gezielt neuronale Signale zu visualisieren oder Zellfunktionen durch Licht zu steuern.

Ein Werkzeug hilft ins Kleinhirn zu blicken

„Um die Plastizität im Kleinhirn zu untersuchen und zu modulieren, haben wir zusammen ein optogenetisches Werkzeug entwickelt, mit dem wir durch Licht die mGluR1-Signalkaskade ansteuern können“, berichten Ida Siveke und Tatjana Surdin. Dieses Werkzeug namens OPN4-mGluR1 besteht aus einem lichtempfindlichen Protein, dem Melanopsin oder auch OPN4, das mit einem Teil des mGluR1-Rezeptors gekoppelt ist und in verschiedene Zellen eingebracht und dort hergestellt werden kann.

Das Bochumer Forschungsteam: Bianca Preissing, Lennard Rohr, Ida Siveke und Tatjana Surdin (von links).

„Damit konnten wir den Signalweg genauso aktivieren, wie es auf natürliche Weise geschieht. Aber jetzt durch Licht“, erklärt Tatjana Surdin. Die Folgen der Aktivierung sind eine Erhöhung der Kalziumkonzentration in den Nervenzellen und eine Zunahme der Aktivität in bestimmten Zellen des Kleinhirns, den sogenannten Purkinjezellen. Durch die Aktivierung des Signalwegs wurde die Funktion einer spezifischen Synapse, der Parallelfaser-Purkinjezell-Synapse, für längere Zeit heruntergeregelt.

Auch konnte durch Lichtaktivierung vom Kleinhirn gesteuertes motorisches Lernen verbessert werden. „Somit eröffnet unser Werkzeug OPN4-mGluR1 neue Möglichkeiten zur Untersuchung verschiedener Arten von Kleinhirn-assoziierten Krankheiten, wie spinozerebellären Ataxien, denen eine Dysfunktion der mGluR1-Signalübertragung und der neuronalen Plastizität zu Grunde liegen“, so Ida Siveke.



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Ruhr-Universität Bochum via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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