Plattfische


Plattfische

Steinbutt (Scophthalmus maximus)

Systematik
Teilkohorte: Eurypterygii
Ctenosquamata
ohne Rang: Acanthomorpha
Stachelflosser (Acanthopterygii)
ohne Rang: Barschverwandte (Percomorpha)
Ordnung: Plattfische
Wissenschaftlicher Name
Pleuronectiformes
Linnaeus, 1758

Die Plattfische (Pleuronectiformes) sind eine Ordnung der Echten Knochenfische (Teleostei), die durch ihren besonderen, an eine benthische Lebensweise auf dem Gewässergrund angepassten Körperbau auffällt. Ausgewachsene Plattfische sind seitlich stark abgeflacht und, da beide Augen auf derselben Körperseite liegen, asymmetrisch gebaut. Zu den Plattfischen zählen zahlreiche Speisefische wie Scholle, Stein- und Heilbutt, Flunder und Seezunge.

Verbreitung

Plattfische kommen in allen Meeren vor, sowohl in den Tropen, als auch in gemäßigten Zonen. Viele Arten sind auch in kalten Gewässern, selbst in den Polarmeeren, vertreten. Die meisten Arten leben im Pazifik. Lebensraum sind vor allem Sand-, Kies- und Steingründe an den Kontinentalabhängen in flachem Wasser, einige Arten kommen aber auch in der Tiefsee vor. Zehn Arten leben ausschließlich im Süßwasser, darunter ein Vertreter der Seezungen, drei Arten der Hundszungen und sechs Amerikanische Seezungen-Arten. Einige andere Arten sind hauptsächlich im Süßwasser beheimatet, haben aber auch die Fähigkeit, im Brackwasser und im Meer zu leben. Weitere zwanzig in erster Linie marine Arten suchen auch Süßgewässer auf.

Merkmale

Der Körper der Plattfische ist bei den erwachsenen Tieren scheiben- oder rautenfömig und seitlich stark abgeplattet. Die Oberseite ist pigmentiert und kann an den Untergrund farblich angepasst werden. Sie ist mit kleinen Kammschuppen, seltener mit Rundschuppen oder tuberkelförmigen Schuppen bedeckt. Die Unterseite (Blindseite) ist meist weißlich und in den meisten Fällen mit schwachen Rundschuppen bedeckt. Plattfische erreichen Längen von wenigen Zentimetern bis über drei Metern. Die Anzahl ihrer Wirbel liegt bei 27 bis 70.

Larve der Seezungenart Microchirus theophila
Microchirus ocellatus

Beide Augen befinden sich auf der gefärbten Oberseite. Als Larven haben Plattfische noch eine bilateral-symmetrische Körperform und schwimmen aufrecht im offenen Wasser. Im Laufe des Wachstums, meist bei einer Länge zwischen 10 und 25 mm, wandert ein Auge vor der Rückenflosse vorbei oder durch deren Basis hindurch auf die spätere obere Körperseite und kommt dann in einer Knochenhöhle zwischen Frontalia und Präfrontalia zum Stillstand. Die Schädelknochen sowie die äußeren Nasenöffnungen verschieben sich in dieselbe Richtung. Auch Muskeln und Nerven, das protaktile (vorstülpbare) Maul, die Bezahnung und die paarigen Flossen sind an dieser Metamorphose beteiligt. Der Oberkieferrand wird nur vom Prämaxillare gebildet, Basisphenoid und Supramaxillare sind nicht vorhanden.

Das Gehirn bleibt in der ursprünglichen Symmetrieebene. Die Oberseite beginnt eine dunklere Färbung anzunehmen. Das Auge der Butten wandert fast immer auf die linke Seite, bei Schollen und Seezungen meist auf die rechte. Es gibt jedoch auch Arten bei denen beide Seiten zur Oberseite werden können. Währenddessen flacht auch der Körper ab, und bei den meisten Arten bildet sich die Schwimmblase zurück. Die Augen können hoch über die Körperoberfläche hervorragen und ermöglichen so den in den Bodengrund eingegrabenen Fischen, die Umgebung nach Feinden oder Nahrung abzusuchen. Die Kiemenkammern sind miteinander verbunden, so dass auch das Atemwasser, das über die Kiemen der Blindseite geströmt ist, über die Kiemenöffnung der Oberseite ausgestoßen werden kann. Die Anzahl der Branchiostegalstrahlen liegt normalerweise bei sechs oder sieben, selten auch bei acht.

Rücken- und Afterflosse sind saumartig und langgestreckt und werden, abgesehen von den Hartstrahlenflundern, nur von segmentierten Weichstrahlen gestützt. Sie können auch mit der Schwanzflosse zu einem durchgehenden Flossensaum verbunden sein, z. B. bei den Hundszungen. Die Rückenflosse beginnt, außer bei Psettodes, über dem Neurocranium. Die Bauchflossen sind kehlständig und in vielen Fällen, wie auch die Brustflossen unterschiedlich groß. Die Anzahl der Flossenstrahlen in den Bauchflossen liegt meist bei weniger als sieben. Der Schultergürtel bleibt normalerweise symmetrisch, der Beckengürtel wird reduziert. Das Ende der Schwanzflosse ist meist abgerundet, seltener zugespitzt. Ausgewachsene Plattfische haben, mit Ausnahme der Seezungengattung Monochirus, keine Schwimmblase. Sie schwimmen mit der Blindseite nach unten und bewegen sich mit wellenförmigen Bewegungen des ganzen Körpers fort.

Lebensweise

Plattfische leben auf dem Gewässergrund und ernähren sich karnivor, meist von bodenlebenden, wirbellosen Tieren. Große Arten, wie der Heilbutt sind Raubfische, die anderen Fischen nachstellen. Arten mit symmetrischer Maulöffnung und gleichmäßiger Bezahnung jagen eher im freien Wasser, während Arten mit asymmetrischer Maulöffnung und stärkerer Bezahnung auf der Unterseite eher vom Meeresboden fressen.

Plattfische sind ovipar und werden im Alter zwischen einem und 15 Jahren geschlechtsreif. Eier und Larven sind planktonisch. Viele Arten unternehmen zur Nahrungssuche oder um zum Laichplatz zu gelangen, weite Wanderungen.

Äußere Systematik

Plattfische sind Echte Knochenfische (Teleostei) und gehören innerhalb der Stachelflosser (Acanthopterygii) zu den Percomorpha, den Barschähnlichen Fischen. Ihre Schwestergruppe ist innerhalb der Ordnung der Barschartigen (Perciformes) zu suchen, die dadurch paraphyletisch wird. Die Stachelmakrelen (Carangidae) wurden in einer phylogenetischen Studie als Schwestergruppe identifiziert und sind wahrscheinlich näher mit den Plattfischen verwandt [1]. Allerdings wurden nicht alle Familien der Barschartigen untersucht, so dass die tatsächliche Schwestergruppe noch unsicher ist.

Innere Systematik

Es gibt über 675 Arten, in 134 Gattungen, 14 Familien und zwei Unterordnungen. Die Psettodidae sind die ursprünglichste Familie und die Schwestergruppe aller anderen, als Pleuronectoidei bezeichneten Plattfische.

Stammesgeschichte

Plattfische sind spätestens aus der erdgeschichtlichen Periode des Eozän bekannt, die vor etwa 55 Millionen Jahren begann. Die fossilen Gattungen Amphistium und Heteronectes aus dem Eozän Europas gelten als Mosaikformen, bei der sich die Augen der erwachsenen Tiere noch dauerhaft auf beiden Körperseiten befanden, eines jedoch bereits sehr weit oben nahe der Rückenmitte [2]. Eine weitere Gattung aus dem Eozän ist Eobothus die unter anderem in der norditalienischen Monte Bolca-Formation gefunden wurde und die bereits der Familie der Butte zugeordnet wird. Aus dem Miozän stammt Scophthalmus heckeli aus der Familie der Steinbutte und die in Unterkirchberg gefundene Seezunge Solea kirchbergeana. Die Schollen sind fossil mit der Gattung Liopsetta aus dem Pliozän von Sachalin bekannt [3]

Literatur

  • Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische, Gustav Fischer Verlag Jena, 1991, ISBN 3-334-00339-6
  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World, John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
  • Peter B. Berendzen & Walter Wheaton Dimmick: Phylogenetic Relationships of Pleuronectiformes Based on Molecular Evidence. Copeia 2002(3):642-652. 2002 doi:10.1643/0045-8511(2002)002[0642:PROPBO]2.0.CO;2
  • Arno Hermann Müller: Lehrbuch der Paläozoologie. Band III, Vertebraten, Teil 1. Gustav Fischer Verlag, 1985
  • Marisa F.C. Azevedo, Claudio Oliveira, Belén G. Pardo, Paulino Martínez & Fausto Foresti: Phylogenetic analysis of the order Pleuronectiformes (Teleostei) based on sequences of 12S and 16S mitochondrial genes. Genet. Mol. Biol. vol.31 no.1 suppl.0, São Paulo 2008, doi:10.1590/S1415-47572008000200023

Einzelnachweise

  1. Masaki Miya et al. (2003): Major patterns of higher teleostean phylogenies: a new perspective based on 100 complete mitochondrial DNA sequences. Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 26, Issue 1, January 2003, Pages 121-138 doi:10.1016/S1055-7903(02)00332-9
  2. Matt Friedmann: The evolutionary origin of flatfish asymmetry. Nature. 2008 Jul 10;454(7201):209-12 doi:10.1038/nature07108
  3. K. A. Frickinger: Fossilien Atlas Fische, Mergus-Verlag, Melle, 1999, ISBN 3-88244-018-X

Weblinks

Commons: Plattfische – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Plattfisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Die News der letzten Tage

29.03.2023
Entwicklungsbiologie | Neurobiologie | Zytologie
Wenn Nervenzellen hungern
Die Entwicklung unseres Gehirns benötigt die richtigen Nährstoffe zur richtigen Zeit. Diese liefern die notwendige Energie für zelluläre Prozesse, die der Gehirnbildung zugrunde liegen. Was passiert aber, wenn diese Stoffe nicht verfügbar sind?
29.03.2023
Neurobiologie
Anders als gedacht: Gehirn verarbeitet Seheindrücke auch rückwärts
Warten wir auf der Straße auf jemanden, mit dem wir verabredet sind, erkennen wir die Person meistens oft schon von Weitem zwischen anderen Menschen.
28.03.2023
Mikrobiologie | Physiologie | Vogelkunde
Darmflora von Seevögeln durch Mikroplastik verändert
Je mehr Mikroplastik wilde Seevögel wie Eissturmvogel und Corysturmtaucher mit der Nahrung aufnehmen, desto stärker verändert sich die mikrobielle Vielfalt im Darm.
28.03.2023
Klimawandel | Ökologie
Frost im Frühling: Wie Bäume damit zurechtkommen
Durch den Klimawandel treiben viele Laubbäume früher aus, doch das Risiko von Spätfrösten im Frühjahr bleibt hoch und extreme Trockenphasen werden häufiger.
28.03.2023
Klimawandel | Primatologie
Klimawandel bedroht Lemuren auf Madagaskar
Mausmaki: Auch vermeintlich anpassungsfähige Säugetierarten haben ein erhöhtes Aussterberisiko.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
Gene für Augenfarbe wichtig für eine gesunde Netzhaut
Forscher untersuchten, wie vier Gene der Fruchtfliege Drosophila, die für die Farbgebung der Augen verantwortlich sind, auch für die Gesundheit des Netzhautgewebes essentiell sind.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
An der „Auferstehung“ sind viele Gene beteiligt
Manche Pflanzen können Monate ohne Wasser überleben, um dann nach einem kurzen Regenguss wieder zu ergrünen.
22.03.2023
Physiologie
Startschuß zur optischen Wahrnehmung
Forschende haben den molekularen Vorgang entschlüsselt, der als Allererstes im Auge abläuft, wenn Licht auf die Netzhaut trifft.
22.03.2023
Neurobiologie
Wettbewerb zwischen den Gehirnhälften im Schlaf
Der Mensch ist beidseitig symmetrisch: unser Gehirn besteht aus zwei Hälften, den so genannten Hemisphären.
22.03.2023
Neurobiologie | Physiologie
Warum wir von Schokoriegeln und Co. nicht die Finger lassen können
Schokoriegel, Chips und Pommes - warum können wir sie im Supermarkt nicht einfach links liegen lassen?
22.03.2023
Biochemie | Genetik | Zytologie
Aus Perspektive eines Ingenieurs ist Biologie chaotisch und unvollkommen
Der Vorteil von Redundanz in biologischen Systemen.
21.03.2023
Paläontologie
Neue Augen bei Trilobiten entdeckt
Wissenschaftler*innen der Universitäten Köln und Edinburgh entdecken bisher übersehene Augen bei Trilobiten.
21.03.2023
Bionik, Biotechnologie und Biophysik | Bioinformatik
Molekularbiologie trifft auf Quantenphysik
Biologische Systeme sind hochkomplex: Sie werden vor allem über genregulatorische Netzwerke gesteuert, in denen Gene, Proteine und RNA auf vielfältige Art interagieren.