Wie Urbakterien Uran & Co. ausbremsen: Forscher untersuchen Salz-tolerante Mikroben aus potenziellen Endlagerstandorten



Bio-News vom 25.07.2019

Mikroorganismen, die natürlicherweise in Salzlagerstätten siedeln, wandeln Schwermetalle in unlösliche Minerale um. Am Beispiel von Uran und Curium konnten Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) zeigen, dass diese „Biomineralisation“ bei niedrigen Konzentrationen der toxischen Schwermetalle vergleichsweise effektiv verläuft. Der natürliche Vorgang kann demnach die potenzielle Ausbreitung gelöster Metalle im Wirtsgestein Salz bremsen. Die Forschungsergebnisse sollen in die Sicherheitsbewertung künftiger Endlagerstätten für hochradioaktiven Abfall aus Kernkraftwerken einfließen.

Haloarchaeen sind urtümliche Mikroorganismen, die extrem hohe Salzkonzentrationen in ihrem Umfeld tolerieren und geologische Salzlagerstätten in allen Regionen der Erde besiedeln. Wenn sie mit gelösten Schwermetall-Ionen in Kontakt kommen, setzen sie Phosphat-Ionen frei. Das fanden Dr. Miriam Bader und Dr. Andrea Cherkouk vom Institut für Ressourcenökologie des HZDR bei ihren Untersuchungen heraus: „Die für die Mikroben eigentlich giftigen Schwermetall-Ionen werden dadurch binnen Minuten fest an die Phosphat-Ionen gebunden. Die gebildeten Phosphat-Minerale sind für die Mikroben nicht mehr gefährlich“, so Bader. Die Chemikerin konnte zeigen, dass dieser Schutzmechanismus sogar bei hochradioaktiven Substanzen funktioniert.


Dresdner Radiochemiker konnten zeigen, dass spezielle Mikroorganismen (rosa) im Salzgestein radioaktive Schwermetalle in unlösliche Uranylphosphat-Minerale (grün) umwandeln.

Publikation:


M. Bader, H. Moll, R. Steudtner, H. Lösch, B. Drobot, T. Stumpf, A. Cherkouk
Association of Eu(III) and Cm(III) onto an extremely halophilic archaeon
Environmental Science and Pollution Research, 2019

DOI: 10.1007/s11356-019-04165-7



Salzstöcke zählen zu den geologischen Formationen, die als potenzielle Endlagerstätten für hochradioaktiven Abfall untersucht werden. „In Deutschland gehen diese Salzlagerstätten auf das Zechstein-Meer zurück, das sich vor über 240 Millionen Jahren im heutigen Mitteleuropa ausdehnte“, erläutert Prof. Thorsten Stumpf, Direktor des Instituts für Ressourcenökologie. „Seit über 30 Millionen Jahren sind die Salzstöcke stabil und haben selbst mehrere Eiszeiten unbeschadet überstanden. Ein Wassereinbruch ist daher auch für die nächsten Jahrmillionen extrem unwahrscheinlich.“

Salzstock-Bedingungen im Labor

In der von Cherkouk geleiteten Gruppe „MicroSalt“ erforschte Miriam Bader während ihrer Promotion geobiochemische Prozesse, die in einem potenziellen Endlager mit hochradioaktiven Abfällen im Wirtsgestein Salz ablaufen könnten. Für die jetzt veröffentlichten Studien brachte sie Haloarchaeen mit hochradioaktiven Schwermetallen in Kontakt, die typischerweise in ausgebrannten Kernbrennstäben enthalten sind. „Vereinfacht gesagt, haben wir ein Worst-case-Szenario mit einem Wassereinbruch in einem Salzstock simuliert“, beschreibt Miriam Bader. In einer solchen Situation würden sich geringe Mengen radioaktiver Substanzen in der Sole lösen. „Dabei müssen wir klären, ob und wie sie sich verändern, denn davon hängt auch ab, wohin und wie weit die Substanzen im Wirtsgestein verlagert werden und ob sie mit dem Sickerwasser in die Umgebung gelangen“, erläutert die Geoökologin Andrea Cherkouk.

Im Fokus standen Uran – der Hauptbestandteil abgebrannter Kernbrennstäbe – und Curium. Letzteres folgt im Periodensystem auf Uran, Neptunium, Plutonium und Americium. Die auf Uran folgenden Elemente – Trans-Urane genannt – sind für die hohe Radiotoxizität des Abfalls über lange Zeiträume verantwortlich und daher ein wichtiger Fokus für die Endlagerforschung am HZDR.

Verräterische Leuchtsignale

Den Wissenschaftlern am HZDR gelang es exakt nachzuweisen, in welcher chemischen Form die untersuchten Metalle jeweils vorlagen. Als Untersuchungsmethode nutzten sie die zeitaufgelöste, laserinduzierte Fluoreszenz-Spektroskopie: Alle untersuchten Metall-Ionen zeigen nach Bestrahlung mit einem kurzen Laserpuls ein typisches Fluoreszenz-Spektrum. Dessen genaue Eigenschaften und der zeitliche Verlauf hängen von der chemischen Nachbarschaft ab. Auf diese Weise konnten die Forscher differenzieren, ob das Metall-Ion „frei“, also von Wassermolekülen umgeben war, an anorganisches Phosphat gebunden oder an organische Moleküle, die typische Bestandteile von Zellwänden sind.

Am Beispiel von Uran beobachteten die Forscher zudem über einen Zeitraum von mehreren Tagen die Bildung der Biomineralien. Dafür nutzten sie eine Kombination spektroskopischer Methoden. „Zuerst sahen wir das freie, im Wasser gelöste Uranyl-Ion. Das lagerte sich an die Zellwand unserer Archaeen an, die – wie bei allen Lebewesen – hauptsächlich aus organischer Substanz besteht“, beschreibt Bader. Durch das von der Zelle freigesetzte Phosphat entstanden anschließend Uranylphosphat-Mineralien, deren Kristalle rasch größer wurden.

Natürliche Wächter in der Salzbarriere

Der Mikrobenstamm, den die Wissenschaftler für ihre Experimente benutzten, heißt in der Fachsprache Halobacterium noricense DSM15987T. Ein etwas irreführender Name: „Es handelt sich nicht um Bakterien, sondern um Archaeen“, erklärt Cherkouk. „Sie bilden quasi ein natürliches Wachpersonal für nukleare Abfälle und können recht wirkungsvoll verhindern, dass Uran und andere hoch-radioaktive Schwermetalle bei einem Wassereinbruch vom Endlager in die Umwelt gelangen“, bringt die Geoökologin das Ergebnis auf den Punkt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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