Sexualdimorphismus

Geschlechtsdichromatismus bei der Reiherente (Aythya fuligula), oben das Männchen, unten das Weibchen
Bei vielen Tiefsee-Anglerfischen wie dem Rutenangler Cryptopsaras couesii lebt das parasitische Zwergmännchen zeitlebens festgewachsen am Weibchen
Geschlechtsdimorphismus beim Hirschkäfer (Lucanus cervus). Links das Männchen, rechts das Weibchen
Eckfleck-Bürstenspinner
(Orgyia recens), oben ♂, unten ♀
Lebensbild von Männchen und Weibchen des haiähnlichen Knorpelfischs Stethacanthus altonensis aus dem mittleren Paläozoikum

Als Sexualdimorphismus (von lat. sexus ‚Geschlecht‘ sowie altgriechisch {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) dímorphos ‚zweigestaltig‘)[1][2] oder Geschlechtsdimorphismus oder auch sekundäres Geschlechtsmerkmal bezeichnet man deutliche Unterschiede im Erscheinungsbild, Verhalten oder in der Physiologie zwischen männlichen und weiblichen Individuen der gleichen Art, die sich nicht auf die Geschlechtsorgane selbst beziehen.[3]

Morphologische Unterschiede

Bei vielen Tieren sind die mit der Geschlechtsreife sich herausbildenden Sexualdimorphismen dauerhaft, andere Tiere zeigen den Sexualdimorphismus nur zur Paarungszeit.

Körpergröße

Die Männchen sind größer oder kleiner als die Weibchen. Bei Säugetieren und vielen Vögeln sind häufig die Männchen größer als die Weibchen. Dagegen sind bei Greifvögeln, Eulen, den meisten Reptilien, Kröten und Gliederfüßern die Weibchen oft größer als die Männchen. Im Extremfall werden die Männchen zu Anhängseln des Weibchens, dies bezeichnet man als Zwergmännchen.

Behaarung

Bei Säugetieren können Männchen und Weibchen unterschiedlich ausgeprägte Körperbehaarung besitzen.
(Z. B. männliche Brust- und Barthaare beim Menschen).

Färbung

Die Körperoberfläche ist bei den beiden Geschlechtern unterschiedlich gefärbt, dies wird auch Sexualdichroismus genannt.
(Z. B. Gefiederfärbung bei Vögeln, Fellfärbung bei Säugern, Schuppenfärbung bei Fischen).

Zähne

Bei manchen Säugetierarten sind insbesondere die Eckzähne bei Männchen größer als bei den Weibchen ausgebildet.
(Z. B. besitzen männliche indische Elefanten Stoßzähne).

Zusätzliche Organbildungen

Bei manchen Wirbeltieren besitzt eines der Geschlechter zusätzliche Organe.
(Z. B. das Geweih der männlichen Hirsche, der Sporn der Hähne, Duftdrüsen der Schmetterlinge).

Ethologische Unterschiede

Häufig zeigen die Geschlechter höchst unterschiedliche Verhaltensweisen, diese Unterschiede verstärken sich zumeist während der Balz. Meist stehen sie in direktem Zusammenhang mit dem Finden des Geschlechtspartners.
(Z. B. Gesang der Singvogelmännchen).

Physiologische Unterschiede

Die makroskopisch beobachteten Sexualdimorphismen haben ihre Ursache auf molekularer Ebene. Die vielfältigen physiologischen Unterschiede reichen vom Hormonsystem über den allgemeinen Stoffwechsel bis hin zur Steuerung von Wachstumsprozessen.

Erklärung physiologischer, morphologischer und ethologischer Unterschiede

Ursächlich für alle Geschlechtsdimorphismen sind geschlechtsspezifische Selektionsdrucke. Diese sexuelle Selektion führt dazu, dass eine gute Anpassung für die beiden Geschlechter höchst unterschiedliche Ergebnisse zeitigt. Dabei korrelieren physiologische, morphologische und ethologischen Geschlechtsdimorphismen in aller Regel miteinander. Beispielsweise gibt es offensichtlich einen Zusammenhang von unterschiedlichen Geschlechtshormonen, den sich dadurch bildenden unterschiedlichen Balzkleidern und dem unterschiedlichen Verhalten bei der Paarung und der anschließenden elterlichen Fürsorge um den Nachwuchs.

Bei vielen Arten können Männchen bei promiskuitivem Verpaarungsverhalten potentiell deutlich mehr Nachkommen zeugen als die Weibchen. Die Weibchen dieser Arten zeigen bei der Partnerwahl ein deutlich wählerischeres Verhalten als die Männchen. Es erhöht die biologische Fitness der Weibchen, wenn sie bei diesem Paarungsverhalten Männchen auswählen, deren Merkmale eine besonders hohe Qualität aufweisen. Dies wiederum führt dazu, dass sich vorwiegend Männchen verpaaren, welche diese Merkmale in starker Ausprägung tragen. Sind diese Merkmale erblich, entsteht ein sexuell bedingter Selektionsdruck hin zu den jeweils ausgewählten Merkmalen. Umgekehrt steigert es die biologische Fitness der Männchen, wenn sie sich mit möglichst vielen Weibchen verpaaren; ist diese Verhaltensweise erblich, entsteht auch hier ein entsprechender Selektionsdruck.

In der Regel ist es für die Aufzucht des Nachwuchses vorteilhaft, wenn sie unbemerkt von Prädatoren erfolgt, brutpflegende Eltern wirken daher in ihrem Habitat meist unauffällig und gut getarnt. Erfolgt die Brutpflege allein durch das Weibchen, wirkt der Selektionsdruck daher in eine vollkommen andere Richtung als beim Männchen, dies bedeutet eine weitere Steigerung des Sexualdimorphismus'. Somit kann ein ausgeprägter Sexualdimorphismus auch ein Maß für den Grad der ethologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern (u.a. Polygamie) sein.

Es gibt eine Reihe von Arten, bei denen die Weibchen größer sind als die Männchen. Man nimmt in diesen Fällen an, dass es für eierlegende Weibchen von Vorteil ist, groß zu sein, weil dies die Anzahl ihrer Eier erhöht.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Sexualdimorphismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Sexualdimorphismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

Einzelnachweise

  1. Erich Pertsch: Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Lateinisch-Deutsch. Langenscheidt, Berlin 1978, ISBN 3-468-07201-5.
  2. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
  3. Lexikon der Biologie, Herder, Bd. 7: -Sexualdimorphismus

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