Riesenfaultier

Megatherium

Als Riesenfaultiere werden eine Reihe ausgestorbener Faultierarten bezeichnet. Diese lebten auf dem amerikanischen Kontinent und erreichten zum Teil ein Gewicht von mehreren Tonnen, einige Arten sind erst am Ende des Pleistozäns ausgestorben. Riesenfaultiere lebten im Gegensatz zu heutigen Faultieren nicht in den Bäumen, sondern auf dem Boden.

Ursachen des Aussterbens

Die letzten Riesenfaultiere verschwanden am Ende des Pleistozäns etwa zeitgleich mit einem Klimawandel und dem erstmaligen Erscheinen des Menschen in Nordamerika. Es ist bis heute umstritten, ob die Paläoindianer, die Vorfahren der Indianer, für das Verschwinden der Riesenfaultiere verantwortlich sind. Lange machte man den rasanten Klimawandel am Ende der letzten Kaltzeit dafür verantwortlich. Die Erwärmung verschob die Niederschlagszonen, die Gletscher schmolzen und der Meeresspiegel stieg. Einige Wissenschaftler vertreten die Theorie, dass sich viele Tierarten, darunter auch die Riesenfaultiere, nicht schnell genug an die neuen Umweltbedingungen anpassen konnten.

Gegen diese These steht jedoch, dass Riesenfaultiere über zwei Millionen Jahre lang viele Klimawandel, Warm- und Kaltzeiten überstanden. Zudem gehörten sie zu den wenigen südamerikanischen Arten, die bei der Entstehung der Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika auf dem nordamerikanischen Kontinent Fuß fassen und sich weit ausbreiten konnten, was ebenfalls für ein ausgeprägtes Anpassungsvermögen spricht. Neuere Studien zeigen, dass kleinere Arten auf den karibischen Inseln Hispaniola und Kuba um 1550 erst kurz nach Ankunft der Europäer ausstarben. Der Mensch besiedelte Amerika vor 10.000 bis 30.000 Jahren. Die letzten Riesenfaultiere verschwanden auf dem Festland vor rund 10.000 Jahren. Dies legt den Schluss nahe, dass die Tiere stark bejagt wurden. Sie konnten dem Menschen wahrscheinlich nicht viel entgegensetzen, da sie sich wie ihre heutigen Verwandten nur sehr langsam bewegten. Vermutlich war für das Aussterben der Riesenfaultiere eher der Mensch verantwortlich, weniger die Folgen des Klimawandels. Indianische Legenden berichten vom Mapinguari, einem Fabelwesen, das dem Riesenfaultier sehr ähnlich ist.

Taxonomie

Die Riesenfaultiere sind keine einheitliche taxonomische Gruppe. Drei Familien der Faultiere brachten große Vertreter hervor, die als Riesenfaultiere bezeichnet werden. Näheres siehe unter Systematik der Faultiere.

Megatheriidae

Skelett des ausgestorbenen, aquatisch lebenden Thalassocnus

Angehörige der Megatheriidae erreichten die Größe von Elefanten. Eine der größten Gattungen war Megatherium aus dem späten Pleistozän Südamerikas. Es erreichte eine Länge von sechs Metern. Etwa gleich groß war Eremotherium, das ebenfalls bis ins späte Pleistozän überlebte. Seine Überreste wurden in Florida und Südamerika gefunden. Die anderen Gattungen der Megatheriiden waren kleiner. Nothrotherium und Nothrotheriops waren einander sehr ähnlich und existierten ebenfalls bis ins späte Pleistozän in Amerika, wobei Nothrotherium auf den Südamerikanischen Kontinent beschränkt war und Nothrotheriops in Nordamerika lebte. Verhältnismäßig primitive Gattungen der Megatheriidae waren beispielsweise Planops und Hapalops, die im Miozän Südamerikas lebten und noch den Megalonichyden nahestanden. Hapalops war etwa 1,2 Meter lang.

Megalonychidae

Zur Familie der Megalonychidae gehören auch die rezenten Zweifinger-Faultiere. Ausgestorbene Arten dieser Familie sind zum Beispiel Megalonyx jeffersonii, dessen Überreste bereits 1796 in Kentucky gefunden wurden und die zu den am längsten bekannten Fossilienfunden überhaupt zählen, sowie einige ausgestorbene Arten der Großen Antillen.

Mylodontidae

Die Mylodontidae bilden eine Gruppe kleinerer Riesenfaultiere. Die größten Vertreter, die Gattung Mylodon, erreichten eine Länge von drei Metern und die Größe eines Stiers. Überreste wurden von dem deutschen Abenteurer Hermann Eberhard 1895 in einer Höhle östlich des Nationalparks Torres del Paine in Chile gefunden. Diese lassen vermuten, dass diese Tiere vor rund 11.000 Jahren ausgestorben sind. Eine verwandte Art, Glossotherium (=Paramylodon) harlani, wurde unter anderem in der La-Brea-Teergrube in Los Angeles gefunden. Scelidotherium unterschied sich im Schädelbau von anderen Mylodontiden und lebte vom oberen Pliozän bis ins späte Pleistozän in Südamerika. Eine weitere Gattung war Lestodon. Eine gut erhaltene Faultierhaut eines Mylodon, gepanzert durch zahlreiche kugelförmige Knocheneinlagerungen, an der zum Teil noch Haare haften, ist zum Beispiel im Museum für Naturkunde in Berlin ausgestellt.

Literatur

  • Paul S. Martin, Richard G. Klein (Hrsg.): Quaternary Extinctions. A Prehistoric Revolution. The University of Arizona Press, Tucson AZ 1984, ISBN 0-8165-1100-4.
  • Arno Hermann Müller: Lehrbuch der Paläozoologie. Band 3: Vertebraten. Teil 3: Mammalia. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Gustav Fischer Verlag, Jena 1989, ISBN 3-334-00223-3.

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