Nordseeschnäpel

Nordseeschnäpel

Zeichnung des Nordseeschnäpels

Systematik
Kohorte: Euteleosteomorpha
Unterkohorte: Protacanthopterygii
Ordnung: Lachsartige (Salmoniformes)
Familie: Coregonidae
Gattung: Coregonus
Art: Nordseeschnäpel
Wissenschaftlicher Name
Coregonus oxyrinchus
(Linnaeus, 1758)

Der Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrinchus), auch als Rheinschnäpel und Kleine Schwebrenke bezeichnet, ist eine ausgestorbene Fischart aus der Familie der Lachsfische, der zur Gattung der Felchen, Renken oder Maränen (Coregonus) gehörte. Traditionell ebenfalls als Nordseeschnäpel bezeichnet wird eine Population im dänischen Nordseebereich sowie eine Neuansiedlung im Rhein und Elbgebiet – diese Fische gehören jedoch tatsächlich zu einer anderen Art, Coregonus maraena.[1][2]

Merkmale

Kopfzeichnung

Der Nordseeschnäpel besaß einen langgestreckten und seitlich abgeflachten Körper. Er erreichte eine durchschnittliche Körperlänge bis 30 bis 50 Zentimeter bei einer Maximallänge von etwa 90 Zentimeter und einem Höchstgewicht von 2.000 Gramm. Die Schnauze war bei wandernden Formen nasenartig verlängert. Die Rückenfärbung war grau bis olivgrün, die Flanken und der Bauch silbrig, wobei manchmal ein rötlicher Schimmer vorhanden war.[3] Auf dem ersten Kiemenbogen waren bei dieser Art 38 bis 46 Reusendornen ausgebildet, wodurch er sich von anderen Arten der Gattung unterscheiden ließ.[2]

Die Rückenflosse besaß 3 Hart- und 8 bis 9 Weichstrahlen, wobei der dritte und längste Hartstrahl verknöchert und an der Hinterseite gesägt war. Die Bauchflossen waren kehlständig, lagen also vor den Brustflossen, und bestanden aus 2 harten und 8 weichen Strahlen und die paarigen Brustflossen besaßen 2 Hart- und 15 bis 17 Weichstrahlen. Wie alle Maränen besaß auch der Nordseeschnäpel eine Fettflosse.[3]

Verbreitung

Der Nordseeschnäpel lebte marin im Küstenbereich der Nord- und Ostsee sowie an den atlantischen Küsten der Britischen Inseln und Skandinaviens. Zudem war er im Brackwasser, in Flüssen und Seen im Einzugsbereich der Nord- und Ostsee und der Voralpen anzutreffen. Dabei gab es sowohl stationäre Populationen in Binnenseen wie auch wandernde (anadrome) Populationen, die vom Meer in die Flüsse wanderten.[3]

Heute gilt der Nordseeschnäpel in seinem gesamten ehemaligen Verbreitungsgebiet als ausgestorben, wobei auch die Population in Dänemark, die als letzte verbliebene Population beschrieben wurde, sowie Neuansiedlungen im Rheingebiet zu einer anderen Art, Coregonus maraena, gehören.[2]

Lebensweise

Die Fische waren Schwarmfische des Freiwasserbereichs (Pelagial) und ernährten sich von Plankton und wirbellosen Benthos-Organismen. Die Fortpflanzung und Eiablage fand im Süßwasser statt, wobei die marinen Populationen in die Flüsse aufstiegen und dort im Uferbereich über hartem Grund laichten.[3]

Gefährdung

Insbesondere die wandernden und marinen Populationen waren sehr stark bedroht, da ihre Wanderungen zu den Laichplätzen durch Schleusen und Wehre unterbrochen wurden, die die Fische nicht überwinden können. Durch Gewässerverschmutzung, auf die die Fische sehr empfindlich reagieren, wurden zudem viele der ursprünglichen Laichhabitate zerstört.[3]

In der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN wird der Nordseeschnäpel als „ausgestorben“ gelistet, da seit 1940 kein Nachweis für das Vorkommen der Art in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet dokumentiert ist.[4]

Belege

  1. Arno Waterstraat, Volker Wachlin, 2004: “Coregonus oxyrinchus (LINNAEUS, 1758)” – Nordseeschnäpel. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. PDF
  2. 2,0 2,1 2,2 J. Freyhof, C. Schöter: The houting Coregonus oxyrinchus(L.)(Salmoniformes: Coregonidae), a globally extinct species from the North Sea basin. Journal of Fish Biology 67 (3); Seiten 713-729.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Andreas Vilcinskas: Fische. Mitteleuropäische Süßwasserarten und Meeresfische der Nord- und Ostsee. BLV, München 2000; S. 74. ISBN 3-405-15848-6.
  4. Coregonus oxyrinchus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010.1. Eingestellt von: Freyhof, J. & Kottelat, M., 2008. Abgerufen am 8. April 2010.

Literatur

  • Andreas Vilcinskas: Fische. Mitteleuropäische Süßwasserarten und Meeresfische der Nord- und Ostsee. BLV, München 2000; S. 74. ISBN 3-405-15848-6.

Weblinks

Commons: Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrinchus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


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