Ephedrin

Strukturformel
Struktur von (−)-Ephedrin
Allgemeines
Freiname Ephedrin
Andere Namen
  • L-(−)-Ephedrin
  • (1R,2S)-2-Methylamino- 1-phenylpropan-1-ol
Summenformel C10H15NO
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff mit schwachem Eigengeruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 299-42-3
  • 50906-05-3 (Hemihydrat)
  • 50-98-6 (Hydrochlorid)
  • 134-72-5 (Sulfat)
PubChem 9294
DrugBank DB01364
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Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Sympathomimetikum

Wirkmechanismus

Adrenozeptor-Agonist

Eigenschaften
Molare Masse
  • 165,24 g·mol−1
  • 174,2 g·mol−1 (Hemihydrat)
  • 201,7 g·mol−1 (Hydrochlorid)
  • 428,5 g·mol−1 (Sulfat)
Schmelzpunkt
  • 38-40 °C[2][3]
  • 40 °C (Hemihydrat)[3]
  • 217–220 °C (Hydrochlorid)[3]
  • 245 °C (Sulfat)[3]
Siedepunkt

225 °C [2]

pKS-Wert

10,25 [4]

Löslichkeit

mäßig in Wasser (50 g·l−1 bei 20 °C) [1], löslich in Ethanol und Chloroform [2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [5]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze [6]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Ephedrin ist ein Phenylethylamin-Alkaloid, welches als Hauptalkaloid in Pflanzen der Gattung Ephedra (z. B. Ephedra sinica, Meerträubel; auch als Mormonentee oder Ma-Huang bekannt) vorkommt.[7] In isolierter oder synthetisch hergestellter Form wird Ephedrin – wie auch sein Diastereomer Pseudoephedrin – aufgrund seiner sympathomimetischen Wirkung gegen die Symptome bei Asthma bronchiale sowie zum Abschwellen der Nasenschleimhäute bei Schnupfen eingesetzt. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis gilt dabei jedoch als ungünstig. Ephedrin wird außerdem bei Hypotonie („Kreislaufschwäche“) sowie als Mittel zweiter Wahl bei Narkolepsie (Schlafkrankheit) verwendet. In der Augenheilkunde wurde Ephedrin – wie auch Pseudoephedrin – als Ersatz für Atropin benutzt. Ephedrin wird oft mit Epinephrin verwechselt.

Geschichte

Nagayoshi Nagai isolierte Ephedrin erstmals 1885 aus Ephedra vulgaris. Mitte der 1920er Jahre wurde synthetisches Ephedrin als Racemat von E. Merck unter dem Markennamen Ephetonin erstmals als Antiasthmatikum auf den Markt gebracht.[8][9][10][11]

Pharmakologie

Ephedrin ist ein Sympathomimetikum von schwächerer, jedoch länger anhaltender Wirkung als Adrenalin. Es wirkt blutdrucksteigernd, herzstimulierend, bronchienerweiternd und appetithemmend, weshalb es in Arzneimitteln gegen Hypotonie, chronische Bronchitis, Asthmaanfälle und zur Abschwellung der Schleimhäute bei Schnupfen sowie als Bestandteil von Appetitzüglern Verwendung findet.[2]

Ephedrin stimuliert die adrenerge Transmission und setzt Noradrenalin und Adrenalin frei. Da es keine Hydroxygruppen am Phenylring aufweist, kann es die Blut-Hirn-Schranke passieren (allerdings nicht so effizient wie Amphetamin oder Methamphetamin). Die gängige Dosis liegt bei 25–50 mg; Dosen über 50 mg können bereits zu unangenehmen Nebenwirkungen führen. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ca. 3–6 Stunden.[12]

Ephedrin verringert die Proteinabbaurate und steigert vermutlich auch die Proteinbiosynthese. Durch die erhöhte Körpertemperatur kommt es zur Fettverbrennung im Körper. Auch eine euphorisierende und aphrodisierende Wirkung ist möglich, die jedoch oft mit Erektionsschwierigkeiten verbunden ist. Es erweckt den subjektiven Eindruck, geistig oder körperlich mehr leisten zu können, was objektiv aber nicht nachgewiesen werden konnte.

Bei Überdosierung sind die Nebenwirkungen vielfältig: Unruhe, Angst, Übelkeit, Schlaflosigkeit, Tremor, Pulsrasen, Schwitzen, Atemschwierigkeiten, Verwirrtheit, Halluzinationen, Delirium, Kopfschmerzen, selten: Krämpfe.

Rechtslage

Da Ephedrin ebenso wie Pseudoephedrin als Grundstoff zur Synthese des verbotenen Betäubungsmittels N-Methylamphetamin (meist als Crystal bzw. Meth (USA) bezeichnet) dient, wird die Abgabe in Deutschland durch das Grundstoffüberwachungsgesetz eingeschränkt.

Wegen seiner appetithemmenden und subjektiv leistungssteigernden Wirkung wird Ephedrin („Ephis“) oft als Dopingmittel eingesetzt, oft in Kombination mit Coffein und Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin Complex®) (sog. ECA-Stack). Ephedrin gehört zu den Substanzen, die im Zusammenhang mit sportlichen Wettkämpfen verboten sind.[13]

In vielen Ländern wurden Medikamente die Ephedrin enthalten, beispielsweise als Wachmacher für Autofahrer, vom Markt genommen.[14] Die Substanz kann durch andere Wirkstoffe ersetzt werden, wodurch einem Missbrauch vorgebeugt werden kann.

Ephedrin in Flaschen

In Deutschland war ein Kombipräparat namens Vencipon® N auf dem Markt, welches mit 10 mg eine Dosis enthielt, die den Appetit zügeln sollte, um somit Diäten medikamentös zu unterstützen.[15] In Dosen von etwa 50–70 mg wurde es als Stimulans missbraucht. Dieses Präparat wurde ebenfalls vom Markt genommen.[16] Das Erkältungsmittel Wick MediNait® enthält als einziges freiverkäufliches Arzneimittel noch Ephedrin,[17] jedoch nur in geringer Konzentration (26,7 mg pro 100 ml).[18]

Bis 2001 waren Ephedrinpräparate frei in deutschen Apotheken erhältlich. Danach wurde der freie Zugang verwehrt, weil diese Präparate hauptsächlich zum Missbrauch gekauft wurden (Appetitzügler, Partydroge). Auch Ephedra-Kraut ist in deutschen Apotheken nur noch mit Rezept zu erwerben. Seit einer Änderung des Arzneimittelgesetzes AmG vom 1. April 2006 sind ephedrinhaltige Substanzen (inkl. Pflanzenteile) rezeptpflichtig.[19]

Das Führen von Kraftfahrzeugen unter dem Einfluss von Ephedrin kann zu einer Strafbarkeit nach § 316 StGB führen, sofern eine Fahruntüchtigkeit nachgewiesen werden kann.

Herstellung

Das Vorprodukt Phenylacetylcarbinol entsteht bei der mikrobiellen Acylierung von Benzaldehyd. Die weiteren Schritte sind Kondensation des Phenylacetylcarbinols mit Methylamin und die anschließende katalytische Reduktion zu Ephedrin. Auf diesem Weg entsteht fast nur die optisch aktive L-(−)-Form des Ephedrins.

Der Wirkstoff kann jedoch auch aus verschiedenen Ephedra-Arten gewonnen werden wie z. B. Ephedra distachya oder Ephedra sinica. Eine Gewinnung kann ähnlich der Gewinnung von Coffein aus Pflanzenteilen durch Extraktion erfolgen.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Eintrag zu Ephedrin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Eintrag zu Ephedrin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Royal Pharmaceutical Society (Hrsg.): Clarke's Analysis of Drugs and Poisons FOURTH EDITION. Pharmaceutical Press, London/Chicago 2011, ISBN 978-0-85369-711-4.
  4. 4,0 4,1 Eintrag zu Ephedrin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM).
  5. 5,0 5,1 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens ESIS wurde kein Text angegeben.
  6. Datenblatt (−)-Ephedrine bei Sigma-Aldrich (PDF). Angabe des Markenparameters in Vorlage:Sigma-Aldrich fehlerhaft bzw. nicht definiertVorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  7. Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle, Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich, 2006, S. 248, ISBN 978-3-906390-29-1.
  8. Jahresbericht Physiologie und experimentelle Pharmakologie. Springer, Band 9, Ausgabe 1, 1930, S. 831.
  9. Ephedrin-Ephetonin (Aus der Geschichte eines vergessenen und wieder entdeckten Heilmittels). Kurz-Dokumentarfilm, 1928/1929.
  10. H. Kreitmair: Chemisches Zentralblatt, Band 98, 1927, S. 1847.
  11. H. Kreitmair: Die Wirkung von Ephedrin Merck auf den experimentell erzeugten asthmatischen Anfall. In: Klin Wochenschr. Band 5, Nummer 51, 1926, S. 2403–2404.
  12. http://www.drugbank.ca/drugs/DB01364
  13. The World Anti-Doping Code: The 2009 Prohibited List, International Standard. S. 7–8.
  14. R. Hutterer: Fit in Anorganik: Das Prüfungstraining für Mediziner, Chemiker und Biologen. Springer, 2012, ISBN 3-834-81901-8 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  15. Die Medizinische Welt. F. K. Schattauer-Verlag, 1956, S. 130f.
  16. T. Geschwinde: Rauschdrogen: Marktformen Und Wirkungsweisen. 5. Auflage, Springer, 2007, ISBN 3-540-43542-5, S. 445. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  17. T. Herdegen: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag, 2010, ISBN 3-131-52952-0, S. 369. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  18. Inhaltsstoffe von Wick Medinait Saft. Bei: apotheke2u.de, abgerufen am 29. Oktober 2012
  19. Verordnung zur Neuordnung der Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (AMVVNV). V. v. 21. Dezember 2005 BGBl. I S. 3632; Geltung ab 1. Januar 2006

Handelsnamen

  • Caniphedrin (CH)
  • Helopyrin (A)
  • Kerneol (CH)

Weblinks

Wiktionary: Ephedrin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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