Carotinoide


Vorkommen von Carotinoiden: Carotinoide bewirken die Rot- und Gelbfärbung in verschiedenen Pflanzenteilen, im Gefieder mancher Vögel und im Chitinpanzer von bestimmten Insekten (wie dem Marienkäfer). Carotinoide verleihen auch dem Eigelb und Lebensmitteln wie Käse oder Margerine eine charakteristische Farbe.

Als Carotinoide (auch: Karotinoide) bezeichnet man eine umfangreiche Klasse an natürlichen Farbstoffen, die eine gelbe bis rötliche Färbung verursachen. Carotinoide zählen zu den Terpenen. Mittlerweile sind 800 verschiedene Carotinoide identifiziert.

Sie kommen vor allem in den Chromoplasten und Plastiden der Pflanzen, in Bakterien, aber auch in der Haut, der Schale und im Panzer von Tieren sowie in den Federn und im Eigelb der Vögel vor, wenn die betreffenden Tiere mit ihrer Nahrung farbstoffhaltiges Pflanzenmaterial aufnehmen. Denn nur Bakterien, Pflanzen und Pilze sind in der Lage, diese Pigmente de novo zu synthetisieren.

Einige Carotinoide sind als Lebensmittelzusatzstoffe in der EU zugelassen. Diese tragen die E-Nummern E 160a bis E 160 g und E 161a bis E 161 h.[1]

Struktur

β-Carotin

Meistens bestehen die Carotinoide aus ungesättigten Kohlenwasserstoffketten und deren Oxidationsprodukten. Carotinoide sind formal aus 8 Isopren-Einheiten aufgebaut. Man unterteilt sie in

  • Carotine, die nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff aufgebaut sind und
  • Xanthophylle, sauerstoffhaltige Derivate der Carotine.

Das Absorptionsspektrum der Carotinoide liegt bei der Wellenlänge 400 bis 500 Nanometer.

Physiologie beim Menschen

Vorkommen in Lebensmitteln [2]
Carotinoid (E-Nummer) Vorkommen
Astaxanthin (E 161j) Garnelen, Hummer, Lachse
β-Carotin (E 160a) Möhren, Spinat, Aprikosen, Einkorn
Canthaxanthin (E 161 g) Garnelen, Hummer, Pfifferlinge
Capsanthin (E 160c) Paprika
Capsorubin Paprika
Cryptoxanthin Orange
Lutein (E 161b) Grünkohl, Spinat, Eidotter
Luteoxanthin Orangen
Lycopin (E 160d) Tomaten, Wassermelonen
Zeaxanthin (E 161 h) Mais

Das bekannteste und am häufigsten vorkommende Carotinoid ist das β-Carotin (Karotte), das auch als Provitamin A bekannt ist. Etwa 50 Carotinoide zeigen diese Wirkung, d. h. werden im menschlichen Körper in Retinol umgesetzt. Diese Wirkung drückt man mit Hilfe sogenannter Retinoläquivalente aus, wobei etwa 6 mg β-Carotin und 12 mg gemischte Carotinoide einem Retinoaläquivalent entsprechen. Den Carotinoiden wird auch sonst große gesundheitliche Bedeutung zugesprochen. Im menschlichen Körper spielen 6 Carotinoide eine wesentliche Rolle: β-Carotin, α-Carotin, Lycopin, β-Cryptoxanthin, Lutein und Zeaxanthin. Die meisten von ihnen haben die Funktion von Antioxidantien. Dadurch sollen sie vielen Erkrankungen wie Krebs, Arteriosklerose, Rheuma, Alzheimer und Parkinson, Grauem Star oder der Hautalterung vorbeugen.

Von allen Nahrungscarotinoiden hat Lycopin (z. B. in Tomaten) das größte antioxidative Potenzial und gilt als wirksamster Schutz vor dem besonders reaktiven Singulett-Sauerstoff. Lycopin hemmt auch das Wachstum von Tumorzellen effektiver als α- oder β-Carotin.

Die antikanzerogene Wirkung der Carotinoide ergibt sich theoretisch auch aus ihrer Eigenschaft, eine gut funktionierende Kommunikation zwischen den Zellen herstellen zu können. Insbesondere β-Carotin, Cryptoxanthin und Canthaxanthin, regen den Austausch zwischen den Zellen an, indem sie die Synthese von Connexin bewirken. Diese Verbindung ist maßgeblich an der Bildung der Gap Junctions beteiligt, deren Anzahl bei Krebszellen vermindert ist. Carotinoide sollen jedoch nur in der Prävention eingesetzt werden, da sie in der eigentlichen Krebstherapie oder in der Vorbeugung gegen Rückfälle keine Wirkung zeigen. Besonders bei bereits an Krebs erkrankten Patienten sei mit hochdosierten Präparaten Vorsicht geboten.

In Leber, Augen, Haut und Fettgewebe liegen bestimmte Carotinoide in deutlich höherer Konzentration vor als in anderen Körpergeweben. In der Netzhaut des Auges, im sogenannten gelben Fleck (Macula), kommen die Carotinoide Lutein und Zeaxanthin in größeren Mengen vor. Diese Carotinoide wirken hier vermutlich als natürliche Schutzmechanismen, da die Netzhaut mit ihren besonders oxidationsempfindlichen mehrfach ungesättigten Fettsäuren besonders anfällig für den Angriff von freien Radikalen ist.

Ebenso wie für die anderen sekundären Pflanzenstoffe gilt für Carotinoide, dass sie nicht in Form von isolierten, hochkonzentrierten Präparaten aufgenommen werden sollten, sondern im natürlichen Verbund mit anderen Nahrungsinhaltsstoffen. Die Einnahme hochdosierter Präparate birgt sogar Gefahren. Eine regelrechte Vergiftung mit Carotinoiden ist zwar nicht möglich, β-Carotin-Supplemente können aber möglicherweise das Krebsrisiko erhöhen.[2]

Farbe von Haut, Schuppen und Federn

Vögel

Neben Melaninen spielen bei Vögeln auch Carotinoide bei der Entstehung der Farben eine Rolle. Sie werden mit der Nahrung aufgenommen und führen zu roten, orangen und gelben Farbtönen. Vögel, bei denen Carotinoide an der Entstehung der Farben beteiligt sind, sind beispielsweise die Schafstelze (Motacilla flava), der Fitis (Phylloscopus trochilus), die Blaumeise (Cyanistes caeruleus), die Kohlmeise (Parus major) und der Pirol (Oriolus oriolus). Dagegen ist die rote Brust des Rotkehlchens (Erithacus rubecula) durch Phäomelanin verursacht. Wenn die Nahrung zu wenig Carotine enthält, sind die entsprechenden Federbereiche nach der nächsten Mauser weiß. Mutationen, die zu Störungen der Carotinoidanreicherung in den Feder führen, sind selten.[3]

Fische, Amphibien und Reptilien

Bei Fischen, Amphibien und Reptilien entsteht die Farbe von Haut und Schuppen dadurch, dass Licht mit drei verschiedenen Typen von Chromatophoren (Pigmentzellen, Farbstoffbildende Zellen) interagiert, den Melanophoren, Xanthophoren und Iridophoren. Die Xanthophoren enthalten neben Pteridinen und Flavinen auch aus der Nahrung aufgenommene Carotine. Diese drei Farbstofftypen sind für gelbliche oder rote Farben verantwortlich.[4] [5] [6]

Funktion bei der Photosynthese

Die primäre Aufgabe der Carotinoide bei der pflanzlichen Photosynthese ist es, Chlorophyllmoleküle vor Zerstörung durch Photooxidation zu schützen. Dabei fungieren sie als photoprotektive Agenzien, die die Pflanzenzelle durch nonphotochemisches Quenching vor reaktiven Sauerstoffspezies schützen. Außerdem erweitern sie das Absorptionsspektrum der photosynthetischen Organismen im blau-grünen Spektralbereich und sind teilweise auch am Energietransfer innerhalb der Antennenkomplexe und Photosysteme beteiligt. Dort arbeiten sie als Lichterntepigmente im Lichtsammelkomplex, die Photonen absorbieren und die Energie ans photosynthetische Reaktionszentrum weiterleiten. Man bezeichnet sie deshalb, zusammen mit den Phycobilinen, als akzessorische Pigmente der Photosynthese. Im Xanthophyllzyklus, der in den Chloroplasten stattfindet, wird überschüssige Lichtstrahlung absorbiert und in unschädliche Wärme umgewandelt.

Schätzungen über die jährliche Carotinoidsynthese durch Pflanzen belaufen sich auf 100 Millionen Tonnen im Jahr.

Die Zuteilung der Carotinoide zu den sekundären Pflanzenstoffen, ist somit nicht ganz korrekt, da ihnen, entgegen der Definition der sekundären Pflanzenmetaboliten, klare, primäre Funktionen in der Photosynthese zugeordnet werden können.

Technische Bedeutung und Synthese

Von den ca. 700 bekannten natürlichen Carotinoiden besitzen einige eine größere technische Bedeutung und werden im industriellen Maßstab synthetisiert: β-Carotin, Astaxanthin, Canthaxanthin, 8'-Apo-β-carotinsäureethylester, 8'-Apo-β-carotinaldehyd, Citranaxanthin, Lycopin und Zeaxanthin.[7] Die technische Herstellung der naturidentischen Carotinoide wurde zuerst bei der Hoffmann-La Roche AG und bei der BASF SE entwickelt. Die Verfahren sind komplex und beinhalten als universielle Verknüpfungsmethoden:

  • Wittig-Reaktion
  • Horner-Wadsworth-Emmons-Reaktion
  • Sulfonverknüpfung nach Julia
  • Enoletherkondensation
  • Saucy-Marbet-Umlagerungen.

Da häufig (E,Z)-Isomerengemische entstehen, schließt sich oft eine photochemische Isomerisierung (Umwandlung der meist unerwünschten (Z)-Form in die gewünschte (E)-Form an.[8]

Biotechnologische Herstellung

Es ist möglich Gene zur Biosynthese von Carotinoiden in Pilze, Bakterien und Pflanzen einzubringen oder den Gehalt geschwindigkeitsbestimmender Enzymen zu erhöhen um die Carotinoidproduktion zu steigern. Der Hefepilz Phaffia rhodozyma kann so genetisch verändert werden, dass er mehr Astaxanthin und auch artfremde Carotinoide herstellt. Ebenso ist es möglich die Anreicherung von Zeaxanthin in Kartoffelknollen deutlich zu steigern.[9] Speziell für Entwicklungsländer wurde die transgene Reissorte mit dem Spitznamen Goldener Reis entwickelt um der Vitamin-A-Unterversorgung entgegenzuwirken.

Verwendung als Farbstoff

Carotinoide werden häufig als Futtermittelzusatzstoff zugesetzt um beispielsweise Farbe des Fleisches beim Zuchtlachs zu beeinflussen, die bei Fütterung mit Fischmehlbrocken in Gefangenschaft ohne Zusatz ergrauen würde. Diese nehmen den Farbstoff normalerweise durch Verzehr von kleinen Krustentiere auf. Auch diese stellen Astaxanthin nicht selbst her, sondern fressen kleine Algen.[10]

Aus dem gleichen Grund werden auch Flamingos im Zoo zusätzlich mit Carotinoiden gefüttert, da diese dort keine carotinhaltigen Krebse und Algen aufnehmen können und sonst ihre Gefiederfärbung verlieren würden. Ebenso kann die Färbung des Eidotters durch Futtermittelzusätze für Hühner beeinflusst werden, denn die Tiere essen kaum noch Gras oder Mais, der natürliche Carotinoide enthält. Lebensmittel, die direkt mit Carotinoiden eingefärbt werden sind zum Beispiel Margarine und Fruchtsäfte.[11]

Einzelnachweise

  1. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu Xanthophylle im Lexikon der Ernährung, abgerufen am 7. März 2009
  2. 2,0 2,1 UGB: Carotinoide: Rot und gelb halten fit
  3. Hein van Grouw: Not every white bird is an albino: sense and nonsense about colour aberrations in birds. Dutch Birding, Vol. 28, no. 2, 2006 S. 79 - 89.
  4. Tony Gamble, Jodi L. Aherns, and Virginia Card: Tyrosinase Activity in the Skin of Three Strains of Albino Gecko (Eublepharis macularius). Gekko 5: S.39-44.
  5. Jörg Odenthal, Karin Rossnagel, Pascal Haffter, Robert N. Kelsh, Elisabeth Vogelsang, Michael Brand, Fredericus J. M. van Eeden, Makoto Furutani-Seiki, Michael Granato, Matthias Hammerschmidt, Carl-Philipp Heisenberg, Yun-Jin Jiang, Donald A. Kane, Mary C. Mullins und Christiane Nüsslein-Volhard: Mutations affecting xanthophore pigmentation in the zebrafish, Danio rerio. Development, Vol 123, Issue 1 391-398, C 1996
  6. Frost-Mason SK, Mason KA: What insights into vertebrate pigmentation has the axolotl model system provided? Int J Dev Biol. 1996 Aug;40(4):685-93, PMID 8877441.
  7. Bernd Schäfer: Naturstoffe der chemischen Industrie, Elsevier GmbH, Spektrum Verlag, 2007, Seiten 407−434, ISBN 978-3-8274-1614-8.
  8. Karl Meyer: Carotinoide – Bedeutung und technische Synthesen: Farbenfrohe Antioxidantien. In: Chemie in unserer Zeit. Band 36, Nr. 3, 2002, S. 178–192, doi:10.1002/1521-3781(200206)36:3<178::AID-CIUZ178>3.0.CO;2-#.
  9. Goethe Universität Frankfurt am Main, Institut für Molekulare Biowissenschaften AK Sandmann: Carotinoid Biosynthese in Pflanzen und Mikroorganismen.
  10. farbimpulse.de - Wie die Farbe in den (Zucht-)Lachs kommt, 24. September 2008.
  11. Barbara Reye: Wie mehr Farbe auf den Teller und in den Zoo kommt, 10. Februar 2009.

Weblinks

Commons: Carotinoide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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