Bolivianischer Totenkopfaffe



Der Bolivianische Totenkopfaffe (Saimiri boliviensis) ist ein kleiner, baumlebender Primat aus der Familie Cebidae, die in den tropischen Regenwäldern Südamerikas verbreitet ist. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den Anden im Osten nach Norden bis zur Karibik und im Süden bis nach Brasilien [1].

Lebensraum

Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) trifft man am häufigsten in Galeriewäldern entlang der amazonischen Flüsse an, aber auch an Waldrändern [1]. Sie sind typische Baumbewohner, die im Blätterdach zwischen kleinen Zweigen nach Nahrung suchen. Gelegentlich kommen sie zu diesem Zweck aber auch in niedrigere Baumschichten oder sogar auf den Waldboden herab [7][8]. Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) leben in Höhenlagen von Meereshöhe bis 1500 m [1][7][8].

Verbreitung

Aussehen

Totenkopfäffchen (Saimiri) sehen sich alle ziemlich ähnlich. Der Kopf ist länglich bis eiförmig [7], das Fell des bolivianischen Totenkopfaffen ist dicht und kurz und ist in der Regel gelblich-Braun mit schwarzen Haarspitzen [1. Das Fell an der Unterseite der Gliedmaßen ist gelb, weiß oder orange ([7]). Männchen und Weibchen sind sich in ihrer Erscheinung sehr ähnlich, Geschlechtsdimorphismus besteht in der Körpergröße und der Farbe der Krone, die bei Männchen grau und bei Weibchen schwarz ist.

Steckbrief

Männliche Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) erreichen eine Kopf- Rumpflänge von 25 bis 37 cm, der Schwanz ist 37 bis 46,5 cm lang und ihr Gewich variiert von 550 - 1135 g, wobei die Weibchen mit einem Gewicht von 365 - 750 g kleiner als die Männchen sind [4]. Der Schwanz mit seiner schwarzen Spitze ist fast doppelt so lang wie der Körper und nicht zum Greifen geeignet. Das Gesicht hat weiße Flecken auf den Wangen und um die Augen, so dass es "maskenhaft" erscheint [1]. Ein zentrales Erkennungsmerkmal von Bolivianischen Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis), das sie von anderen Totenkopfäffchen unterscheidet, sind die gewölbten Augenbrauen [5]. Die Schnauze ist ähnlich der anderer Totenkopfäffchen - sie ist kurz und von dunkler Farbe. Die Ohren sind weiß und buschig und sind im Vergleich zum Kopf des Affen groß [1][4][5][7].

Gruppenleben

Innerhalb einer Gruppe von bolivianischen Totenkopfaffen leben geschlechtsreife Männchen gemeinsam in einer Untergruppe, und zwar von den Weibchen und ihren Jungen getrennt [6]. Diese Form der Trennung zwischen Männchen und Weibchen ist in der Gattung Saimiri einzigartig und kommt nur unter den bolivianischen Totenkopfaffen vor. Theorien darüber, was dieses Verhalten verursacht, reichen von sozialer Dynamik unter den Männchen bis zu aktiver Ausgrenzung durch die Weibchen [5].

Harpia harpyja, die Harpyie ist ein großer Raubvogel
Bolivianischer Totenkopfaffe im London Zoo

Fortpflanzung

Die Fortpflanzungssaison bei Saimiri boliviensis ist auf drei Monate beschränkt, wobei der Sexualzyklus der Weibchen durchschnittlich 7-8 Tage dauert [5]. Einzigartig unter den Totenkopfaffen ist der fein synchronisierte Sexualzyklus, der bei jedem Weibchen etwa zur gleichen Zeit einsetzt. Nach einer Tragzeit von 152 - 172 Tagen bringen die Weibchen ein einzelnes Junges zur Welt [5]. Der Nachwuchs wird im Alter von 4 - 6 Monaten entwöhnt [7]. Weibchen erreichen die Geschlechtsreife in der Regel etwa mit 2½ bis 3 Jahren. Andererseits verlassen die jungen Männchen etwa zu diesem Zeitpunkt ihre Geburtsgruppe und bilden mit anderen eine eigene Untergruppe, die aus nicht geschlechtsreifen Männchen besteht, und die daher noch nicht mit älteren Männchen um die Vorherrschaft konkurrieren können. Nach rund fünf Jahren wechseln sie in die Untergruppe der erwachsenen Männchen und beginnen, um die Dominanz über die gesamte Gruppe zu wetteifern [5][1][7].

Die Aufzucht des Nachwuchses wird bei Bolivianischen Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) vollständig von den Weibchen übernommen. Nach der Geburt des Säuglings versorgt die Mutter ihn mit allem, was er benötigt. Dazu gehört das Herumtragen auf dem Rücken, Schutz, Reinigung und Säugen. Wenn sich die Kleinen selbstständig bewegen können, lässt die Mutter sie nie aus den Augen und fängt sie wieder ein, wenn sie sich einmal weiter entfernen [3].

Sozialverhalten

Harpia harpyja, die Harpyie ist ein großer Raubvogel
Die Harpyie (Harpia harpyja) ist ein sehr großer, kräftig gebauter Greifvogel in den tropischen Wäldern Mittel- und Südamerikas. Er ernährt sich vor allem von Faultieren und Affen, darunter auch Totenkopfäffchen.

Bolivianischen Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) sind tagaktiv und leben in sozialen Gruppen von 10 bis 550 Individuen [8], wobei die durchnittliche Gruppengröße etwa 40 - 50 Affen umfasst [1]. Sie sind sehr soziale Affen mit deutlich erkennbaren Dominanzhierarchien innerhalb der Gruppen [1][8]. Männchen schaffen ihre Dominanz durch heftige Kämpfe und behaupten sie, indem sie schwächere Individuen unterwerfen und indem sie auf ihre Hände und Füße urinieren. Dieses Verhalten stellt sicher, dass sie überall wo sie entlanglaufen, ihre persönliche Duftnote hinterlassen. Auch durch das Zeigen des Penis behaupten Männchen ihre Dominanz über unterwürfige Männchen, auf die sie auch oft urinieren [8].

Abgesehen vom Menschen zeigen Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) das ausgeprägteste Spielverhalten aller Primaten. Spiele zwischen Mutter und Nachwuchs sowie zwischen zwei nicht-geschlechtsreifen Affen sind am häufigsten. Doch auch Erwachsene außerhalb der Mutter-Kind-Beziehung spielen miteinander. Dies ist ein Verhalten, das nur selten in der Natur beobachtet wird [11]. Ein weiterer einzigartiger Aspekt des Sozialverhaltens der bolivianischen Totenkopfaffen ist Korrelation der Häufigkeit von sozialen Interaktionen mit der Art der Nahrung, mit der Menge der Nahrung und der Verfügbarkeit von Nahrung. Wenn Nahrung schwieriger zu finden ist, reduzieren sich die sozialen Interaktionen [6].

Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) gehören innerhalb der Gattung Saimiri zu den vokalsten Totenkopfaffen. Es gibt 26 identifizierbare Rufe, darunter Zwitschern und Piepsen (wenn sie beunruhigt sind), Kreischen und Schnurren (während der Paarungs- und Geburtssaison), Bellen (bei Aggression), und Schreie, wenn sie Schmerzen haben [8]. Bolivianische Totenkopfaffen kommunizieren mit Artgenossen auch mittels chemischer Signale. Beispiele hierfür sind das Urinieren auf Hände und Füße [8] und die Freisetzung von Sexualpheromonen durch Weibchen während der Paarungszeit [1]. In Bezug auf visuelle Wahrnehmung hat sich gezeigt, dass sie wie viele andere Primaten Farben sehen können [1][8].

Nahrung

Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) legen bei der Nahrungssuche durchnittlich zwischen 0,6 und 1,1 Kilometer pro Tag zurück, die tatsächlichen Bewegungen sind jedoch stark abhängig von der Größe der Truppe. Bolivianische Totenkopfaffen sind nicht territorial und so hat man Individuen beobachtet, die sich innerhalb eines Bereichs von bis zu drei Quadratkilometern bewegten [8].

Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) ernähren sich hauptsächlich von Insekten und Früchten, die sie bevorzugt in den Endzweigen der Äste suchen. Unter anderem besteht ihre Nahrung aus Beeren, Nüssen, Blüten, Samen, Blätter, Spinnentieren und kleinen Wirbeltieren, wie Fledermäuse, Vögel und Eier[1]. Oft sieht man sie in großen Gruppen auf Nahrungssuche gehen, möglicherweise um auf diese Weise mehr Insekten aufzuscheuchen und die Fangrate zu erhöhen [9].


Systematik

Gefahren

Zu den gefährlichsten Fressfeinden der Bolivianischen Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) gehören die Harpyie (Harpia harpyja) und der Mensch.

Da sich Bolivianische Totenkopfaffen (Saimiri boliviensis) primär von Insekten und Früchten ernähren, spielen sie mehrere wichtige Rollen in ihrem Ökosystem. Erstens wird durch den Verzehr von Insekten deren Ausbreitung in Schach gehalten und zweitens fungieren sie durch den Verzehr von Früchten als Samenverbreiter der Pflanzen, und viele Samen keimen nicht richtig, ohne vorher den Verdauungstrakt eines Tieres passiert zu haben.

Bolivianische Totenkopfäffchen sind in der Lage, gewisse Strecken auf zwei Beinen zurückzulegen, dies kommt allerdings nur bei Müttern mit Säuglingen vor, die sich noch nicht im Rückenfell festhalten können. Außerdem verwenden sie Ihre Schänze auch als Balance oder als Stütze im Falle des zweibeinigen Gehens [7].


Literatur

[1] Ankel-Simons, 1999; [2] Bourne, 1971; [3] Carpenter, 1973; [4] Chiarelli, 1972; [5] KCCMR - Saimiri Natural History - MD Anderson Cancer Center, 2005; [6] Hinde, 1983; [7] Napier und Napier, 1967; [8] Nowak, 1999; [9] Rodman und Cant, 1984; [10] Schrier, 1977; [11] Smith, 1978; [2] Rowe, N. 1996

Wallace, R.B., Cornejo, F. & Rylands, A.B. 2008. Saimiri boliviensis. In: IUCN 2011. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2011.1. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 27 September 2011.

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