Wüstenameisen haben ein erstaunliches Duftgedächtnis



Bio-News vom 24.09.2018

Wüstenameisen sind in der Lage, viele verschiedene Futterdüfte schnell zu lernen und sie ihr ganzes Leben lang zu behalten. Dabei unterscheidet sich das Gedächtnis für Futterdüfte grundlegend von der Erinnerung an Nestdüfte: Während Futterdüfte schon nach einmaligem Kontakt gelernt und nicht wieder vergessen werden, sind für das Erlernen des Nestduftes mehrere Versuche notwendig. Außerdem vergessen die Ameisen einen mit dem Nest assoziierten Duft sehr schnell wieder, wenn er am Nest nicht mehr vorkommt. Die Verarbeitung von Futter- und Nestdüften scheint also im Riechhirn der Insekten unterschiedlich zu erfolgen.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie haben in Verhaltensexperimenten zeigen können, dass die Wüstenameisen in der Lage sind, viele verschiedene Futterdüfte schnell zu lernen und sie ihr ganzes Leben lang zu behalten. Dabei unterscheidet sich das Gedächtnis für Futterdüfte grundlegend von der Erinnerung an Nestdüfte: Während Futterdüfte schon nach einmaligem Kontakt gelernt und nicht wieder vergessen werden, sind für das Erlernen des Nestduftes mehrere Versuche notwendig. Außerdem vergessen die Ameisen einen mit dem Nest assoziierten Duft sehr schnell wieder, wenn er am Nest nicht mehr vorkommt. Die Verarbeitung von Futter- und Nestdüften scheint also im Riechhirn der Insekten unterschiedlich zu erfolgen. (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, DOI: 10.1073/pnas.1809433115, September 2018).

Wüstenameisen der Art Cataglyphis fortis haben erstaunliche Fähigkeiten, in der nordafrikanischen Wüste Futter aufzuspüren und wieder in ihr Nest zurückzufinden. Ihr Geruchssinn spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie sind nicht nur Meister der Orientierung, sondern auch Gedächtniskünstler. Der Verhaltensforscher Markus Knaden aus dem Max-Planck-Institut für chemische Ökologie beschäftigt sich schon lange mit den Orientierungs-leistungen dieser Ameisenart. Bislang interessierte er sich vor allem dafür, wie die kleinen Insekten in den riesigen Salzpfannen der tunesischen Sahara nach ihrer weitläufigen Suche nach Essbarem wieder in ihr Nest zurückfinden. Der Nesteingang ist schließlich nur ein unscheinbares Loch im Wüstenboden. Er und sein Team fanden heraus, dass dabei unter anderem der Nestgeruch eine entscheidende Rolle spielt. Bei ihren Experimenten war den Forschern aufgefallen, dass die Ameisen Futterdüfte viel schneller lernten als Nestdüfte. „Unsere zentrale Fragestellung war, ob es verschiedene Gedächtnisarten für Futter und Nestsuche gibt. Die Idee zum Vergleich der beiden Lernvorgänge kam uns, als wir beobachteten, dass Futterdüfte so unglaublich schnell gelernt werden im Vergleich zu Nestdüften, die etwas länger trainiert werden müssen,“ erklärt Erstautor Roman Huber.


Die Wüstenameise Cataglyphis fortis hat ein ausgesprochen gutes Gedächtnis für den Geruch von Futter.

Publikation:


Huber, R., Knaden, M
Desert ants possess distinct memories for food and nest odors
PNAS

DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.1809433115



Die Wissenschaftler entwickelten ein einfaches Experiment, in dem sie die Reaktion der Ameisen auf mehr als 30 verschiedene Futterdüfte testen konnten. Sie hielten das Ende eines Stabs, das mit einem Duft versehen war etwa zwei Meter von einer Futter suchenden Ameise so auf den Boden, dass der Wind den Duft zur Ameise wehte. Die meisten Düfte in diesem Test wurden von den Ameisen erst einmal ignoriert und riefen keinerlei Reaktion hervor. „Wenn wir den Ameisen jedoch auch nur einmal einen Futterkrümel anboten, der nach einem dieser Düfte roch, ließen sie sich danach fast immer von dem duftenden Stab anlocken“, erläutert Markus Knaden. „Wir waren erstaunt, wie schnell die Ameisen die Futterdüfte gelernt und wie lange sie sie behalten haben. Selbst Ameisen, die schon vor mehr als 25 Tagen den Duft gelernt hatten, konnten sich noch immer an den Duft erinnern.“ In der Natur fallen die meisten Ameisen innerhalb der ersten sechs Lebenstage einem Fressfeind zum Opfer. Daher ist es besonders erstaunlich, dass sich Ameisen, die mehr als das Vierfache des Durchschnittsalters erreicht hatten, immer noch an das Gelernte erinnern konnten.

Hingegen wurden Düfte, die auf den Nesteingang hinwiesen, nicht so schnell gelernt. Wenn die Wissenschaftler einen Duft an den Nesteingang tropften, brauchten die Ameisen fünf bis 10 Trainingsläufe, um den Duft mit dem Nesteingang in Verbindung zu bringen. Erst dann konzentrierten sie ihre Nestsuche stark auf diesen Duft. Wird der Duft entfernt und die Ameisen kehren nur wenige Male in ihr Nest ohne diesen Duft zurück, reagieren sie hinterher auf den ehemaligen Nestduft überhaupt nicht mehr. Düfte werden offensichtlich ganz unterschiedlich im Gehirn der Ameisen verarbeitet, je nachdem ob es sich um Futter- oder Nestdüfte handelt.

Markus Knaden hat dafür eine Erklärung: „Die zwei unterschiedlichen Duftgedächtnisse sind sicherlich sinnvoll. Während ihres Lebens kommt eine Ameise mit vielen verschiedenen Futterstücken in Kontakt. Da sie das Futter hauptsächlich über den Geruchssinn findet, lohnt es sich, den Duft von gutem Futter zu lernen, um später gezielt danach zu suchen. Das Nest sollte aber im Laufe eines kurzen Ameisenlebens immer gleich riechen. Um das Nest über den Geruchssinn zu lokalisieren, wird keine besonders große Gedächtnisleistung benötigt. Es reicht, wenn die Ameise weiß, wie das Nest roch, als sie zur Nahrungssuche aufgebrochen ist, um es hinterher wieder zu finden. Es wird selten vorkommen, dass das Nest während der Nahrungssuche plötzlich den Geruch ändert“.

Die Forscher wollen die Ergebnisse ihrer Verhaltensexperimente im natürlichen Lebensraum der Wüstenameisen jetzt im Labor untermauern. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe von bildgebenden Verfahren, wie dem Calcium Imaging, die verschiedenen Gedächtnisse im Ameisenhirn zu lokalisieren und die Gehirnaktivitäten bei Futter und Nestsuche zu vergleichen. „Wir verfügen schon über ähnliche Techniken bei Fliegen und Motten, aber es wäre toll, diese auch für Ameisen zu etablieren, weil sie ein besonders komplexes Verhalten haben“, sagt Markus Knaden.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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