Was sorgt für ein robustes Außenskelett bei holzfressenden Käfern?



Bio-News vom 24.04.2023

Holzfressende Käfer der Familie Bostrichidae (Bohrkäfer) haben im Laufe der Evolution eine Symbiose mit den beiden Nährstoffsymbionten Shikimatogenerans bostrichidophilus und Bostrichicola ureolyticus aufgebaut und aufrechterhalten. Forschende zeigen in einer aktuellen Studie, dass die beiden verwandten Bakterienstämme auf das Nährstoffrecycling und die Bereitstellung von bestimmten Stoffwechselprodukten spezialisiert sind, die die Käfer für den Aufbau eines starken Außenskeletts und somit zum Überleben in trockenen Umgebungen benötigen.

Käfer sind in der Regel auf die Hilfe von bakteriellen Partnern angewiesen, um zu überleben. Diese Symbiosen können unterschiedliche Funktionen haben. Bakterielle Symbionten können bei der Verdauung von Pflanzenmaterial helfen, widerstandsfähiger gegen Pflanzenabwehrstoffe machen, oder ergänzende Nährstoffe zur Verfügung stellen, wenn sich die Käfer nährstoffarme Lebensräume erschlossen haben. In mehreren Käferarten wurde bereits beschrieben, dass ihre bakteriellen Verbündeten wichtige Bausteine für die Bildung der Kutikula, des Außenskeletts der Insekten, liefern.


Der Bohrkäfer Dinoderus porcellus beherbergt eine Doppelsymbiose mit gleich zwei Nährstoffsymbionten, die den Käfer mit wichtigen Bausteinen für die Bildung eines robusten schützenden Außenskeletts versorgen.

Publikation:


Kiefer, J., S., T., Bauer, E., Okude, G., Fukatsu, T., Kaltenpoth, M., Engl, T.
Cuticle supplementation and nitrogen recycling by a dual bacterial symbiosis in a family of xylophagous beetles
The ISME Journal

DOI: 10.1038/s41396-023-01415-y



"Untersuchungen zur Bedeutung von Käfer-Symbionten für die Wiederverwertung von Stickstoff und die Synthese von Aminosäuren, die Schlüsselkomponenten für die Stabilisierung der Kutikula sind, sind noch ein junges Forschungsgebiet", betont Julian Kiefer von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), der Erstautor der Studie.


Lokalisierung der beiden bakteriellen Symbionten Shikimatogenerans bostrichidophilus (magenta) und Bostrichicola ureolyticus (gelb) mittels mikrocomputertomographischer Rekonstruktion im Bohrkäfer Dinoderus porcellus.

Eine robuste Kutikula als wichtige Anpassung an ungünstige Umweltfaktoren

Die Kutikula, ein harter Panzer aus vernetzten Protein- und Chitin-Polymeren, ist der wichtigste Schutz von Insekten gegen Fressfeinde und Krankheitserreger, aber auch gegen abiotische Faktoren wie extreme Trockenheit. In früheren Studien wurde bereits die Bedeutung spezialisierter Symbionten für die Kutikula-Synthese von Käfern und Ameisen festgestellt. Die Entfernung oder Hemmung dieser Symbionten führte zu einer Verringerung der Dicke der Kutikula und machte die Käfer anfälliger für Austrocknung, Attacken durch Räuber und Befall durch Krankheitserreger (siehe „Die Achillesferse eines Käfers“, vom 11. Mai 2021).

In der aktuellen Arbeit wurde die Familie der Bohrkäfer (Bostrichidae) untersucht, die holz- und getreidefressende Arten enthält. Aus histologischen Zeichnungen, die vor einem Jahrhundert angefertigt wurden, war bekannt, dass einige Bohrkäferarten mit ein oder zwei bakteriellen Symbionten zusammenleben, die in spezifischen Organen der Käfer vorkommen. Um herauszufinden, welche wichtigen Stoffwechselprodukte die Symbionten den Käfern bereitstellen, hat das Forscherteam von der Universität Mainz und vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Zusammenarbeit mit Partnern am National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Japan Genomsequenzen aus verschiedenen Käfern aus der Familie der Bohrkäfer und ihrer Symbiose-Bakterien gewonnen.

„Die größte Herausforderung stellten für uns die Bohrkäfergattungen mit zwei Symbionten dar. Da sie relativ eng miteinander verwandt sind, war es schwierig, die Genome der beiden Symbionten zu trennen. Dazu mussten wir auf besondere Sequenzierungstechnologien für das Lesen langer Sequenzen zurückgreifen“, beschreibt Studienleiter Tobias Engl vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie das methodische Vorgehen.

Die Ergebnisse zeigen, dass fast alle Bohrkäferarten mit symbiotischen Bakterien des Stammes Shikimatogenerans bostrichidophilus assoziiert sind. Dieser Symbiont wurde von einem gemeinsamen Vorfahren aller Bohrkäfer erworben und wahrscheinlich in der gesamten Familie beibehalten. Er hat sich mit dem Käferwirt gemeinsam entwickelt und produziert die Vorstufen der aromatischen Aminosäure Tyrosin. Im Gegensatz dazu wurde der zweite Symbiont, Bostrichicola ureolyticus, wahrscheinlich nur von den Vorfahren von zwei Unterfamilien innerhalb der Bohrkäfer erworben – und mindestens einmal innerhalb jeder Unterfamilie wieder verloren.

Dieser Symbiont ist in der Lage, Stickstoff zu recyceln und eine andere Aminosäure, Lysin, zu produzieren. Damit liefert er zusätzliche Nährstoffe für den Wirt und ermöglicht ihm vermutlich die Besiedlung neuer ökologischer Nischen. Stickstoff ist für die meisten Pflanzenfresser ein begrenzter und somit wertvoller Nährstoff. Tyrosin und Lysin sind von besonderer Bedeutung für die Bildung eines robusten Außenskeletts. Sie sind für die Vernetzung der Kutikula verantwortlich, die ihr Steifheit verleiht, aber auch für die Pigmente, die die Kutikula färben und sie weniger wasserdurchlässig machen. Eine stärkere Kutikula schützt besser vor natürlichen Feinden, aber auch vor Austrocknung in rauen oder extrem trockenen Lebensräumen.

Uralte Partner – ungewöhnliche Doppelsymbiosen

Die beiden entdeckten Symbiose-Bakterien in Bohrkäfern sind zwei der am meisten spezialisierten Arten innerhalb der Gruppe der Bacteroidota-Bakterien, die mit Insekten assoziiert sind. Verwandte Mitglieder der Bacteroidota sind die bakteriellen Partner von Schaben, Zikaden, Schildläusen und Wollläusen, die aber die Fähigkeit behalten haben, eine breitere Palette von Nährstoffen zu synthetisieren. Die bei den Bohrkäfern entdeckte Doppelsymbiose ist aus mehreren Gründen ungewöhnlich.

"Doppelsymbiosen sind bisher nur bei Zikaden und verwandten Insektenfamilien beschrieben worden. Sie umfassen in der Regel stammesgeschichtlich unterschiedliche Mikroorganismen, und der zweite bakterielle Partner ersetzt in der Regel die verlorenen Stoffwechselfähigkeiten des älteren Symbiose-Partners", erklärt Martin Kaltenpoth, Leiter der Abteilung Insektensymbiose am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie.

Im Gegensatz dazu zeigt die Studie erstmals den Fall einer Doppelsymbiose mit eng verwandten Nahrungssymbionten bei einer Käferfamilie. Dabei scheinen die Käfer beide bakterielle Partner unabhängig voneinander erworben zu haben. Die konvergente Entwicklung einer Symbiose für die Bereitstellung lebenswichtiger Bausteine für die Kutikula-Synthese durch verschiedene Bakterien in den untersuchten Käferarten aus der Familie der Bohrkäfer unterstreicht deren Bedeutung für Käfer im Allgemeinen. Die spezifischen Beiträge der bakteriellen Partner aus dieser Doppelsymbiose stellen artspezifische Anpassungen dar, die es den Käfern ermöglichten, in ihrer jeweiligen Nahrungsnische zu gedeihen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für chemischen Ökologie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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