Glyphosat: Kleine Hirne, schwache Herzen, krumme Körper



Bio-News vom 14.02.2022

Ein Ulmer Forschungsteam hat untersucht, wie sich ein Glyphosat-basiertes Pflanzenschutzmittel auf die Embryonalentwicklung von Südafrikanischen Krallenfröschen auswirkt. Dabei stießen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf massive Fehlbildungen bei den Kaulquappen. Gestört war nicht nur die Entwicklung von Herz und Hirn, abnormale Effekte zeigten sich auch in Augen, Schädelknorpeln, Gehirnnerven und bei der Körperform und -länge. Unkrautvernichter könnten demzufolge eine Rolle beim weltweit, teils dramatischen Rückgang von Amphibienpopulationen spielen.

Pestizide werden seit vielen Jahren in der Landwirtschaft eingesetzt, um die Erträge zu steigern. Sie sollen Unkräuter und Schädlinge beseitigen und so optimale Wachstumsbedingungen für die Nutzpflanzen schaffen. „Viele Pflanzenschutzmittel sind aus ökologischer Sicht allerdings nicht ganz unproblematisch, weil sie nachweislich die Biodiversität beeinträchtigen“, erklärt PD Dr. Susanne Kühl. Die Biologin vom Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Ulm hat mit weiteren Forschenden untersucht, wie sich unterschiedliche Dosen eines Glyphosat-basierten Herbizids (GBH) auf die Embryonalentwicklung von Amphibien wie dem Südafrikanischen Krallenfrosch (Xenopus laevis) auswirken. Sie haben dafür im Labor unter standardisierten Bedingungen analysiert, in welchen Konzentrationen dieser Pestizid-Wirkstoff toxisch wirkt, beziehungsweise die Embryonalentwicklung stört.


Publikation:


Hannah Flach, Alexander Lenz, Sarah Pfeffer, Michael Kühl, Susanne J. Kühl
Impact of glyphosate-based herbicide on early embryonic development of the amphibian Xenopus laevis
Aquatic Toxicology, 244:106081 – 2022, (2022)

DOI: 10.1016/j.aquatox.2022.106081

v.l. Hannah Flach und PD Dr. Susanne Kühl
©Elvira Eberhardt / Universität Ulm

„Dabei traten nicht nur Defekte im Gehirn und im Herzen auf, sondern die Kaulquappen waren auch vermindert schwimmfähig, was sie in der Natur anfälliger für Fressfeinde macht“, fasst Hannah Flach die Ergebnisse zusammen. Die Doktorandin ist die Erstautorin der im Fachjournal Aquatic Toxicology veröffentlichten Studie. Genauer gesagt führte die Behandlung des Froschlaichs mit einem Glyphosat-basierten Herbizids zu sichtbar kleineren Augen, Gehirnen, Gehirnnerven und Schädelknorpeln im Vergleich zu den unbehandelten Embryonen. Auswirkungen zeigten sich auch auf die Entwicklung des Herzens – so waren Herzfrequenz und Vorhofgröße deutlich verringert – sowie auf Körperform- und -länge.


Seine Kaulquappen sind unter Einfluß von Pflanzenschutzmitteln extrem missgebildet: Südafrikanischer Krallenfrosch
Kaulquappen des Südafrikanischen Krallenfrosches. Die Behandlung mit einem Glyphosat-basierten Herbizid (GBH) führt zu Defekten während der Embryonalentwicklung der Froschembryonen (rechts). Unbehandelte Embryonen entwickeln sich dagegen normal (links).

Beunruhigend fanden die Naturwissenschaftlerinnen an ihrem Befund, dass die eingesetzten Konzentrationen an Glyphosat, für die Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen beobachtet wurden, nah an jenen liegen, die in einigen Ländern wie Brasilien in kleinen und stehenden Gewässern nachgewiesen wurden. In Deutschland wurden solche Glyphosat -Konzentrationen bisher allerdings nicht gefunden. Das Ulmer Forschungsteam empfiehlt, die schädigende Wirkung solcher Pestizid-Wirkstoffe im Blick zu behalten, um toxische Nebenwirkungen besser einschätzen zu können. „Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Pestizide wie GBH beim weltweiten Rückgang von Amphibienpopulationen durchaus eine tragende Rolle spielen könnten“, glauben die Wissenschaftlerinnen.

Eine strikte Einhaltung und Überwachung der Grenzwerte sowie eine bessere Ausbildung von Personen, die mit solchen Pflanzenschutzmitteln arbeiten, könnten helfen, die negativen Auswirkungen von GBH zu mildern, glauben die Forschenden. „Auch als Privatperson sollte man sich gut erkundigen, bevor man chemische Pflanzenschutzmittel im Garten ausbringt und wenn immer möglich nach Alternativen suchen“, empfiehlt PD Dr. Susanne Kühl. In der EU ist ein Glyphosat-Verbot bereits in der Diskussion.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Ulm via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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