Der Funktion von Geruchsrezeptoren auf der Spur ‒ oder warum Kupfer Zwiebelgeruch verstärken kann



Bio-News vom 31.10.2019

Der Mensch besitzt hunderte von Geruchsrezeptortypen. Doch wie arbeiten diese Rezeptoren auf molekularer Ebene? Bislang ist nur wenig hierüber bekannt. Unter Führung des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München hat nun ein deutsch-amerikanisches Wissenschaftlerteam erstmals gezeigt, dass der Geruchsrezeptor OR2M3 in Gegenwart von Kupferionen bis zu vierfach stärker auf einen schwefelhaltigen Geruchsstoff aus Zwiebeln reagiert. Ausschlaggebend hierfür könnten zwei neuentdeckte Kupferbindungsstellen im Inneren des Rezeptors sein.

Schwefelgerüche gehören zum Alltag dazu

Schwefelhaltige Verbindungen spielen in unserem Alltag eine Rolle als Komponenten des Körpergeruchs oder als Schlüsselaromastoffe in Lebensmitteln. Bereits winzigste Mengen (0,5 Milliardstel) der aus Zwiebeln isolierten schwefelhaltigen Substanz „3-Mercapto-2-methylpentan-1-ol“ reichen aus, um einen Duft wahrzunehmen, der an Lauch oder Zwiebeln erinnert. Wie die Wahrnehmung solcher schwefelhaltigen Aromastoffe (Thiole) auf molekularer Ebene funktioniert und welche Rolle Metallionen dabei spielen, ist jedoch noch nicht hinreichend erforscht. Bislang war es weltweit nur für einen der etwa 400 menschlichen Geruchsrezeptoren gelungen, einen Zusammenhang zwischen Kupferionen im Inneren des Rezeptors und dessen Sensitivität gegenüber schwefelhaltigen Verbindungen nachzuweisen.


Nicht alles riecht nach Blumen. Schwefelhaltige Verbindungen spielen in unserem Alltag eine Rolle als Komponenten des Körpergeruchs oder als Schlüsselaromastoffe in Lebensmitteln.

Publikation:


Haag F, Ahmed L, Reiss K, Block E, Batista VS, Krautwurst D
Copper-mediated thiol potentiation and mutagenesis-guided modeling suggest a highly conserved copper-binding motif in human OR2M3

Cell Mol Life Sci

DOI: 10.1007/s00018-019-03279-y



Kupferbindungsstellen für spezifische Funktion verantwortlich

Mit Hilfe von Funktions-Struktur- und computergestützten Modelling-Analysen sowie Untersuchungen in einem zellbasiertem Testsystem, hat das Team um Franziska Haag und Dietmar Krautwurst vom Leibniz-Institut nun einen weiteren menschlichen, kupferabhängigen Geruchsrezeptor identifiziert und charakterisiert.

„Unsere Untersuchungen lassen annehmen, dass die beiden von uns im Rezeptormolekül identifizierten Kupferbindungsstellen für die metallregulierte, thiolspezifische Funktion des Rezeptors verantwortlich sind“, sagt Erstautorin Haag.

Seit langem ist bekannt, dass Kupferionen eine hohe Affinität zu schwefelhaltigen Verbindungen besitzen. Nach Aussage der Forschenden führt die gleichzeitige Bindung der Metallionen und des schwefelhaltigen Geruchsstoffs im Rezeptor zu einer verstärkten Signalgebung in die Zelle hinein. „Daher reichen bereits geringere Mengen des Geruchsstoffs aus, um eine Geruchswahrnehmung auszulösen. Entwicklungsgeschichtlich unverändert erhaltene Kupferbindungsmotive in einem Teil der menschlichen Geruchsrezeptoren deuten zudem darauf hin, dass Kupfer die Wahrnehmung einer Vielzahl von Gerüchen verbessern kann“, erklärt Studienleiter Krautwurst.

Grundlagenwissen als Basis für neue Therapieansätze

Krautwurst weiter: „Auch wenn noch sehr viele Fragen offen sind, tragen unsere Ergebnisse schon heute dazu bei, die Zusammenhänge zwischen dem molekularen Aufbau von Geruchsrezeptoren und deren Funktion besser zu verstehen. Auf Basis unserer eigenen Ergebnisse und der Erkenntnisse anderer Forschungsgruppen, hoffen wir neue Ansätze aufzeigen zu können, um erkrankungsbedingte Störungen des Geruchsempfinden künftig besser behandeln zu können.“

„Ebenso mehren sich die wissenschaftlichen Hinweise, dass Geruchs- und auch Geschmacksstoffe biologische Wirkungen besitzen, die weit über deren bekannte sensorische Eigenschaften hinausgehen“, ergänzt Veronika Somoza, die ab dem 01. November als neue Direktorin das Freisinger Leibniz-Institut leiten wird. Diese Zusammenhänge mit neuesten Analysetechniken und modernsten Hochdurchsatzmethoden zu erforschen, sei ein weiteres wichtiges Ziel, das sich die Lebensmittel-Systembiologie gesetzt habe, so Somoza weiter.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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