Alle Pilze sind schon da: Wenn Bäume den Berg hinauf wandern, warten ihre Pilzpartner auf sie



Bio-News vom 10.03.2018

Wenn es durch den Klimawandel in tieferen Lagen wärmer wird, kann sich vielerorts die Baumgrenze nach oben verschieben. An den essentiell wichtigen Pilzpartnern der Bäume soll es jedenfalls nicht liegen, denn die sind bereits jetzt oberhalb der Baumgrenze im Boden auffindbar. Einen Haken hat die Sache allerdings: auch die für die Bäume schädlichen Pilze sind im potentiell neuen Zuhause bereits heimisch. Das hat ein Team der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Goethe-Universität bei der Untersuchung der Zirbelkiefer, die in den Zentralalpen die Baumgrenze bildet, und der mit ihr vergesellschaften Pilze herausgefunden. Die Studie ist im „Journal of Ecology“ erschienen.

Für Bäume sind Mykorrhizapilze extrem wichtig, denn sie optimieren den Wasser- und Nährstofftransport zu den Wurzeln. Insbesondere für Standorte mit geringem Nährstoffgehalt an der Baumgrenze spielen sie daher eine entscheidende Rolle, damit Bäume überhaupt wachsen können. Bei der Zirbelkiefer Pinus cembra trägt beispielsweise der Pilz Rhizopogon salebrosus zum Gedeihen bei. Aber auch für die Pilze lohnt sich die Lebensgemeinschaft. Eine neue Studie zeigt jedoch: Selbst über der Baumgrenze kommen die Pilzpartner des Baumes vor.

„Das war unerwartet. Eigentlich geht man davon aus, dass solche und andere Pilze, die sich in ihrer Lebensweise voll und ganz auf Kiefern spezialisiert haben, nur in deren Nähe überleben können. Ihr Vorkommen sollte daher oberhalb der Baumgrenze signifikant zurückgehen", so der Erstautor der Studie, Dominik Merges, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. Gemeinsam mit Kollegen hatte er in den Schweizer Alpen nahe Davos in Höhen zwischen 1850 und 2250 m Bodenproben genommen und anschließend per Hochdurchsatz-DNA-Analyse die darin befindlichen Organismen bestimmt.

Darüber, wie die Pilze das Überleben ohne ihren Partner oberhalb der Baumgrenze meistern, kann das Team nur spekulieren. „Womöglich können die bisher als Spezialisten geltenden Pilze unter harschen Klimabedingungen mit anderen Pflanzen, beispielsweise Heidesträuchern, kooperieren und sind flexibler als gedacht“, erklärt Dr. Eike Lena Neuschulz, Leiterin des Forschungsprojekts vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. Möglich wäre auch, dass die DNA-Analyse bei genetischen Spuren von Pilzsporen anschlägt. Diese können weit fliegen und für sehr lange Zeit im Boden überdauern.


Bild oben: Mykorrhizapilz an einer Wurzel der Zirbelkiefer.
Bild unten: Zirbelkiefern wachsen in den Zentralalpen an der Baumgrenze, die im Studiengebiet nahe Davos bisher auf rund 2150 m liegt.

Publikation:


Merges, D., Bálint, M., Schmitt, I., Böhning-Gaese, K. and Neuschulz, E. L.
Spatial patterns of pathogenic and mutualistic fungi across the elevational range of a host plant
Journal of Ecology

DOI: 10.1111/1365-2745.12942



Die Zirbelkiefer bildet in den Zentralalpen in der Schweiz vielfach die Baumgrenze. Außerdem ist der markante Baum im angrenzenden Alpenraum in Frankreich und Österreich zu finden; in Deutschland gibt es einzelne Bestände in den Bayerischen Alpen. Merges dazu: „Der Baum steht stellvertretend für eine Reihe von Pflanzen, denen potentiell die Flucht nach oben bleibt, um ihrer präferierten klimatischen Nische hinterher zu wandern und sich so an den Klimawandel anzupassen. Unsere Studie zeigt, dass die Pilze diese Verschiebung der Verbreitungsräume nicht behindern.“

Unter den Pilzen, die laut DNA-Analyse oberhalb der bisherigen Baumgrenze im Boden lauern, gibt es jedoch auch jede Menge Gegenspieler der Zirbelkiefer. Kein Entrinnen gibt es daher vor generellen Schädlingen wie Pilzen der Gattung Lophoderminum, die eine Verfärbung der Nadel und deren Abfallen verursachen, oder Gremmenia infestans, ein Pilz, der die Bäume mit der Krankheit Schneeschimmel infiziert. „Zwar können die Bäume wohl mit Pilzunterstützung potentiell oberhalb der bisherigen Baumgrenze wachsen, leicht gemacht wird es ihnen aber trotzdem nicht, sich dort zu etablieren“, bilanziert Neuschulz.

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