Raucher (Hydrothermie)


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Schwarzer Raucher im Atlantischen Ozean
Der Schwar­ze Rau­cher „Kan­de­la­bra“ in 3.300 Me­ter Was­ser­tie­fe im Lo­gat­chev-Hydro­ther­mal­feld am Mit­telat­lan­ti­schen Rü­cken
Weißer Raucher des untermeerischen Vulkans Eifuku (Japan)

Schwarze Raucher und Weiße Raucher (englisch Black Smoker und {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) gehören zu den hydrothermalen Quellen am Grund der Tiefsee. Hier tritt heißes Wasser, das verschiedene Stoffe in Lösung enthält, aus und vermischt sich mit dem kälteren Umgebungswasser. Dabei scheiden sich gelöste Stoffe ab zu röhrenförmigen mineralischen Gebilden und bilden als feine Partikel je nach Zusammensetzung helle oder dunkle Wolken. So entsteht der Eindruck einer Rauchwolke, die aus dem röhren- oder kegelförmigen Gebilde quillt, das daher auch als Schornstein bezeichnet wird.

Eigenschaften

Im austretenden Wasser der Raucher sind vor allem Sulfide sowie andere Salze von Eisen, Mangan, Kupfer und Zink gelöst. Das beim Austritt bis über 300 °C heiße[1] Wasser der Thermalquelle, reich an gelösten Stoffen, trifft mit dem 2 °C kalten Wasser des Meeresgrundes zusammen. Bei der Abkühlung werden Minerale als feine Partikel ausgefällt; sie bilden durch Mineralabscheidung den Austrittskegel oder Schornstein wie auch dessen „Rauchfahne“. Ist diese Partikelwolke reich an Eisensalzen (z. B. Pyrit), so hat sie eine charakteristische schwarzgraue Färbung, weshalb von „Schwarzer Raucher“ gesprochen wird. Sind dagegen im austretenden Thermalwasser in größerer Menge Sulfate, wie Anhydrit und Gips, oder Siliziumdioxid gelöst, wird eine helle Partikelwolke gebildet, die Kegel werden dann als „Weiße Raucher“ bezeichnet.

Blasen aus einer Röhre des untermeerischen Vulkans Eifuku (Japan), eines Weißen Rauchers

Die höchsten Wassertemperaturen, die bisher an Schwarzen Rauchern gemessen wurden, erreichten die beiden Schlote Two Boats und Sister Peaks auf dem Mittelatlantischen Rücken in 3000 Metern Tiefe: Sie stoßen bei einem Wasserdruck von 298 bar schwadenweise bis zu 464 °C heißes Wasser aus.[2]

Die Schlote von Schwarzen Rauchern erreichen im Mittel Höhen von etwa 20 bis 25 Metern. Hydrothermalquellen anderer chemischer Zusammensetzung, wie jene des atlantischen Hydrothermalfeldes Lost City, können Schlote von bis zu 60 Metern Höhe ausbilden (Stand 2001).[3]

Weiße Raucher (alkalische hydrothermale Quellen) sind dagegen nicht direkt durch Vulkanismus angetrieben. Über Spalten dringt Meereswasser in darunter liegendes Olivin-Gestein ein und verändert dieses durch eine chemische Reaktion zu graugrünem Serpentin. Die Temperaturen des austretenden Wassers liegen im Vergleich zu Schwarzen Rauchern deutlich niedriger, bei 40 bis 90 °C. Der pH-Wert ist basisch.[4][5]

In einem hydrothermalen Feld können sowohl Schwarze als auch Weiße Raucher vorkommen. Schwarze Raucher stellen im Allgemeinen der Haupt-Aufwärtsströmung nahe Schlote dar. Weiße Raucher findet man meist in den Randzonen solcher hydrothermalen Felder, in gewisser Distanz zu den magmatischen Wärmequellen. Ihr Hydrothermalwasser wird von Meereswasser anstelle von magmatischem Wasser dominiert. Das mineralische Wasser aus dieser Art von Schloten ist reich an Kalzium und bildet überwiegend sulfatreiche Ablagerungen (Baryt und Anhydrit) sowie Karbonatablagerungen.[6]

Raucher als Biotope

Kolonie von „Röhrenwürmern“ an der Basis eines Schwarzen Rauchers
Le­bens­ge­mein­schaft an Hydro­ther­mal­aus­trit­ten am Mit­telat­lan­ti­schen Rü­cken in 3.030 Me­ter Was­ser­tie­fe

Hydrothermale Tiefseequellen und ihre Umgebung bilden ein eigenes Biotop mit vielen, meist nur in dieser Umgebung lebenden Arten. Basis der Nahrungskette in diesem Biotop bilden chemolithotroph aktive Bakterien und Archaeen, die in der heißen Umgebung die Oxidation von Schwefelwasserstoff als Energiequelle nutzen, um organische Verbindungen aus anorganischen Stoffen, unter anderem Kohlenstoffdioxid als Kohlenstoffquelle, aufzubauen. An einem etwa 2.500 Meter tiefen schwarzen Raucher am ostpazifischen Rücken wurde ein Grünes Schwefelbakterium entdeckt, das eine anoxygene Photosynthese mit Schwefelwasserstoff oder Schwefel als Reduktionsmittel betreibt.[7] In dieser Tiefe gelangt kein Sonnenlicht zu den Bakterien. Seine äußerst lichtempfindlichen Chlorosomen vermögen aber die Wärmestrahlung (nahes Infrarot) der austretenden heißen hydrothermalen Lösung des Rauchers aufzufangen und als Energiequelle für die Photosynthese nutzbar zu machen.[8]

Weiter wird das Biotop unter anderem von Spinnenkrabben ohne Augen, Hoff-Krabben, Yeti-Krabben, Bartwürmern, Venus- und Miesmuscheln und Seesternen bewohnt. Die hier lebenden Bartwürmer besitzen kein Verdauungssystem, sondern erhalten ihre Nährstoffe von Bakterien, mit denen sie in Symbiose leben. Diese Bakterien leben in gut durchbluteten Organen der Bartwürmer, den sogenannten Trophosomen, wodurch die Bartwürmer direkten Zugang zu den von den Bakterien gebildeten organischen Stoffen haben.

Felder hydrothermaler Tiefseequellen sind nur ungefähr 20 Jahre aktiv. Dann verstopfen die ausgefällten Mineralien die Röhren und Spalten und die Quellen versiegen. Damit stirbt auch die Fauna in der nun für sie lebensfeindlich gewordenen Umgebung. Wie die Lebewesen an neue Felder hydrothermaler Quellen kommen, ist bisher nicht erforscht. Es gibt derzeit zwei verschiedene Theorien, die allerdings beide noch nicht hinreichend bewiesen sind:

  1. Die Tiere geben ihre Eier in das Umgebungswasser ab, durch das sie dann über weite Strecken durch Meeresströmungen weiter getrieben werden. Sobald ein Ei eine hydrothermale Quelle mit optimalen Lebensbedingungen erreicht, wächst daraus eine Larve.
  2. Die erwachsenen Tiere sind in der Lage, von Quelle zu Quelle zu „springen“. Wal-Kadaver könnten als „Trittsteinbiotope“ von einem Schwarzen Raucher zum nächsten fungieren. Wie dieser Vorgang genau vonstattengeht, darüber sind sich die Forscher nicht einig. Es wurden auch noch keine beweglichen Stadien gefunden.

Nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch wegen der in ihrer Nähe abgelagerten Erzvorkommen sind schwarze Raucher für den Menschen interessant. Befürchtet wird, dass durch den geplanten Abbau von Gold und seltenen Buntmetallen die Ökosysteme beeinträchtigt oder sogar zerstört werden könnten.[9] Die autonome Regierung der Azoren hat 2002 beschlossen, zwei besonders bedeutende Gebiete – die Hydrothermalfelder Lucky Strike und Menez Gwen – als Meeresschutzgebiete unter Schutz zu stellen.[10]

Hypothesen zur Evolution des Lebens

Die extremen Umweltbedingungen, wie sie in den hydrothermalen Feldern der Tiefsee in der Nähe der Schwarzen Raucher herrschen, lassen an die Verhältnisse in der frühen Erdgeschichte denken, in denen Evolutionsbiologen den Ursprung des irdischen Lebens sehen. Vulkanismus mit hohen Temperaturen und hohem Druck, Mangel an Licht und eine hohe Konzentration anorganischer Stoffe haben einige Forscher (u. a. Günter Wächtershäuser) bewogen, der Umgebung von Schwarzen Rauchern eine besondere Bedeutung in der Entwicklung des Lebens zuzuweisen.[11][12]

Besonders die chemoautotroph aktiven Bakterien und Archaeen hydrothermaler Quellen, deren Genom eingehend untersucht wurde und bei vielen Arten vollständig entschlüsselt werden konnte, trugen dazu bei. Sie werden wegen ihres anaeroben Stoffwechsels und der Energiegewinnung ohne die Möglichkeit der Nutzung von Sonnenlicht sowie ihrem Habitat, das auf der frühen Erde sehr häufig war, von einigen Forschern als repräsentativ für die frühesten Formen des Lebens angesehen.

Andere in der Umgebung von hydrothermalen Quellen lebende Organismen wie die in langen Röhren sitzenden Bartwürmer und Pompejiwürmer mit reduzierten Verdauungsorganen oder Muscheln der Art Calyptogena magnifica, die in Symbiose mit chemoautotrophen Schwefelbakterien leben, sind hochspezialisiert und angepasst und eher als Produkte einer lange dauernden Evolution denn als Ursprung zu bezeichnen. Insgesamt haben die Schwarzen Raucher mit ihrem außergewöhnlichen Ökosystem und neuen Arten seit ihrer Entdeckung bereits viele intensive Diskussionen und weitergehende Forschungen unter Wissenschaftlern auf allen Gebieten der Meereskunde und Geologie, aber auch der Genetik, Paläontologie, Mikrobiologie, Biochemie und Medizin ausgelöst.

In neuerer Zeit treten anstelle der Schwarzen Raucher vermehrt Kalkschlote (alkalische hydrothermale Schlote oder Kamine, auch Weiße Raucher) wie Lost City am Mittelatlantischen Rücken ins Blickfeld, da dort die Bedingungen für die Entstehung des Lebens möglicherweise noch weitaus günstiger gewesen sein könnten.[13][5][4][14]

Bei einem anderen Schwarzen Raucher des mittelatlantischen Rückens, Lokis Schloss (englisch: Loki's Castle), wurden 2015 per Metagenomanalyse mit den Lokiarchaeota eine neue Gruppe von Archaeen gefunden, die den Eukaryoten – den Lebewesen mit komplexem Zellaufbau – näher als alle anderen zuvor bekannten Archaeen stehen.[15] Zwar hat man inzwischen weitere mit den Lokiarchaeota verwandte Gruppen auch in anderen Biotopen gefunden,[16] doch schließt dies nicht aus, dass weitere entscheidende Schritte der Evolution – wie die Entstehung der Eukaryoten – mit Hydrothermalqellen in Verbindung stehen.

Einige Biologen erwarten, ähnliches Leben auf Eismonden der Gasplaneten wie z. B. dem Jupitermond Europa oder dem Saturnmond Enceladus zu finden, da dort unter dem Eismantel Wasserozeane mit hydrothermalen Quellen vermutet werden.[17][18]

Siehe auch

Weitere postvulkane oder mit Thermalquellen in Zusammenhang stehende Erscheinungen:

  • Methanquelle
  • Fumarole
  • Geysir
  • Heiße Quelle
  • Kaltwassergeysir
  • Mofette
  • Schlammtopf
  • Solfatare
  • Thermalquelle

Literatur

  • William Martin & Michael J. Russell: On the origins of cells: a hypothesis for the evolutionary transitions from abiotic geochemistry to chemoautotrophic prokaryotes, and from prokaryotes to nucleated cells. In: Philosophical Transactions of the Royal Society. Biological Sciences. 358 (1429), 2003, S. 59–85, PMID 12594918, PMC 1693102 (freier Volltext)
  • William Martin et al.: Hydrothermal vents and the origin of life. In: Nat Rev Microbiol. Bd. 6, Nr. 11, 2008, S. 805–814, PMID 18820700, doi:10.1038/nrmicro1991.
  • Cindy L. Van Dover: The ecology of deep-sea hydrothermal vents. Princeton Univ. Press, Princeton 2000, ISBN 0-691-05780-X.
  • David M. Karl: Microbiology of deep-sea hydrothermal vents. CRC Press, Boca Raton 1995, ISBN 0-8493-8860-0.
  • Gerald Traufetter: Naschen von Neptuns Schatz. In: Der Spiegel. Nr. 40, 2006, S. 146–148 (online).

Weblinks

Commons: Black Smoker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. University of Delaware: Deep Ocean Chemistry
  2. Heißestes Wasser auf Erden, auf: Wissenschaft aktuell
  3. Geotimes – 'Lost City' vents found
  4. 4,0 4,1 Ute Kehse: Der Ursprung, auf: bdw online vom 15. Mai 2012
  5. 5,0 5,1 Nick Lane: Der Funke des Lebens – Energie und Evolution, Konrad Theiss Verlag, (C) 2017 by WBG, ISBN 978-3-8062-3484-8, Kapitel 3: Energie und Ursprung des Lebens. Englischer Originaltitel: Nick Lane: The Vital Question – Energy, Evolution, and the Origins of Complex Life, Ww Norton, 2015-07-20, ISBN 978-0-393-08881-6, PDF (Memento des Originals vom 10. September 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/armscoop.com. In der deutschen Ausgabe heißt es 'alkaline hydrothermale Schlote' statt korrekt 'alkalische'.
  6. Colín-García, M. A. Heredia, G. Cordero, A. Camprubí, A. Negrón-Mendoza, F. Ortega-Gutiérrez, H. Beraldi und S. Ramos-Bernal: Hydrothermal vents and prebiotic chemistry: a review. In: Boletín de la Sociedad Geológica Mexicana. 68. Jahrgang, Nr. 3, 2016, S. 599‒620 (unam.mx).
  7. Beatty, JT. et al. (2005): An obligately photosynthetic bacterial anaerobe from a deep-sea hydrothermal vent. In: Proc Natl Acad Sci USA 102(26); 9306–9310; PMID 15967984; PDF (Volltextzugriff, engl.)
  8. DPA: Bakterien: Photosynthese in der Tiefsee. 21. Juni 2005, abgerufen am 20. Mai 2019.
  9. Die Zeit vom 4. März 2011, „Rohstoffabbau im Pazifik – Der Schatz in der Tiefsee“
  10. Schwarze Raucher: Hexenkessel der Tiefsee. WWF Deutschland, 8. Januar 2014, abgerufen am 29. April 2016.
  11. Florian Guthknecht: Auf der Spur der schwarzen Raucher, Das Erste (BR) vom 23. Oktober 2011, aufgerufen am 18. August 2017.
  12. Süddeutsche Zeitung online: Evolution: Die Debatte um den Ursprungsort, vom 20. Februar 2017, aktualisiert am 2. März 2017.
  13. Moritz Nowack: Lost City, Spektrum.de vom 24. Juli 2003, abgerufen am 18. August 2017.
  14. Joseph F. Sutherland: on The Origin Of Tha Bacteria And The Archaea, auf B.C vom 16. August 2014.
  15. Anja Spang, Jimmy H. Saw, Steffen L. Jørgensen, Katarzyna Zaremba-Niedzwiedzka, Joran Martijn, Anders E.Lind, Roel van Eijk, Christa Schleper, Lionel Guy, Thijs J. G. Ettema: Complex archaea that bridge the gap between prokaryotes and eukaryotes. In: Nature. 521. Jahrgang, 2015, ISSN 0028-0836, S. 173–179, doi:10.1038/nature14447, PMID 25945739, PMC 4444528 (freier Volltext).
  16. K Zaremba-Niedzwiedzka et al at al: Asgard archaea illuminate the origin of eukaryotic cellular complexity. In: Nature. 541. Jahrgang, 2017, S. 353–358, doi:10.1038/nature21031.
  17. Karl Urban: Abschied von der habitablen Zone, auf: Spektrum.de, vom 14. August 2017
  18. AMQ: Habitable Zone und Gezeitenheizung, auf: Spektrum.de, vom 14. Oktober 2008.

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