Marcgraviaceae



Marcgraviaceae

Norantea guianensis,
Blütenstände mit roten Nektarien und unauffälligen Blüten

Systematik
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Ordnung: Heidekrautartige (Ericales)
Familie: Marcgraviaceae
Wissenschaftlicher Name
Marcgraviaceae
Juss. ex DC.

Die Marcgraviaceae sind eine Familie aus der Ordnung der Heidekrautartigen (Ericales) innerhalb der Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida). Sie enthält sieben Gattungen und rund 130 Arten. Wenige Arten (beispielsweise Norantea guianensis) werden als Zierpflanzen genutzt.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Arten der Marcgraviaceae sind verholzende Pflanzen: überwiegend Lianen oder Sträucher und selten kleine Bäume. Neben vielen Taxa die terrestrisch wachsen gibt es einige Hemiepiphyten und Epiphyten. Es werden bei manchen Arten adventive Wurzeln zum Anheften an Unterlagen gebildet. Junge Pflanzenteile sind oft rötlich durch Anthocyane.

An den Zweigen sind die Blätter wechselständig und spiralig oder zweizeilig angeordnet. Die ledrigen und oft fleischigen Laubblätter sind gestielt oder sitzend. Marcgravia-Arten sind häufig heterophyll, das heißt es gibt unterschiedliche Blattformen bei einer Art: an jungen Pflanzen und an Unterlagen anheftenden Zweigen sind die Blätter oft sitzend und zweizeilig angeordnet, an nicht wurzelnden Zweigen sind sie gestielt und spiralig angeordnet. Die unbehaarte Blattspreite ist immer einfach, meist mit undeutlicher Nervatur und kleinen, als dunkle Punkte erscheinenden Hohlräumen (Drüsen) im Bereich des Blattrandes, so dass er gesägt aussieht. Die Stomata sind staurocytisch. Nebenblätter sind keine vorhanden. Das jüngste Blatt umschließt die Endknospe.

Marcgravia umbellata, Illustration aus: E.Gilg and K.Schumann, "Das Pflanzenreich. Hausschatz des Wissens." etwa 1900.

Blütenstände, Blüten und Bestäubung

Die Blüten stehen endständigen, aufrechten oder oft hängenden traubigen, pseudoährigen oder pseudodoldigen Blütenständen zusammen. Bei vielen Marcgravia-Arten bildet der Blütenstand einen Ring von Blüten (siehe Illustration von Marcgravia umbellata). Die Tragblätter (Brakteen) der Blüten sind kannenförmig umgebildet und produzieren Nektar. Bei vielen Arten sind zwei, bei anderen Arten keine Vorblätter vorhanden.

Die zwittrigen, radiärsymmetrischen Blüten sind vier- oder fünfzählig. Außer bei Marcgravia-Arten ist ein doppeltem Perianth vorhanden. Bei Marcgravia-Arten fehlen Kelchblätter, bei den anderen Taxa sind meist fünf haltbare, ungleiche Kelchblätter vorhanden, die frei oder höchstens an ihrer Basis verwachsen sind. Die selten drei, bei Marcgravia-Arten vier oder bei den Noranteoideae meist fünf Kronblätter können frei oder nur an der Basis bis weit nach oben (Marcgravia-Arten) röhrig verwachsen sein. Die drei bis 40 Staubblätter stehen nicht in Kreisen zusammen und können frei oder an ihrer Basis und mit den Kronblätter verwachsen sein. Es kommen keine sterilen Staubblätter vor, jedoch gibt es Marcgravia-Arten mit sterilen Blüten, die mit den „Nektarhochblättern“ im Inneren der Blütenstände verwachsen sind. Die kleinen (20 bis 35 µm) Pollenkörner besitzen meist drei Aperturen, aber selten kommen bei Marcgravia-, Sarcopera- und Schwartzia-Arten vier Aperturen vor. Zwei bis acht Fruchtblätter sind zu einem halb oder vollständig oberständigen, synkarpen Fruchtknoten verwachsen. Jedes der zwei bis zwanzig Fruchtknotenfächer enthält viele Samenanlagen. Je Blüte ist nur ein Griffel mit einer einfachen Narbe vorhanden.

Durch die nektarenthaltenden, kannenförmigen Hochblätter werden große Bestäuber angelockt. Ornithophilie liegt vor bei Marcgravia, Norantea, Sarcopera und Schwartzia brasiliensis, sie werden also von Vögeln (Kolibris, meist Sperlingsvögeln (Passeriformes)) bestäubt. Sarcopera sessiliflora die erste Art von der beschrieben wurde, dass der Pollen durch Vogelfüße übertragen wird. Die meisten Schwartzia-Arten, Marcgraviastrum und Marcgravia werden von Fledermäusen (Chiropterophilie) bestäubt. Auch von nicht fliegenden Säugetieren als Bestäuber wird berichtet. Entomophilie kommt bei zwei Gattungen vor: Ruyschia werden von Fliegen oder Bienen und Souroubea von Schmetterlingen und Schwärmern (Sphingidae) bestäubt. Einige Arten sind auch autogam und sogar kleistogam, wie beispielsweise Experimente bei Marcgravia coriacea zeigen.

Früchte und Samen

Die vom haltbaren Griffel gekrönten, lokulizidallen, fast kugeligen Kapselfrüchte wirken manchmal beerenartig. Sie öffnen sich von ihrer Basis aus und enthalten eine farbige, fleischige Plazenta mit zahlreichen, kleinen Samen. Die kugeligen bis nierenförmigen Samen besitzen eine glänzende, netzartige Samenschale (Testa). Der leuchtend gefärbete Pulp, der die kleinen Samen exponiert, wenn die Kapselfrüchte aufbrechen, lässt auf eine endozoochore Samenausbreitung schließen.

Inhaltsstoffe

Es sind häufig Raphidzellen und verschieden geformte Sklereide vorhanden. Sie enthalten Anthocyane.

Vorkommen

Die Familie der Marcgraviaceae besitzt eine rein neotropische Verbreitung, vom nördlichen Bolivien und südlichen Brasilien bis ins südliche Mexiko, einschließlich der Westindischen Inseln. Die meisten Taxa gedeihen in tropisch-feuchten Urwäldern des Tieflandes, in Berg-Regenwäldern oder Nebelwäldern.

Systematik

Der Familienname Marcgraviaceae wurde am 11. Mai 1816 von Antoine-Laurent de Jussieu in Augustin-Pyrame de Candolle: Essai sur les propriétés médicinales des plantes ..., 2. Auflage, S. 87 erstveröffentlicht. Oft werden auch die Veröffentlichungen von Friedrich von Berchtold & Jan Svatopluk Presl in O Prirozenosti Rostlin, 1820, S. 218 oder von Jacques Denis Choisy in Augustin-Pyrame de Candolle: Prodromus Systematis Naturalis Regni Vegetabilis, Teil 1, 1824, S. 565-566 zitiert. Typusgattung ist Marcgravia L. Der Name leitet sich her vom deutschen Naturforscher Georg Marckgraf.[1]

Beispielsweise von Cronquist 1988 und Takhtajan 1997 wurden sie in die Theales gestellt. Bei der Angiosperm Phylogeny Group, zuletzt bei APG III, steht sie in der Ordnung der Ericales. Die Marcgraviaceae sind eine Schwestergruppe der Tetrameristaceae und diese beiden Familien bilden mit den Balsaminaceae zusammen die Klade der „balsaminoiden Ericales“.

Die Familie Marcgraviaceae wird in zwei Unterfamilien (Ward & Price 2002) gegliedert und besteht aus acht Gattungen mit rund 130 Arten [2], [3]:

  • Unterfamilie Marcgravioideae mit vierzähligen Blüten ohne Kelchblätter in doldigen, kreisförmigen Blütenständen. Nur eine Gattung:
    • Marcgravia L.: 60 bis 65 Arten vom südlichen Mexiko bis Südamerika, einschließlich der Antillen. [4], [5], [6]
  • Unterfamilie Noranteoideae mit fünfzähligen Blüten. Umfasst sieben Gattungen:

Quellen

Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil den unter Nachweise angegebenen Quellen, darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:

Einzelnachweise

  1. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage, Birkhäuser, Basel 1996 (Nachdruck ISBN 3-937872-16-7)
  2. Klaus Kubitzki (Hrsg.): The Families and Genera of Vascular Plants. Volume 6: Flowering Plants, Dicotyledons: Celastrales, Oxalidales, Rosales, Cornales, Ericales. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2004, ISBN 3-540-06512-1, S. 258–265 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Eintrag bei GRIN.
  4. Stefan Dressler: A new species of Marcgravia (Marcgraviaceae) from Amazonia with some notes on the Galeatae group including a key. In Willdenowia, 30, 2000, S. 369–374: PDF-Online.
  5. Stefan Dressler & M. Tschapka: Bird versus bat pollination in the genus Marcgravia and the description of a new species. In Curtis's Botanical Magazine, Volume 19, Number 2, 2002, S. 104–114.
  6. M. Tschapka & O. von Helversen: Pollinators of Syntopic Marcgravia Species in Costa Rican Lowland Rain Forest: Bats and Opossums. In Plant Biology, Volume 1, Issue 4, 2008, S. 382–388
  7. Giraldo-Cañas D. 2007: Un nuevo género de la familia neotropical Marcgraviaceae (Ericales) y circunscripción del complejo Norantea. In: Caldasia 29: 203–217, Online

Weblinks

Commons: Marcgraviaceae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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