Amnesie


Klassifikation nach ICD-10
F04 Organisches amnestisches Syndrom, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt
F44.0 Dissoziative Amnesie
R41.1 Anterograde Amnesie
R41.2 Retrograde Amnesie
R41.3 Sonstige Amnesie
G45.4 Transiente globale Amnesie (amnestische Episode)
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Amnesie (von griech. a ‚ohne‘, ‚nicht‘ und μνήμη mnémē ‚Gedächtnis‘, ‚Erinnerung‘) bezeichnet eine Form der Gedächtnisstörung für zeitliche oder inhaltliche Erinnerungen.

Ursachen

Amnesie kann sowohl nach Unfällen, beispielsweise bei einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Gehirnerschütterung, als auch bei Epilepsie, Meningitis, Enzephalitis oder auch einem Hirnschlag auftreten. Mögliche Ursachen für eine Amnesie sind außerdem die Hypoxie, die Demenz oder Migräne oder eine Elektrokonvulsionstherapie. Bei traumatischen Erlebnissen, einer sog. Gehirnwäsche oder Hypnose kann es zur dissoziativen Amnesie kommen.

Amnesie kann auch durch Vergiftungen, wozu hier auch Alkohol oder andere Drogen gezählt werden, hervorgerufen werden, insbesondere wenn sich der Alkoholmissbrauch über lange Jahre hinweggezogen hat (Korsakow-Syndrom).

Medikamentös ist dies bisweilen auch durch Langzeitmedikamententherapie mit Stoffen wie Midazolam oder Flunitrazepam bedingt, Zuführung von Morphin oder Fentanyl kann ebenso wie Sedierung (z. B. Propofol) diese Folge haben. Weitere Gründe für Amnesie sind Stress oder Veranlagungen in der Genetik.

Ausprägungen

Bei Amnesie unterscheidet man mehrere Formen.

Retrograde und anterograde Amnesie

Bei der retrograden (rückwirkenden) Amnesie tritt ein Gedächtnisverlust für den Zeitraum vor Eintreten des schädigenden Ereignisses auf (im Gedächtnis gespeicherte Bilder oder Zusammenhänge können nicht in das Bewusstsein geholt werden). Im Gegensatz dazu versteht man unter einer anterograden (vorwärtswirkenden) Amnesie einen Gedächtnisverlust für eine bestimmte Zeit nach einem schädigenden Ereignis; nach der eigentlichen Bewusstlosigkeit können Betroffene als „normal“ erscheinen, vergessen aber frisch Erlebtes binnen weniger Minuten wieder; meist wird so auch die Vergesslichkeit selbst vergessen, der Betroffene ist also zunächst frei von Krankheitsbewusstsein oder Leidensdruck. Die kongrade Amnesie wiederum ist ein Nichterinnern an das eigentliche Ereignis ohne Verlust der rückwirkenden Erinnerung oder des Vermögens zur Neuaufnahme.

Transiente globale Amnesie

Die transiente globale Amnesie ist eine vorübergehende anterograde und retrograde Amnesie, zusammen mit Orientierungsstörung oder Verwirrtheit. Typischerweise sind die Betroffenen zur Person orientiert und in der Lage, komplexe Handlungen, z.B. Auto fahren, zu vollführen. Nach 24 Stunden soll per Definition die Störung vorüber sein. Die genaue Ursache ist unklar, man weiß lediglich sicher, dass die Hippokampusregion beidseits betroffen ist. Wichtig ist, die Möglichkeit eines amnestischen epileptischen Anfalls zu berücksichtigen, der eine andere Behandlung erfordert. Näheres findet sich in der entsprechenden Leitlinie der Neurologie, siehe Quellenangabe unten.

Infantile Amnesie

Als infantile Amnesie bezeichnet man das Phänomen, dass Erwachsene sich an Ereignisse ihrer eigenen frühen Kindheit vor einem bestimmten Alter (2-3 Jahre) nicht erinnern können. Dies wird versucht psychologisch (Ich-Reifung) und / oder physiologisch (Hirnreifung) zu erklären.

amnestisches Syndrom

Beim amnestischen Syndrom ist das Kurzzeitgedächtnis weitgehend intakt. Auch das prozedurale Gedächtnis, in welchem zum Beispiel Handlungsroutinen wie Schwimmen, Radfahren oder Schuhe binden hinterlegt sind, ist meist nicht betroffen. Besondere Einschränkungen erleiden die Patienten in aller Regel beim episodischen Gedächtnis, also dem Teil, in dem Details über das persönliche, aber auch über das erlebte öffentliche Leben abgespeichert sind. Anterograde Amnesien sind in aller Regel ausgeprägter als retrograde.

Sensomotorische Amnesie

Die sensomotorische Amnesie bezeichnet das Nichterinnern der sensomotorischen Rindenfelder für den Zustand entspannter Muskulatur nach einem längeren Zeitraum chronischer Muskelanspannung nach Stress.[1][2]

Literatur

  • Baddeley, A. D. (2009). Amnesia. In: A. D. Baddeley, M. W. Eysenck & M. C. Anderson. Memory (pp. 245–265). Hove, New York: Psychology Press. ISBN 978-1-84872-001-5

Weblinks

Wiktionary: Amnesie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Thomas Hanna, Beweglich sein, ein Leben lang, Kösel-Verlag 1989, 2008 ISBN 3-466-34240-6
  2. Ina Citron, Kinästhetik- kommunikatives Bewegungslernen, Thieme-Verlag, 2004 ISBN 3-13-111862-8

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