Im Tierreich sind die Menschenaffen unsere nächsten Verwandten. Zusammen mit unserer Art (Homo sapiens) fasst man sie in der Überfamilie Hominoidea zusammen, den größten, heute lebenden Primaten. Alle Arten der Gibbons bezeichnet man als Kleine Menschenaffen (Hylobatidae) in Abgrenzung zu den Großen Menschenaffen (Hominidae), zu denen man die Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Menschen zählt, sowie die ausgestorbenen Vorfahren dieser Gattungen. Besonders die Fortpflanzungsbiologie der Großen Menschenaffen zeigt erstaunliche Gemeinsamkeiten mit uns Menschen, so kümmern sich die Mütter besonders lang um ihren Nachwuchs, das reicht von ca. 18 Monaten bei Gibbons bis zu drei Jahren bei Großen Menschenaffen.

Die Abhängigkeit menschlicher Kinder von der mütterlichen Fürsorge dauert indes noch beträchtlich länger. Die deutliche Trennung zwischen Kleinen Menschenaffen (Gibbons und Siamangs) und Großen Menschenaffen reicht möglicherweise bis ins Eozän vor ca. 34 Millionen Jahren zurück, die ältesten Fossilien von Menschenaffen stammen, übrigens sehr zahlreich, aus dem Miozän vor rund 20 Millionen Jahren.

Menschenaffen haben keinen Schwanz und mit Ausnahme des Menschen sind bei allen Menschenaffen die Arme länger als die Beine und der Brustkorb ist tonnenförmig.

Als die größten Sportler unter den Menschenaffen kann man wohl die Gibbons bezeichnen. Bei ihrer spektakulären hangelnden Fortbewegung schwingen sie ihren Körper pfeilschnell unter den Ästen hindurch, wobei die Arme abwechselnd nach den Ästen greifen. Weniger sportlich ist der Orang-Utan, der sich als größter baumlebender Primat behäbig und kontrolliert durch die Baumkronen bewegt. Dabei kommen jeweils drei Extremitäten zum Einsatz, auf die er beim Klettern sein Körpergewicht verteilt.

Ganz anders als ihre asiatischen Verwandten leben die afrikanischen Großen Menschenaffen hauptsächlich auf dem Boden, wobei sich beide Gattungen, Gorillas und Schimpansen, des sogenannten Knöchelgangs (engl. knucklewalking) bedienen. Dabei stützen sie das Gewicht des Oberkörpers auf die Fingerknöchel der Hände. Schimpansen kann man ca. ein Viertel ihrer Zeit in den Bäumen antreffen, in denen sie auch ihre Schlafnester bauen, Gorillas hingegen bewegen sich lediglich ein Zehntel der Zeit in den Bäumen, die großen schweren Silberrücken so gut wie nie.

Bei den Großen Menschenaffen herrscht ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus: Männchen werden oft größer und wesentlich schwerer als Weibchen; bei Orang-Utans und Gorillas wiegen sie oft das Doppelte der Weibchen. Bei Schimpansen und Menschen ist der Unterschied weniger ausgeprägt. Als monogame Säugetiere zeigen die Kleinen Menschenaffen kaum Größenunterschiede zwischen den Geschlechtern, dafür sind bei einigen Arten Männchen und Weibchen unterschiedlich gefärbt.

Schimpansen und Gorillas haben die eigenwillige Fortbewegungsform des Knöchelgangs gemeinsam

Mit Ausnahme des Homo sapiens ernähren sich alle Menschenaffen vorwiegend vegetarisch, obwohl Schimpansen und Orang-Utans gelegentlich auch Fleisch fressen. Orang-Utans steht in den indonesischen Regenwäldern eine breite Palette von Früchten zur Verfügung. Lediglich Gorillas, die 90 % ihrer Zeit auf dem Boden verbringen, fressen hauptsächlich Blätter satt Früchte. Als geschickte Turner können Gibbons und Siamangs auch in den obersten Baumregionen nach Futter suchen.

Der Fleischkonsum der Schimpansen steht im Mittelpunkt von Diskussionen über die Entstehung von frühmenschlichem Jagdverhalten, das man ersmals bei Homo erectus nachweisen konnte. Schimpansen In Ost- und Westafrika beherrschen eine organisierte Jagd, wobei hinterher die Beute geteilt wird. Ihr Ziel sind mittelgroße Säuger wie Buschschweine oder andere Primaten, wie z.B. Rote Stummelaffen und Paviane.

Das soziale Verhalten der Menschenaffen ist so komplex, dass es fast die gesamte Bandbreite aller Primaten widerspiegelt. Das Sozialsystem von Orang-Utans erinnert entfernt an die verstreuten Gemeinschaften (dispersed societies) vieler nachtaktiver Lemuren und Loris, das auf überlappenden Territorien und gelegentlichen Kontakten aufgebaut ist. Orang-Utans gehen allein oder zu zweit auf Nahrungssuche. Erwachsene Männchen meiden einander, weibliche Tiere mit ihren Kindern sowie Heranwachsende bilden manchmal Kleingruppen, die aber nicht von Bestand sind. Bei den Gibbons stellt sich nach der Geschlechtsreife im Alter von sechs Jahren etwa alle drei Jahre Nachwuchs ein. Die Kleinen Menschenaffen leben in der Regel monogam, Paare bleiben mitunter ein Leben lang zusammen. Gibbongruppen bestehen aus höchstens fünf Tieren, da die Heranwachsenden nach der Geschlechtsreife das Territorium der Eltern verlassen.


Gibbons und Orang-Utans im Cincinnati Zoo

Die afrikanischen Menschenaffen leben in streng abgegrenzten Gruppen beiderlei Geschlechts, deren Kern 40 - 80 Individuen umfasst. Jedoch findet man die gesamte Gruppe fast nie an einem Ort versammelt. Die Gorillas leben in einer Art Haremsystem, die Grppen umfassen durchschnittlich 10 bis 12 Tiere mit einem erwachsenen männlichen Silberrücken, einigen jungen Männchen (Schwarzrücken) sowie mehreren erwachsenen Weibchen und deren Jungen.

Klares Verhalten, wenn es um die Verteidigung des Territoriums geht, legen nur die Kleinen Menschenaffen und die Schimpansen an den Tag. Gibbons sind bekannt für ihre lauten Rufe, mit denen sie ihr Revier abgrenzen. Schimpansen grenzen ihr Territorium diskreter ab, doch wenn es zu einem Aufeinandertreffen zweier benachbarter Gemeinschaften kommt, können regelrechte Schlachten ausbrechen, die für viele Tiere tödlich enden.


Systematik

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