Der Rotluchs (Lynx rufus) ist möglicherweise die erfolgreichste Katze Nordamerikas. Er ist leichter zu erkennen als viele andere kleine Wildkatzen, denn sein weiches dichtes, hellgraues bis rötlich-braune Fell ist wie zufällig mit schwarzen oder rotbraunen Tupfen und Streifen besetzt.

Aussehen

Entlang der Rückenmitte ist das Fell in der Regel dunkler, die Unterseite ist weißlich und ebenfalls gefleckt. Die kurze Schwanz (engl. bob tail) ist zwischen 10 und 20 Zentimeter lang und ist möglicherweise eine Anpassung an die kalten Bedingungen der letzten Eiszeit. Er hat mehrere undeutliche dunkle Streifen, die Schwanzspitze ist nur auf der Oberseite schwarz.

Rotluchse (Lynx rufus) sind gedrungene Katzen mit muskulösen Beinen, wobei die Hinterbeinewie bei allen Luchsen etwas länger als die Vorderbeine sind. Ihre relativ große Schulterhöhe und ihr dichtes Fell läßt sie viel größer erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Die Rückseite der großen Ohren ist schwarz und weist zentral einen hellen Fleck auf. Die Augen sind gelblich-braun. Die Ohrenbüschel, falls vorhanden, sind viel kürzer als die des Kanadischen Luchses (Lynx canadensis), ebenso wie die Haare der Halskrause. Die größten Rotluchse (Lynx rufus) sind in Kanada beobachtet worden, die kleinsten in Mexiko.

Lebensraum

Einst konnte man den Rotluchs (Lynx rufus) in ganz Nordamerika in fast jedem denkbaren Gelände antreffen, darunter Wüsten, Hochgebirge, Sumpf- und Regenwälder. Im Gegensatz zum Kanadischen Luchs (Lynx canadensis) findet man ihn kaum in nördlicheren Breiten, wo der Tiefschnee ihre Bewegungen einschränkt. Heute ist ihr Verbreitungsgebiet stark geschrumpft und man findet sie nur noch im Süden Kanadas, im Westen der USA und sehr spärlich in Mexiko. In weiten Teilen des Mittleren Westens der USA sind die Rotluchse aufgund von Verfolgung, Lebensraumzerstörung und der daraus resultierenden Beutetierknappheit praktisch verswunden.

Nahrung

Die zähen kleinen Rotluchse (Lynx rufus) überleben vor allem weil sie scheu sind, fast jede Art von Beute fressen und in nahezu jeder Art von Umwelt überleben können. Sie sind recht tolerant gegenüber vom Menschen verursachten Störungen und können sich gut an veränderte Lebensräume anpassen. Sie jagen sowohl bei Tag als auch in der Nacht, und als opportunistische Jäger fressen sie das, was gerade reichlich zur Verfügung steht. Dazu gehören andere kleine Säugetiere, Vögel, Aas, Eier, Frösche, Reptilien und Hausgeflügel. Wegen letzteren werden Rotluchse oft verfolgt, dabei läßt man außer Acht, dass der Großteil ihrer Beute aus wirklichen landwirtschaftlichen Schädlingen besteht, wie etwa aus Mäusen, Kaninchen und Hasen. Trotz ihrer geringen Größe sind Rotluchse (Lynx rufus) effektive Raubtiere, die auch größere Huftiere attackieren, vor allem Rehe, die in der Regel gerissen werden, während sie ruhen. Rotluchse sind hauptsächlich Bodenbewohner, können aber auch mit Leichtigkeit auf Bäume klettern und ausgezeichnet schwimmen.

Revier und Fortpflanzung

Obwohl Rotluchse (Lynx rufus) wie die meisten Katzen Einzelgänger sind, überlappt das Revier eines Männchens oftmals die kleineren Reviere mehrerer Weibchen - und überschneidet sich teilweise mit dem Revier eines anderen Männchens. Die Reviere der Weibchen überschneiden sich fast nie. Männchen und Weibchen tun sich nur während der Paarungszeit von Dezember bis April zusammen. Die zeitlich frühesten Paarungen finden in den südlicheren Breiten statt. Nur ortsansassige Katzen mit etablierten Territorien pflanzen sich fort. Männchen paaren sich mit mehreren Weibchen, diese in der Regel aber nur mit einem Männchen. ähnlich wie beim Kanadischen Luchs (Lynx canadensis) variiert die Populationsdichte der Rotluchse (Lynx rufus) je nach der Verfügbarkeit von Beutetieren, die von Jahr zu Jahr schwanken kann. So wirken das territoriale System, das Angebot an Beutetieren und die Lebensraumbedingungen zusammen, um die Populationsdichten der Rotluchse zu regulieren. Diese können von 1 Katze pro 13 km² bis zu mehr als 3 Katzen pro 1 km² reichen.


Rotluchs (Lynx rufus) in Bewegung
Florida-Rotluchs (Lynx rufus)

Rotluchs (Lynx rufus) - Hier hats aber jemand eilig!

Die Weibchen der Rotluchse (Lynx rufus) bringen nach einer Tragzeit von 50 bis 70 Tagen zwischen 1 und 6 (in der Regel 2 bis 4) Junge in einer Höhle, einem hohlen Baumstamm, unter einem Felsvorsprung oder in dichtem Gestrüpp zur Welt. Die Neugeborenen haben auf dem Rücken und den Seiten eine schwache Zeichung sowie dunkle Streifen auf dem Gesicht, die mit zunehmendem Alter verblassen. Die Kleinen öffnen ihre Augen nach etwa neun Tagen. Die Mutter säugt ihren Nachwuchs 3 bis 4 Monate lang, im Alter von 5 Monaten nimmt die Mutter den Nachwuchs bereits mit auf die Jagd. Die jungen Katzen bleiben bei der Mutter bis zur nächsten Paarungszeit.

Junge Rotluchsweibchen sind etwa im Alter von einem Jahr geschlechtsreif, die Männchen erst im Alter von zwei Jahren. Junge Männchen legen auf der Suche nach einem eigenen Territorium weite Strecken zurück, während junge Weibchen oft in der Nähe der Mutter bleiben und sich teilweise sogar innerhalb des Reviers der Mutter niederlassen. Rotluchse (Lynx rufus) wurden in Gefangenschaft über 33 Jahre alt, in freier Wildbahn dürfte die Lebenserwartung zwischen 12 und 13 Jahren liegen.

Obwohl es in den Zoos eine große Zahl von Rotluchsen (Lynx rufus) gibt, pflanzen sie sich dort nur sehr schlecht fort. Die Probleme bei der Reproduktion in Gefangenschaft sind auf die gleichen Faktoren zurückzuführen wie bei anderen kleinen Katzen: Mangel an Privatsphäre, die Nähe von zu vielen Menschen, Lärm und andere Störungen. Solche unnatürlichen Bedingungen sind nicht förderlich für eine erfolgreiche Reproduktion und Nachwuchsaufzucht der scheuen Rotluchse.

Das Fell der Rotluche (Lynx rufus) ist bei Pelzhändlern sehr gefragt, besonders das gefleckte Bauchfell. In den vergangenen 20 Jahren gehörten Rotluchse zu den am meisten gehandelten Katzenarten. Rund die Hälfte aller legal gehandelten Felle in Nordamerika stammten vom Rotluchs (Lynx rufus) oder vom Kanadischen Luchs (Lynx canadensis). Obwohl sich diese Ausbeute wahrscheinlich fortsetzen wird, ist sie doch durch Quoten reguliert. Die ernsthaftere Bedrohung für diese Katzenart geht von der anhaltenden Fragmentierung und dem Verlust der Lebensräume aus, genauso wie von der Verfolgung durch Farmer und Viehzüchter. Um lebensfähige Populationen zu erhalten, müssen alle involvierten Behörden ein besseres Verständnis für die Lebensraumansprüche dieser faszinierenden Katzen entwickeln.

In den USA ist der Rotluchs (Lynx rufus) in zehn Bundesstaaten gesetzlich geschützt, in Kanada sind Jagd und Handel reguliert, in Mexiko ist die Jagd in fünf Bundesstaaten reguliert, das Töten von Rotluchsen ist allerdings zulässig, sobald sie im Verdacht stehen, Nutztiere zu reißen. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES listet die Art in Anhang II.


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