Eine Abkürzung im globalen Schwefelkreislauf



Bio-News vom 31.10.2018

Chemiker der Universität Jena entdecken bisher unbekannten Stoffwechselweg im Plankton.

Schwefel findet sich in ganz unterschiedlichen Verbindungen überall auf der Erde: sowohl in der Atmosphäre als auch in den Weltmeeren und an Land. All diese Erscheinungsformen sind in einem Kreislauf miteinander verbunden. Vereinfacht gesagt wird das Element als Mineral zunächst reduziert und in eine organische Form transferiert, dann von Organismen herumgereicht, bis es schließlich in die Atmosphäre gelangt, dort oxidiert wird und gelöst im Regen auf das Land und in die Meere zurückkehrt. Chemiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben nun gemeinsam mit Kollegen aus den USA in diesem schon lange bekannten Kreislauf eine gänzlich unerwartete Abkürzung entdeckt. Entscheidend dafür sind winzige Organismen im Plankton des Ozeans. Über ihre Entdeckung berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des renommierten Forschungsmagazins „Nature“.

„Wir haben herausgefunden, dass bestimmte einzellige Algen und Bakterien, die als Teil des Planktons im Meer existieren, eine neue chemische Verbindung mit dem komplizierten Namen Dimethylsulfoxoniumpropionat, kurz DMSOP, produzieren“, sagt Prof. Dr. Georg Pohnert von der Universität Jena. „Damit haben wir wertvolle Informationen über den globalen Schwefelkreislauf abgeleitet und wir können jetzt enorme Mengen im Schwefelfluss neu erklären. Auch wenn eine Mikroalge nur verschwindend kleine Mengen der Verbindung produziert, sprechen wir hier in der Summe von mehreren Teragramm, also mehreren Milliarden Kilogramm pro Jahr.“ Denn die einzelligen Algen sind in den Weltmeeren ungeheuer aktiv. Mit den Befunden der Jenaer Chemiker lässt sich somit der Schwefelkreislauf der Erde besser nachvollziehen, was wichtige Erkenntnisse für Atmosphären- und Klimamodelle liefert.


Prof. Dr. Georg Pohnert von der Uni Jena entdeckte mit seinem Team eine von Algen produzierte schwefelhaltige chemische Verbindung.

Publikation:


K. Thume, B. Gebser, L. Chen, N. Meyer, D. Kieber, G. Pohnert
The metabolite dimethylsulfoxonium propionate extends the marine organosulfur cycle
nature.com

DOI: 10.1038/s41586-018-0675-0



Stressschutz für Algen

Doch die Forschungsergebnisse bieten nicht nur Informationen für das Verständnis des Schwefelkreislaufs. Einen Grund für die Produktion des DMSOP fanden die Wissenschaftler, indem sie untersuchten, wie sich die Algen an ihre Umgebung anpassen. „Die Einzeller sind im Meer permanent in Bewegung und somit immer wieder unterschiedlichen Salzgehalten und oxidativem Stress ausgesetzt“, erklärt Pohnert. „Die neue Verbindung zeigt nun, wie dieser Stress mit einem ausgeklügelten System an chemischen Umsetzungen ausgeglichen werden kann. Eine Möglichkeit dafür ist, selbst Salze zu produzieren und abzubauen. Und das neue schwefelhaltige Stoffwechselprodukt spielt hier eine Schlüsselrolle.“

Für ihre Forschung haben die Jenaer Wissenschaftler, deren Arbeit vom Sonderforschungsbereich „ChemBioSys“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wurde, Wasserproben aus unterschiedlichen Regionen der Ozeane untersucht, um herauszufinden, ob die Produktion der schwefelhaltigen Verbindung ein weltweites Phänomen ist. „Wir haben von der Arktis bis zum Mittelmeer in allen Proben DMSOP gefunden“, informiert Prof. Pohnert, der auch am Exzellenzcluster „Microverse“ der Jenaer Universität mitarbeitet. „Überall sind also die Produzenten der schwefelhaltigen Verbindung zu finden.“

Die Chemiker der Universität Jena haben durch diese neuen Ergebnisse wichtige Informationen darüber gewonnen, wie mikrobielle Gemeinschaften im Ozean funktionieren und sehen auch konkreten Bezug zur Anwendung. „Algen werden immer häufiger in Aquakulturen gezüchtet, sowohl als Futter- oder Nahrungsmittel als auch als Energiequelle. Deshalb ist es wichtig, deren Stoffwechsel umfassend zu verstehen“, sagt der Jenaer Experte. „Die aktuellen Einblicke zeigen uns einmal mehr, welch unglaublich komplexes und gut funktionierendes System im Plankton verborgen liegt.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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