Bayreuther Mikrobiologen entdecken Schlüsselprotein für die Zellteilung magnetischer Bakterien



Bio-News vom 12.03.2019

Magnetotaktische Bakterien haben die faszinierende Fähigkeit, sich bei ihren Bewegungen am Erdmagnetfeld zu orientieren. Im Fachjournal mBio berichten Forscher der Universität Bayreuth, der LMU München und des Max-Planck-Instituts für Biochemie über neue Erkenntnisse zur „Mikrobe des Jahres 2019“, dem Bakterium Magnetospirillum gryphiswaldense, das hauptsächlich am Grund von Gewässern lebt. Elektronenmikroskopische Aufnahmen belegen, dass die störungsfreie Zellteilung dieser Mikrobe entscheidend von dem Protein PopZ abhängt. Die Studie liefert wertvolle Erkenntnisse zur mikrobiologischen Grundlagenforschung insgesamt, vor allem zur Teilung und inneren Organisation bakterieller Zellen.

Wie die meisten magnetotaktischen Bakterien ist auch Magnetospirillum gryphiswaldense ein Einzeller, der sich durch Zellteilung vermehrt. Bei diesem Prozess kommt es darauf an, dass das genetische Material und auch die teils überlebenswichtigen Organellen der bakteriellen Zelle gleichmäßig auf die beiden neuen Tochterzellen verteilt werden. Nur so ist es möglich, dass sich aus jeder dieser Tochterzellen eine voll funktionsfähige Bakterienzelle entwickelt.

Wie die Wissenschaftler herausgefunden haben, hat das Protein PopZ eine entscheidende Bedeutung für einen fehlerfreien Ablauf der Zellteilung. An den Enden der länglich und schraubenartig geformten Bakterienzellen befinden sich PopZ-Moleküle in hoher Konzentration. Diese Protein-Cluster fungieren als Andockstation für zahlreiche weitere Proteine, die für die Zellteilung benötigt werden. Wenn Magnetospirillum gryphiswaldense das für die Herstellung von PopZ erforderliche Gen fehlt, ist nicht nur seine Beweglichkeit erheblich eingeschränkt. Auch die Zellteilung ist gestört, so dass die Tochterzellen nicht gleichmäßig mit dem für einen störungsfreien Zellaufbau nötigen Material ausgestattet sind. Es entstehen sowohl extrem lange Zellen als auch winzige Mini-Zellen. Wenn hingegen die Bakterienzelle zuviel PopZ herstellt, kommt es ebenfalls zu Anomalien: Es bilden sich dünne Fortsätze, an denen sich das überschüssige Protein ansammelt. Daher erscheinen diese Fortsätze im Elektronenmikroskop wesentlich heller als die restliche Bakterienzelle.


Bakterien der Spezies Magnetospirillum gryphiswaldense, denen das Protein PopZ fehlt. Deshalb sind ihre Zellen anomal verlängert. Im Inneren der Bakterien sind die Magnetosomen sichtbar.

Publikation:


Daniel Pfeiffer, Mauricio Toro-Nahuelpan, Marc Bramkamp, Jürgen Plitzko, and Dirk Schüler
The polar organizing protein PopZ is fundamental for proper cell division and segregation of cellular content in Magnetospirillum gryphiswaldense
mBio (2019)

DOI: http://dx.doi.org/10.1128/mBio.02716-18



Durch hochaufgelöste Fluoreszenzmikroskopie entdeckten die Wissenschaftler eine weitere Auffälligkeit. Magnetospirillum gryphiswaldense unterscheidet sich von anderen bekannten Bakterien hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem sich Ansammlungen des Protein PopZ herausbilden: Bereits in der Schlussphase der Zellteilung oder sehr kurze Zeit danach entstehen an den neuen Polen der Tochterzellen neue Cluster dieses Proteins.

„Unsere Erkenntnisse sind generell für ein vertieftes Verständnis der intrazellulären Organisation und der Zellteilung in Bakterien von großem Interesse“, erklärt Dr. Daniel Pfeiffer, Ko-Autor der neuen Studie. Prof. Dr. Dirk Schüler, einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der magnetotaktischen Bakterien, ergänzt: „Wir wissen zwar schon länger, dass das Protein PopZ in den meisten Magnetbakterien, aber auch in vielen ihrer nicht-magnetischen Verwandten vorkommt. Aber jetzt ist es erstmals gelungen, die Funktionen dieses Proteins für ein magnetotaktisches Bakterium präzise zu bestimmen. Dabei hat uns die hochaufgelöste Fluoreszenzmikroskopie mit sogenannter ‚strukturierter Beleuchtung‘ wesentlich geholfen. Dies ist eine ganz neue Untersuchungsmethode, für die wir auf dem Bayreuther Campus seit kurzem hervorragend ausgestattet sind.“

Hintergrund:

Seit 2014 ernennt die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) einen Mikroorganismus zur „Mikrobe des Jahres“. Ausschlaggebend ist dabei die Bedeutung, die der jeweilige Mikroorganismus beispielsweise für die Ökologie, Medizin, Lebensmittelwirtschaft, die Energiegewinnung oder auch generell für die wissenschaftliche Forschung hat. Für 2019 fiel die Wahl auf Magnetospirillum gryphiswaldense. Diese Mikrobe wurde in den 1980er Jahren von Dirk Schüler als Student entdeckt und aus dem Schlamm eines Flusses isoliert. Heute ist sie ein wichtiges Untersuchungsobjekt an dem von Schüler geleiteten Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Bayreuth. Hier und in vielen anderen Labors weltweit dient sie als Modellorganismus für die zellbiologische Erforschung von Bakterien und ihrer Magnetfeldorientierung durch Magnetosomen. Dies sind winzige, nur wenige Nanometer große Partikel im Inneren der magnetotaktischen Bakterien. Sie reihen sich kettenförmig aneinander und reagieren ähnlich wie eine Kompassnadel auf das Magnetfeld der Erde. Wenn es gelingt, die Biosynthese der Magnetosomen im Detail zu verstehen und im Labor weiter zu optimieren, könnten sich daraus spannende Ansatzpunkte für die Herstellung magnetischer Nanomaterialien mit neuen, maßgeschneiderten Eigenschaften ergeben.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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