Ziegeleigrube Vorhalle


Spitzfalte in den Tonsteinen der Ziegeleigrube Vorhalle

Die Ziegeleigrube in Vorhalle, einem Stadtteil von Hagen, ist ein ehemaliger Steinbruch der Vorhaller Klinkerwerke. Seit den 1920er Jahren gelten der noch vorhandene Steinbruch sowie ein heute nicht mehr vorhandener Aufschluss weltweit als die reichhaltigsten Fundstellen für Pflanzenfossilien aus dem tiefen Oberkarbon. Auch die bekannten Paläobotaniker Walther Gothan (1879-1954) und Winfried Remy (1924-1995) untersuchten die Steinbrüche in Hagen-Vorhalle und die hier gefundenen Pflanzenfossilien.

Zu einer Lokalität von international bedeutendem Rang wurde sie durch die Entdeckung fossiler Spinnentiere und Insekten in einer zum Teil so vollständigen Erhaltung, wie bisher aus diesem Zeitabschnitt nicht bekannt war. Dies führte seit 1982 zu vielbeachteten wissenschaftlichen Ergebnissen und zahlreichen Publikationen. Im Mai 2006 wurde der aufgelassene Steinbruch zu einem „Nationalen Geotop“ erklärt.

Fundgeschichte

Nachdem die Vorhaller Klinkerwerke die Ziegelproduktion im Jahre 1989 eingestellt hatten, wurde das Gelände völlig umgestaltet, um die Aufnahmekapazität zur Ablagerung von Bauschutt zu erhöhen. Dabei wurden die fossilführenden Schichten zunächst verschüttet, später aber wieder freigelegt.

Zwischen 1990 und 1997 führte das LWL-Museum für Naturkunde eine Grabung durch. Die Präparation der insgesamt 16.000 geborgenen Fossilien dauert derzeit noch an; die wissenschaftliche Bearbeitung einzelner Fossilgruppen konnte inzwischen abgeschlossen werden.

Entstehung der Fossillagerstätte

Die in der Grube anstehenden Tonsteinschichten kamen während der Oberkarbon-Zeit (Namur B, vor 318 Millionen Jahren) in der Meeresbucht eines Flussdeltabereiches zur Ablagerung. Bei den mächtigeren Sandsteinen handelt es sich um kleinere Flussrinnen. Ein küstennaher Ablagerungsraum kann auch aufgrund der engen Vergesellschaftung von Faunenelementen aus verschiedenen Lebensbereichen angenommen werden.

Vom Festland wurden Landpflanzen (farnblättrige Pflanzen, Schachtelhalme, Siegel-, Schuppen- und Cordaitenbäume), Insekten (Libellen, Urnetzflügler, Urschnabelkerfe), Arachniden (u.a. Geißelskorpione) und Tausendfüßer eingeschwemmt oder eingeweht. Süßwasserfische (Stachelhaie, Strahlenflosser, Quastenflosser) konnten in der Bucht leben, da eine Überschichtung von Süßwasser auf Salzwasser stattfand. Marine Lebewesen der Bucht waren Goniatiten, Muscheln, Brachiopoden und Krebstiere.

Aufgrund der außerordentlich guten Erhaltung der Fossilien, zum Teil sind sogar Haut- und Farbreste überliefert, wird das Vorhaller Tonsteinvorkommen auch als Konservatlagerstätte bezeichnet.

Verbleib der Funde

Die Funde werden im LWL-Museum für Naturkunde in Münster und im Museum für Ur- und Frühgeschichte Wasserschloss Werdringen in Hagen ausgestellt. Darüber hinaus befinden sich noch einige Funde in Privatsammlungen. Da es sich um ein geschütztes Bodendenkmal handelt, ist das Sammeln und Graben nach Fossilien im Steinbruch verboten.

Weblinks

Literatur

  • Brauckmann, C. (1991): Arachniden und Insekten aus dem Namurium von Hagen-Vorhalle (Ober-Karbon; West-Deutschland). – Veröffentlichungen aus dem Fuhlrott-Museum, 1: 1-275, Abb. 1-78, Tab. 1-6, Taf. 1-25; Wuppertal.
  • Brauckmann, C. & Koch, L. (1982): Neue Insekten aus den Vorhalle-Schichten (oberes Namurium B) von Hagen-Vorhalle. – Dortmunder Beiträge zur Landeskunde, Naturwissenschaftliche Mitteilungen, 16: 15-26, Abb. 1-6; Dortmund.
  • Brauckmann, C. & Koch, L. (1983): Prothelyponus naufragus n. sp., ein neuer Geißelskorpion [Arachnida: Thelyphonida: Thelyphonidae] aus dem Namurium (unteres Ober-Karbon) von West-Deutschland. – Entomologia Generalis, 9 (1/2): 63-73, Abb. 1-10, Tab. 1; Stuttgart.
  • Brauckmann, C. & Koch, L. (1994): Spinnentiere und Insekten aus dem Oberkarbon von Hagen-Vorhalle. – Fossilien, 11(1): 45-55, 13 Abb.; Korb.
  • Brauckmann, C., Koch, L. & Kemper, M.. (1985): Spinnentiere (Arachnida) und Insekten aus den Vorhalle-Schichten (Namurium B; Ober-Karbon) von Hagen-Vorhalle (West-Deutschland). – Geologie und Paläontologie in Westfalen, 3: 1-131, Abb. 1-57, Taf. 1-23; Münster.
  • Brauckmann, C., Schöllmann, L. & Sippel, W. (2003): Die fossilen Insekten, Spinnentiere und Eurypteriden von Hagen-Vorhalle. – Geologie und Paläontologie in Westfalen, 59: 1-89, Abb. 1-24, Taf. 1-12; Münster.
  • Hendricks, A. (Hrsg.)(2005): Als Hagen am Äquator lag. - Die Fossilien der Ziegeleigrube Hagen-Vorhalle. – 222 S., zahlr. Abb.; Münster (Westfälisches Museum für Naturkunde).

Koordinaten: 51° 22′ 56″ N, 7° 26′ 43″ O

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