Westafrikanischer Stummelaffe



Westafrikanischer Stummelaffe

Westafrikanische Stummelaffen
(Piliocolobus badius)

Systematik
Teilordnung: Altweltaffen (Catarrhini)
Familie: Meerkatzenverwandte (Cercopithecidae)
Unterfamilie: Schlank- und Stummelaffen (Colobinae)
Tribus: Stummelaffen (Colobini)
Gattung: Rote Stummelaffen (Piliocolobus)
Art: Westafrikanischer Stummelaffe
Wissenschaftlicher Name
Piliocolobus badius
(Kerr, 1792)
Westafrikanische Stummelaffen im Bijilo Forest Park, Gambia

Der Westafrikanische Stummelaffe (Piliocolobus badius) ist eine Primatenart aus der Gruppe der Stummelaffen.

Merkmale

Westafrikanische Stummelaffen erreichen eine Kopfrumpflänge von 45 bis 67 Zentimeter, wozu noch ein bis zu 80 Zentimeter langer Schwanz kommt. Ihr Gewicht variiert zwischen 5 und 11 Kilogramm, wobei Männchen etwas schwerer sind als Weibchen. Ihr Körperbau ist schlank, die Gliedmaßen sind lang und verhältnismäßig dünn. Ihr Fell ist an der Oberseite schwarz oder graubraun gefärbt, die Arme, die Beine und der Kopf sind rötlich-braun. Der Bauch und insbesondere die Genitalregion sind weiß. Wie bei allen Stummelaffen ist der Daumen zurückgebildet.

Verbreitung und Lebensraum

Westafrikanische Stummelaffen sind von Senegal bis Ghana beheimatet; ihr Verbreitungsgebiet ist durch das waldarme Gebiet in Togo und Benin von dem der übrigen Roten Stummelaffen getrennt, die im zentralen und östlichen Afrika leben. Diese Tiere sind Baumbewohner, jedoch bei ihrem Lebensraum flexibler als ihre östlichen Verwandten. Neben Regenwäldern finden sie sich etwa auch in Mangrovengebieten und baumbestandenen Savannen.

Lebensweise

Westafrikanische Stummelaffen sind wie alle Altweltaffen tagaktiv. Sie sind geschickte Kletterer, wozu ihnen auch ihr langer Schwanz und ihre langen Finger dienen, und kommen nur selten auf den Boden.

Diese Tiere leben in Gruppen von 10 bis 80 (durchschnittlich 50) Tieren. In einer Gruppe finden sich mehrere Männchen und meist zwei- bis dreimal soviel Weibchen. Manche Tiere, insbesondere junge Männchen, die aus ihrer Geburtsgruppe verjagt wurden, leben aber auch einzelgängerisch. Beide Geschlechter entwickeln eine strenge Rangordnung, die unter anderem in bevorzugtem Zugang zu Nahrungsquellen und Schlafplätzen, aber auch in Vorrang bei der Fellpflege und bei der Paarung zum Vorschein kommt. (So pflanzt sich die höchstrangige Männchen einer Gruppe am öftesten fort.) Sie kommunizieren mit einer Reihe von Lauten, darunter ein bellendes Alarmgeräusch der Männchen, sowie mit Gesten und Körperhaltungen.

Diese Tiere haben kein festes Territorium, verteidigen aber ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort mit aggressiven Gesten und Geschrei gegenüber anderen Gruppen. Die Größe der Streifgebiete hängt vom Lebensraum und der Gruppengröße ab und kann zwischen 8 und 132 Hektar liegen - durchschnittlich sind es 1 bis 2 Hektar pro Tier.

Nahrung

Westafrikanische Stummelaffen im Bijilo Forest Park, Gambia

Westafrikanische Stummelaffen ernähren sich in erster Linie von Blättern, daneben nehmen sie auch Früchte und Blüten zu sich. Sie besitzen wie alle Stummelaffen einen vierkammerigen Magen, der der Aufspaltung der Zellulose dient und so eine bessere Verwertung der nährstoffarmen Blätternahrung bewirkt - in ähnlicher Form findet sich dieses Verdauungssystem auch bei Wiederkäuern.

Fortpflanzung

Nach einer rund 4,5- bis 5,5-monatigen Tragzeit bringt das Weibchen meist ein einzelnes Jungtier zur Welt. Die meisten Geburten fallen in den Beginn der Trockenzeit, etwa Oktober bis Dezember. Im Gegensatz zu anderen Stummelaffen kümmert sich nur die Mutter und nicht auch andere Weibchen um das Jungtier. Weibchen wie Männchen verlassen beim Eintreten der Geschlechtsreife ihre Geburtsgruppe; während Weibchen meist schnell Anschluss in einer anderen Gruppe finden, werden die jungen Männchen oft mit Gewalt verjagt und leben häufig eine gewisse Zeit einzelgängerisch.

Bedrohung

Westafrikanische Stummelaffen im Bijilo Forest Park, Gambia

Westafrikanische Stummelaffen gehören zu den Beutetieren der Gemeinen Schimpansen, auch Leoparden machen Jagd auf sie. Die größte Bedrohung geht jedoch vom Menschen aus: durch die fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraums wurde ihr Verbreitungsgebiet stark eingeschränkt, hinzu kommt die Bejagung wegen ihres Fleisches („Bushmeat“). Die IUCN listet die Art als stark gefährdet (endangered). Besonders prekär ist die Situation der Unterart Miss Waldrons Roter Stummelaffe (P. b. waldronae), die im Jahr 2000 schon für ausgestorben erklärt wurde. Mittlerweile gibt es zwar glaubwürdige Berichte, dass diese Unterart im Südosten der Elfenbeinküste noch vorkommt, sie dürfte jedoch am Rand der Ausrottung stehen und wird von der IUCN als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) gelistet.

Systematik

Der Westafrikanische Stummelaffe wird heute als eine von neun Arten der Gattung der Roten Stummelaffen (Piliocolobus) geführt. Ältere Systematiken fassten alle Arten noch zu einer einzigen Art (P. badius) zusammen, dieser wissenschaftliche Name gilt heute aber nur für die westafrikanische Art. Ebenfalls findet sich in älteren Werken noch die Einordnung dieser Tiere in die Gattung Colobus oder Procolobus.

Literatur

  • Thomas Geissmann: Vergleichende Primatologie. Springer-Verlag, Berlin u. a. 2003, ISBN 3-540-43645-6.
  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. 6th edition. Johns Hopkins University Press, Baltimore MD 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
  • Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A taxonomic and geographic Reference. Johns Hopkins University Press, Baltimore MD 2005, ISBN 0-8018-8221-4.

Weblinks

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