Schwarznessel


Schwarznessel

Kurzzähnige Schwarznessel (Ballota nigra subsp. meridionalis)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Lamioideae (Ballota)
Gattung: Schwarznesseln (Ballota)
Art: Schwarznessel
Wissenschaftlicher Name
Ballota nigra
L.

Die Schwarznessel (Ballota nigra), auch Stink-Andorn und Schwarzer Gottvergess genannt, ist eine Pflanzenart in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Von den weltweit etwa 31 Arten der Gattung Schwarznesseln (Ballota) kommt nur diese eine Art in Mitteleuropa vor.

Beschreibung

Illustration
Langzähnige Schwarznessel (Ballota nigra subsp. nigra)
Verbreitungskarte (in Nordamerika eingebürgert)

Erscheinungsbild und Blätter

Die Schwarznessel wächst als ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von etwa 30 bis 100 Zentimetern erreicht. Dieser Hemikryptophyt oder Chamaephyt bildet ein kurzes, kriechendes Rhizom als Überdauerungsorgan. Der Stängel und Laubblätter sind weich behaart und riechen unangenehm. Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind gestielt.

Blüten und Früchte

Die zygomorphen Blüten besitzen eine doppelte Blütenhülle. Die Kronblätter sind bläulich-rot gefärbt. Es handelt sich um „Nektarführende Lippenblumen“. Neben vormännlichen Zwitterblüten kommen auch rein weibliche Blüten vor.

Es werden Klausenfrüchte gebildet.

Ökologie

Fremdbestäubung erfolgt durch zahlreiche Insektenarten; auch spontane Selbstbestäubung ist erfolgreich. Durch die waagrecht stehenden Kelche können sie eine Schwerkraftverbreitung erfahren oder die dornspitzigen Kelchzähne bewirken eine Fruchtverbreitung durch Tiere. Auch Windverbreitung ist möglich.

Verbreitung und Standorte

Die Heimat der Schwarznessel ist das Mittelmeergebiet. Von dort aus hat sie sich über die ganze gemäßigte Zone der Nordhalbkugel verbreitet.

Man findet sie aber noch ziemlich häufig in staudenreichen Unkrautgesellschaften, an Wegen, Zäunen, Schuttplätzen. Sie bevorzugt lockeren, etwas feuchten, stickstoffhaltigen Boden. Nach Ellenberg ist sie eine Lichtpflanze, ein ausgesprochener Stickstoffzeiger und eine Klassencharakterart ausdauernder Stickstoff-Krautfluren (Artemisietea vulgaris). Nach Oberdorfer ist die Langzähnige Schwarznessel eine Charakterart des Leonuro-Ballotetum nigrae (Verband Arction), die Kurzzähnige Schwarznessel eine Charakterart des Lamio albi-Ballotetum foetidae (ebenfalls Verband Arction). Diese dörflichen Unkrautfluren sind heute seltener geworden.

Systematik

Die Erstveröffentlichung von Ballota nigra erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum.[1] Ein Synonym für Ballota nigra L. ist Stachys ballota Kuntze.[2]

Von der Art Ballota nigra gibt es sieben Unterarten:[3][4]

  • Ballota nigra subsp. anatolica P.H.Davis: Die 3 bis 4 (bis 5)[5] mm langen Kelchzähne stehen fast waagrecht ab. Die Kronröhre ragt 3 mm weit aus dem Kelch heraus. Diese Unterart ist im nördlichen und mittleren Anatolien weit verbreitet und kommt auch in der europäischen Türkei vor.[5]
  • Ballota nigra subsp. kurdica P.H.Davis: Die 1,5 bis 2 mm langen Kelchzähne ragen auseinander. Die Kronröhre ragt 5 mm weit aus dem Kelch heraus. Sie kommt im nördlichen Irak und im westlichen Iran sowie selten im östlichen Anatolien vor.[5]
  • Kurzzähnige Schwarznessel (Ballota nigra subsp. meridionalis (Bég.) Bég., Syn.: Ballota nigra subsp. foetida (Vis.) Hayek, Ballota alba L.)[6]: Die nur 1 bis 2,5 (bis 3) mm langen, aufrechten[7] Kelchzähne sind eiförmig und enden in einer plötzlich zusammengezogenen, nur 0,2 bis 0,5 mm langen Stachelspitze.[6] Diese Unterart hat ihren Verbreitungsschwerpunkt im westlichen Mitteleuropa, ist aber auch nach Osteuropa verschleppt worden.[4]
  • Langzähnige Schwarznessel (Ballota nigra L. subsp. nigra, Syn.: Ballota ruderalis Sw.)[6]: Die (2,5 bis) 4 bis 6,5 mm langen, schmal dreieckig-pfriemlichen Kelchzähne sind aufrecht bis aufrecht-abstehend[7] und laufen in eine stechende, 2 bis 3 mm lange Granne aus.[6] Die Kronröhre ragt höchstens wenig aus dem trichterförmigen[7] Kelch heraus. Diese Unterart hat ihren Verbreitungsschwerpunkt im östlichen Mitteleuropa, ist aber auch nach Westeuropa verschleppt worden.[4]
  • Ballota nigra subsp. sericea (Vandas) Patzak: Sie erinnert an Ballota nigra subsp. meridionalis, besitzt aber einen an der Spitze kaum erweiterten Kelch und eine seidig-filzige Behaarung mit glänzenden, sitzenden Drüsen. Sie kommt in Montenegro, in Albanien[7] und Mazedonien sowie in Griechenland in Makedonien, Thessalien und auf Euböa vor.[4]
  • Ballota nigra subsp. uncinata (Fiori & Béguinot) Patzak: Sie erinnert an Ballota nigra subsp. meridionalis, aber die Kelchzähne stehen weit ab, die Stachelspitze ist oft zurückgebogen oder widerhakig gekrümmt. Sie ist im Mittelmeergebiet und auf den Atlantischen Inseln weit verbreitet.[4]
  • Ballota nigra subsp. velutina (Posp.) Patzak: Sie besitzt eine kurze, gräuliche, samtig-filzige Behaarung und erreicht nur Wuchshöhen von 30 cm. Die Kelchzähne stehen weit ab. Sie kommt in Dalmatien nordwärts bis Istrien[4] vor und erreicht möglicherweise auch das benachbarte Italien. Dort ist sie sicher aus der Basilicata nachgewiesen und kommt möglicherweise auch in den Abruzzen vor.[8]

Literatur

  • (Abschnitt Standorte und Verbreitung)
  • Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3. (Abschnitt Standorte und Verbreitung)
  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. die umfassende Bestimmungs- und Informationsdatenbank der Pflanzenwelt Deutschlands und angrenzender Länder ; der Schlüssel zur Pflanzenwelt ; mit ausführlicher Begleitbroschüre. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6. (Abschnitt Beschreibung)
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6. völlig neu bearb. Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7, S. 84. (Abschnitt Ökologie)

Einzelnachweise

  1. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Impensis Laurentii Salvii, Holmiae 1753, S. 582, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fbiodiversitylibrary.org%2Fpage%2F358603~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  2. Eintrag bei Tropicos.
  3. online.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 Alois Walter Patzak: Revision der Gattung Ballota Section Ballota. In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien. Band 62, 1958, S. 57–86, PDF-Datei, 3,7 MB.
  5. 5,0 5,1 5,2 Peter Hadland Davis, Anton Doroszenko: Ballota. In: Peter Hadland Davis (Hrsg.): Flora of Turkey and the East Aegean Islands. Vol. 7 (Orobanchaceae to Rubiaceae). Edinburgh University Press, Edinburgh 1982, ISBN 0-85224-396-0, S. 163–164.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 Werner Rothmaler [Begr], Eckehart J. Jäger (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. 20., neu bearb. u. erweit. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S. 679.
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Alois Walter Patzak: Ballota. In:
  8. F. Conti, G. Abbate, A. Alessandrini (Hrsg.): An annotated checklist of the Italian vascular flora. 420 S. Roma: Palombi, 2005. ISBN 88-7621-458-5, S. 60, PDF-Datei.

Weblinks

Commons: Schwarznessel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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