Linse (Botanik)


Linse

Linse (Lens culinaris)

Systematik
Eurosiden I
Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
Gattung: Linsen (Lens)
Art: Linse
Wissenschaftlicher Name
Lens culinaris
Medik.

Die Linse oder Erve (Lens culinaris) ist eine Pflanzenart der Gattung Lens aus der Unterfamilie Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae oder Leguminosae). Sie stammt wahrscheinlich von der wilden Lens orientalis ab.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Linse wächst als einjährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 10 bis zu 50 cm. Der schon ab der Basis verzweigte Stängel ist flaumig behaart.

Die wechselständigen Laubblätter sind paarig gefiedert mit vier bis zwölf Paaren von Fiederblättchen. Die Fiederblättchen weisen eine Länge von 6 bis 20 mm und eine Breite von 2 bis 5 mm auf. Die Rhachis endet in einer Ranken. Die weiß behaarten Nebenblätter sind 3 bis 7 mm lang.

Generative Merkmale

Die traubigen Blütenstände enthalten nur eine bis drei Blüten. Die Kelchblätter sind intensiv behaart. Die weiße oder blaue Schmetterlingsblüte ist 4,5 bis 6,5 mm groß. Der kurz gestielte Fruchtknoten ist unbehaart. Die Blütezeit reicht von April bis September.

Die bei Reife gelbe Hülsenfrucht ist länglich und 10 bis 15 mm lang. Die runden, flachen, etwa 1 bis 2 mm dicken Samen weisen einen Durchmesser von 3 bis 7 mm auf. Die Früchte reifen zwischen Mai und September.

Kulturpflanze

Die Linse stammt aus dem Mittelmeerraum oder Kleinasien und ist seit Beginn des Ackerbaus bei Menschen im Neolithikum eine der fünf wesentlichen Nutzpflanzen der aus dem fruchtbaren Halbmond abstammenden Kulturen (wozu ganz Europa gehört). Verzehrt werden ausschließlich die Samen. Im alten Ägypten waren sie eines der Grundnahrungsmittel und auch in Palästina kannte man sie (siehe Esau und das Linsengericht). Heute werden Linsen vor allem in Spanien, Russland, Chile, Argentinien, den USA, Kanada und Vorderasien angebaut. Allein in Indien sind über 50 Sorten verbreitet. In Deutschland werden sie in kleinsten Mengen auf der Schwäbischen Alb[1] und in Niederbayern angebaut. Vor allem die kargen Böden der Schwäbischen Alb eignen sich hervorragend für den Anbau der anspruchslosen Linse. Eine Öko-Erzeugergenossenschaft (Alb-Leisa) hat im Jahr 2010 auf über 100 Hektar 45 Tonnen Bio Linsen (Puy-Linsen) angebaut.

Der Anbau erfolgt zumeist als Mischkultur zusammen mit Getreide, das die nötige Rankhilfe darstellt. Die Ernte erfolgt mit Mähdreschern. Das Erntegut besteht aus einer Mischung von Getreidekörnern und Linsen, die in einem technisch aufwendigen Verfahren getrennt werden müssen. Linsen können als Leguminosen auch auf schlechten Böden und unter ungünstigem Klima angebaut werden, die Ernteerträge sind aber insgesamt zu gering und gleichzeitig ist der technische Aufwand zu hoch, als dass sie in Deutschland im großen Stil zu konkurrenzfähigen Preisen angebaut werden könnten. Die Erträge können je nach Witterung und Anbaubedingungen zwischen 200 und 1.000 kg pro Hektar schwanken.[2]

Linsensamen: geschälte rote und gelbe Linsen, grüne Tellerlinsen

Im Handel verbreitet sind:

  • Tellerlinsen (meist ungeschält, braun) – auch als Konserve
  • Rote Linsen (kleiner, bereits geschält und teilweise auch halbiert) – kochen weicher und breiiger
  • Berglinsen
  • Beluga-Linsen - schwarz, bleiben beim Kochen bissfest, sehen so aus wie Belugakaviar
  • Puy-Linsen – grüne Linsen, auch französische Linsen genannt, ursprünglich aus den vulkanischen Böden um Le Puy in Frankreich
  • Gelbe Linsen

In Deutschland werden sie oft mit Suppengrün und Mettwurst zu einer Suppe verkocht. Dabei wird oft etwas Essig zugegeben, was den Schaum beim Kochen mindert und angeblich die Verdaulichkeit verbessert. „Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle“ ist ein ‚Nationalgericht‘ der Schwaben.

Linsen sind leichter verdaulich als Erbsen oder Bohnen und haben einen sehr hohen Eiweißanteil von ca. 25–30 % in der Trockenmasse, wodurch sie besonders bei zeitweiligem Fasten oder dauerhafter vegetarischer Ernährung ein sehr wertvolles und zugleich preiswertes Nahrungsmittel darstellen. Bemerkenswert ist ebenso ihr überdurchschnittlich hoher Gehalt an Zink, welches eine zentrale Rolle im Stoffwechsel spielt. Da sie kleiner sind als andere Hülsenfrüchte, brauchen sie auch weniger Einweich- und Kochzeit.

Linsen und andere Hülsenfrüchte bilden mit Getreide-Eiweiß eine besonders hochwertige Kombination von Aminosäuren. Linsenprotein im Verhältnis von etwa 1 zu 3 zu Weizenprotein erreicht etwa dieselbe Wertigkeit wie Ei-Eiweiß, während Muskelfleisch nur eine Wertigkeit von 89 Prozent erreicht. Die Wertigkeit von Eiweiß wird bestimmt, indem gemessen wird, mit wie wenig Protein der Mensch auskommt, bevor überschüssige Aminosäuren ausgeschieden werden müssen. Da Weizenprotein alleine genommen nur eine Wertigkeit von 55 Prozent erreicht, könnte die Kombination mit der Linse einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der ersten ackerbaulichen Kulturen gehabt haben.

Ungeschälte Linsen lassen sich auch keimen und dann verarbeiten. Es gibt Hinweise auf eine verbesserte Aufschließung von Nährstoffen durch Keimen.[3] Der Keimvorgang vervielfacht den Gehalt an B-Vitaminen in Linsen und anderen Samen. Linsenkeime enthalten auch Vitamin C.

Rohe Linsen enthalten unbekömmliche oder sogar schädliche Inhaltsstoffe (Lektine und andere), die durch das Kochen unschädlich gemacht werden. Werden die Linsen vor dem Kochen eingeweicht, wird der Gehalt unbekömmlicher Inhaltsstoffe reduziert.

Linsenpflanzen

Geschichte

Die Linse stammt von der Wildlinse Lens orientalis ab. In Europa wurden domestizierte Linsen zum Beispiel in der Höhle von Franchthi in Griechenland gefunden, wo sie bereits in den frühesten neolithischen Schichten vorkommen, die um 7000 v. Chr. cal. datieren. Funde aus den mesolithischen Schichten (lithic assemblages VIII, IX) gehören zur Art Lens nigricans oder Lens ervoides. Eine Domestikation vor Ort ist also nicht anzunehmen (Hansen 1991). Linsen wurden auch in der mitteleuropäischen Linearbandkeramik gefunden, wo sie seit der ältesten Phase, etwa 5500 v. Chr. (cal.) bekannt sind. [4]

In der Genesis heißt es in Kap. 25, Vers 29–34: „Jakob gab Esau Brot und ein Linsengericht und er begann zu essen und zu trinken. Dann stand er auf und ging seines Weges. So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht.“

Inhaltsstoffe

Linsen enthalten folgende nennenswerte Stoffe:

100 g Braune Tellerlinsen enthalten durchschnittlich:[5]
kcal kJoule Eiweiß Kohlenhydrate Fett
270 1146 23,4 g 40,5 g 1,6 g

 

100 g Rote Linsen enthalten durchschnittlich:[6]
kcal kJoule Eiweiß Kohlenhydrate Fett
348 1472 26,7 g 52,2 g 2,2 g

 

100 g Linsen enthalten durchschnittlich:[7]
Magnesium Eisen Calcium Kalium Natrium Vitamin A Vitamin B1 Vitamin B2 Vitamin B6
129 mg 7 mg 6,6 mg 810 mg 6,6 mg 17 µg 0,45 mg 0,26 mg 0,60 mg

Quellen

  • Bojian Bao & Nicholas J. Turland: Lens in der Flora of China, Volume 10, 2010, 577: Lens culinaris - Online. (Abschnitt Beschreibung, Verbreitung und Systematik)
  • S. I. Ali: Papilionaceae in der Flora of Pakistan: Lens culinaris - Online. (Abschnitt Beschreibung, Verbreitung und Systematik)

Einzelnachweise

  1. http://www.alb-leisa.de/
  2. Horneburg, Bernd; Frischer Wind für eine alte Kulturpflanze – Linsen im ökologischen Anbau, ihre Geschichte und Verwendung; Göttingen 2003, 1. Auflage, Dreschflegel e.V. und Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Göttingen, Seite 21
  3. Davila MA, Sangronis E, Granito M.: Germinated or fermented legumes: food or ingredients of functional food In:National Center for Biotechnology Information 2003 Dec
  4. J. M. Hansen: The palaeoethnobotany of Franchthi cave, Indianapolis 1991.
  5. Naturkind Braune Teller-Linsen, Packungsangabe
  6. Alnatura Rote Linsen, Packungsangabe
  7. Nährwert- und Kalorientabelle: Linsen Lauftipps

Weblinks

Commons: Linse (Lens culinaris) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Rezepte mit Linsen – Lern- und Lehrmaterialien

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