Endothel


Schematische Darstellung des Endothels mit Astrozyten in der Blut-Hirn-Schranke

Als Endothel (lat. endothelium) bezeichnet man die zum Gefäßlumen hin gerichteten Zellen der innersten Wandschicht von Lymph- und Blutgefäßen (Tunica intima). Unabhängig von ihrem je nach Gefäßart unterschiedlichen Aufbau sind alle Gefäße aus dem Herz-Kreislauf-System mit einer einzelligen Lage von Endothelzellen ausgekleidet.

Das Gesamtgewicht aller Endothelzellen eines Durchschnittsmenschen beträgt 1 Kilogramm, die Anzahl der Endothelzellen eines menschlichen Körpers gut 10.000 Milliarden und die dabei mit dem Blut in Kontakt tretende Fläche 4.000 bis 7.000 m².[1] Dies alleine zeigt schon die Bedeutung des endothelialen Systems für den Gesamtorganismus.

Auch das hintere Epithel der Hornhaut wird häufig als Hornhautendothel bezeichnet.

Aufbau

Das Endothel besteht aus Endothelzellen, die ein einschichtiges Plattenepithel bilden, welches einer Basallamina aufsitzt.

Die endotheliale Glykokalyx kleidet luminal jedes gesunde Gefäß aus und ist neben der Endothelzelle selbst ein bedeutender Bestandteil der Gefäßbarriere. Die endotheliale Glykokalyx spielt eine entscheidende Rolle beim Aufbau eines kolloidosmotischen Konzentrationsgefälles: Der einwärts gerichtete Gradient, der Wasser und Protein im Gefäßsystem zurückhält, entsteht unterhalb der endothelialen Glykokalyx durch selektive Proteinfilterung über diese hinweg. Die Erkenntnisse über die endotheliale Glykokalyx zusammen mit der Feststellung, dass das Interstitium anders als über lange Zeit vermutet eine nahezu plasmagleiche Proteinkonzentration aufweist, führten zu einer Modifizierung der Starling-Gleichung.[2]

Funktion

Das Endothel ist mehr als eine bloße Beschichtung der Gefäßwand und in einer Vielzahl verschiedenster physiologischer Prozesse eingebunden:

Endothelzellen produzieren einen für die Aktivation der Fibrinolyse wichtigen Faktor, den Gewebsplasminogenaktivator (tPA). Dieser Faktor aktiviert durch hydrolytische Spaltung die Bildung von Plasmin aus Plasminogen und moduliert somit die Thrombenlösung im Organismus. Er verhindert auch das Gerinnen des Menstrualblutes.

  • Das Endothel spielt auch eine wichtige Rolle bei Entzündungsvorgängen. Verschiedene körpereigene oder mikrobielle Substanzen können das Endothel lokal aktivieren. Diese Aktivierung führt dazu, dass sich bestimmte weiße Blutkörperchen (Leukozyten), wie z. B. neutrophile Granulozyten, Monozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten, aus dem Blut an das Endothel binden und ihrerseits aktiviert werden. Die aktivierten Leukozyten wandern dann bei der Leukodiapedese (auch Transmigration genannt) durch das Endothel in das darunterliegende Gewebe und helfen dort, Infektionen zu bekämpfen.
  • Die Sprossung neuer, von bereits vorhandenen Blutgefäßen ausgehender Gefäße erfolgt ebenfalls durch Endothelzellen (Angiogenese).

Daher hat eine Funktionsstörung des Endothels (Endotheldysfunktion) stets gravierende pathologische Folgen. So wird eine Verletzung der Endothelzellschicht in der medizinischen Forschung als mögliche Ursache für die Bildung von Arteriosklerose vermutet (Response-to-injury-Hypothese). Ein früher Marker der Endotheldysfunktion ist der Nachweis geringer Mengen von Albumin im Urin (Mikroalbuminurie).

Verschiedene Arten des Endothels

Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Arten von Endothelen: das kontinuierliche, das fenestrierte und das diskontinuierliche Endothel. Die Durchlässigkeit der verschiedenen Endothelarten für die verschiedenen Stoffe im Blut nimmt in der genannten Reihenfolge zu.

Das kontinuierliche Endothel ist durch die Ausbildung von Tight Junctions in erster Näherung undurchlässig für im Blut gelöste Stoffe. (Ein Beispiel ist das Endothel der Blut-Hirn-Schranke.) Der dennoch notwendige Stoffaustausch zwischen Gewebe und Blut wird strikt durch hochselektive Transportmechanismen kontrolliert.

Das fenestrierte Endothel ist schon um einiges durchlässiger: Auch größere Moleküle passieren die „Fenster“ (lat. fenestra) im Endothel ohne Probleme. Diese Fenster sind im Durchmesser etwa 70 nm groß und besitzen – beim Menschen mit einer Ausnahme, der Niere – immer Diaphragmata (vorstellbar als Speichen), die die Durchlässigkeit für sehr große Moleküle und Zellen wieder ein wenig einschränken. Diese Endothelart besitzt eine kontinuierliche Basalmembran und kommt im Nierenglomerulus, im Darm sowie in endokrinen Drüsen vor.

Das diskontinuierliche Endothel ist sehr durchlässig; sogar Zellen können es passieren. Die Endothelzellen stehen zum Teil nicht in Kontakt miteinander, was große „Löcher“ in der Endothelwand zur Folge hat. Zusätzlich ist die Basalmembran teilweise oder komplett inexistent. (Ein Beispiel ist das Endothel der Leber.)

Quellen

  1. DFP-Allgemeinmedizin: Blutgerinnung. Paul Knöbl; Ärztemagazin Ausgabe 41/2006
  2. D. Chappell, M. Jacob et al.: Expedition Glykokalyx. Anästhesist 2008, Vol. 57: 959-969; Springer Medizin Verlag

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