Cellulase

Cellulase

Cellulase

nach PDB 3L55
Enzymklassifikationen
EC, Kategorie 3.2.1.4  Hydrolase
Reaktionsart Endohydrolyse von 1,4-β-D-glukosidischen Bindungen
Substrat Cellulose, Lichenin, & β-D-Glucane
EC, Kategorie 3.2.1.91Hydrolase
Reaktionsart Hydrolyse der 1,4-ß-D-glucosidischen Bindungen der Cellulose ausgehend vom nicht reduzierenden Ende der Cellulosekette
Substrat Cellulose
Produkte Cellobiose
EC, Kategorie 3.2.1.21Hydrolase
Reaktionsart Hydrolyse von 1,4-β-D-glukosidischen Bindungen
Substrat Cellobiose
Produkte beta-D-glucose
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Bakterien, Pilze

Cellulasen – auch selten Zellulasen geschrieben – sind Enzyme, die in der Lage sind, Cellulose zu ihrem Grundbaustein β-Glucose abzubauen.

Natürliches Vorkommen

Sie werden nur von einem kleinen Teil der Pflanzen abbauenden Organismen, v. a. bestimmten Einzellern (speziellen Bakterien und Flagellaten) sowie von holzabbauenden Organismen (vor allem von Pilzen) gebildet. Bei den bekannten "typischen" Pflanzenfressern der Vielzeller, auch der Wirbeltiere und Insekten, wurden bisher nirgendwo derartige eigene Enzyme gefunden. Bisher konnten nur bei steril gehaltenen Silberfischchen Zelluloseabbau [1] und bei einer in Käfern lebenden Fadenwurmart sogar entsprechende Gene [2] nachgewiesen werden.

Sowohl die Wiederkäuer als auch die Nichtwiederkäuer nutzen stattdessen die Hilfe von symbiotischen Bakterien und Flagellaten in speziellen Mägen oder Blinddärmen und können nur dadurch den Hauptanteil der Energie in pflanzlicher Nahrung nutzen.

Bestandteile

Die drei Hauptenzyme beim Abbau von Cellulose katalysieren drei Reaktionen: 1) Trennung nicht-kovalenter Bindungen zwischen den Fasern (Endocellulase); 2) Hydrolyse einzelner Fasern (Exocellulase); 3) Hydrolyse von Tetra- und Disacchariden (β-Glucosidase)

Die Gruppe der Cellulasen besteht aus drei verschiedenen Enzymtypen, deren Zusammenwirken eine rationelle Verdauung der riesigen Cellulosemoleküle (3- - 15-tausend verkettete Glucosemoleküle) ermöglicht:

1. Endoglucanasen (EC 3.2.1.4) spalten Cellulose in größere Abschnitte (sie können als einzige innerhalb der Celluloseketten arbeiten, aber nur innerhalb sogenannter amorpher Bereiche, wo die Cellulosemoleküle ungeordnet zueinander liegen und damit keine kristallinen Bereiche aufbauen). Dadurch erzeugen sie eine größere Anzahl von Kettenenden.

Viele Moleküle des 2. Enzyms, der Exoglucanasen (EC 3.2.1.91) können an diesen dann gleichzeitig - statt zeitraubend nur von einem Ende her - arbeiten und die Celluloseketten kontinuierlich verkürzen, indem sie immer zwei Zuckermoleküle als Doppelzucker (Disaccharid) Cellobiose abtrennen.

Die Moleküle des 3. Enzyms Cellobiase oder β-Glucosidase (EC 3.2.1.21) können dadurch wieder gleichzeitig arbeiten und als Abschluss des Zerlegungsprozesses schließlich die β-glycosidische Verbindung zwischen den beiden Glucose-Molekülen der Cellobiose hydrolysieren und damit die Glucose für weitere Stoffwechselprozesse (z.B. den Transport ins Blut bei der Verdauung) endgültig bereitstellen.

Verwendung und Gewinnung

Cellulasen haben mehrere kommerzielle Anwendungen in der Nahrungsmittel-, Waschmittel- und Textilindustrie. Zu diesem Zweck werden sie aus Kulturen (Submersfermentation) von Schimmelpilzen der Gattung Trichoderma, insbesondere T. reesei, isoliert. Diese kommen im Erdboden vor und gehören den Schlauchpilzen (Ascomycota) an.

In vielen Waschmitteln sind Cellulasen enthalten. In der Textilindustrie werden sie eingesetzt, um v. a. Jeansartikeln den beliebten „Used-Look“ zu geben. In der Verarbeitung von Kaffee werden sie zur Auflösung der Cellulose in den Bohnen während des Trocknungsvorganges verwendet. Des Weiteren werden Cellulasen für die Behandlung von Magen- oder Darmverschlüssen durch unverdautes Pflanzenmaterial (Phytobezoaren) und bei der Protoplastenisolierung aus Pflanzengeweben benutzt.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Heldmaier, Gerhard Neuweiler: Vegetative Physiologie. In: Vergleichende Tierphysiologie. Band 2. Springer, 2004, ISBN 3-540-00067-4, S. 327 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Käfer-Parasit mit ungewöhnlichen Genen: Genom des Fadenwurms Pristionchus pacificus entschlüsselt. g-o.de. 22. September 2008. Abgerufen am 1. Juli 2012.

Literatur

  • Chapin III, F.S., P.A. Matson, H.A. Mooney: Principles of Terrestrial Ecosystem Ecology. Springer-Verlag New York, NY. 2002
  • The Merck Manual of Diagnosis and Therapy, Chapter 24

Die News der letzten Tage

29.03.2023
Entwicklungsbiologie | Neurobiologie | Zytologie
Wenn Nervenzellen hungern
Die Entwicklung unseres Gehirns benötigt die richtigen Nährstoffe zur richtigen Zeit. Diese liefern die notwendige Energie für zelluläre Prozesse, die der Gehirnbildung zugrunde liegen. Was passiert aber, wenn diese Stoffe nicht verfügbar sind?
29.03.2023
Neurobiologie
Anders als gedacht: Gehirn verarbeitet Seheindrücke auch rückwärts
Warten wir auf der Straße auf jemanden, mit dem wir verabredet sind, erkennen wir die Person meistens oft schon von Weitem zwischen anderen Menschen.
28.03.2023
Mikrobiologie | Physiologie | Vogelkunde
Darmflora von Seevögeln durch Mikroplastik verändert
Je mehr Mikroplastik wilde Seevögel wie Eissturmvogel und Corysturmtaucher mit der Nahrung aufnehmen, desto stärker verändert sich die mikrobielle Vielfalt im Darm.
28.03.2023
Klimawandel | Ökologie
Frost im Frühling: Wie Bäume damit zurechtkommen
Durch den Klimawandel treiben viele Laubbäume früher aus, doch das Risiko von Spätfrösten im Frühjahr bleibt hoch und extreme Trockenphasen werden häufiger.
28.03.2023
Klimawandel | Primatologie
Klimawandel bedroht Lemuren auf Madagaskar
Mausmaki: Auch vermeintlich anpassungsfähige Säugetierarten haben ein erhöhtes Aussterberisiko.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
Gene für Augenfarbe wichtig für eine gesunde Netzhaut
Forscher untersuchten, wie vier Gene der Fruchtfliege Drosophila, die für die Farbgebung der Augen verantwortlich sind, auch für die Gesundheit des Netzhautgewebes essentiell sind.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
An der „Auferstehung“ sind viele Gene beteiligt
Manche Pflanzen können Monate ohne Wasser überleben, um dann nach einem kurzen Regenguss wieder zu ergrünen.
22.03.2023
Physiologie
Startschuß zur optischen Wahrnehmung
Forschende haben den molekularen Vorgang entschlüsselt, der als Allererstes im Auge abläuft, wenn Licht auf die Netzhaut trifft.
22.03.2023
Neurobiologie
Wettbewerb zwischen den Gehirnhälften im Schlaf
Der Mensch ist beidseitig symmetrisch: unser Gehirn besteht aus zwei Hälften, den so genannten Hemisphären.
22.03.2023
Neurobiologie | Physiologie
Warum wir von Schokoriegeln und Co. nicht die Finger lassen können
Schokoriegel, Chips und Pommes - warum können wir sie im Supermarkt nicht einfach links liegen lassen?
22.03.2023
Biochemie | Genetik | Zytologie
Aus Perspektive eines Ingenieurs ist Biologie chaotisch und unvollkommen
Der Vorteil von Redundanz in biologischen Systemen.
21.03.2023
Paläontologie
Neue Augen bei Trilobiten entdeckt
Wissenschaftler*innen der Universitäten Köln und Edinburgh entdecken bisher übersehene Augen bei Trilobiten.
21.03.2023
Bionik, Biotechnologie und Biophysik | Bioinformatik
Molekularbiologie trifft auf Quantenphysik
Biologische Systeme sind hochkomplex: Sie werden vor allem über genregulatorische Netzwerke gesteuert, in denen Gene, Proteine und RNA auf vielfältige Art interagieren.