Wie flexibel Orang-Utan-Mütter mit ihrem Nachwuchs kommunizieren



Bio-News vom 18.05.2022

Ein Forschungsteam hat Mutter-Kind-Interaktionen bei Orang-Utans untersucht und dabei besonderes Augenmerk auf individuelle Unterschiede und Flexibilität in den Kommunikationsstrategien von Orang-Utan-Müttern gelegt. Diese Strategien wurden in freier Wildbahn und im Zoo untersucht.

In ihrer Studie zeigen die Forschenden, dass die Affenmütter ihre Kommunikation sehr individuell an verschiedene soziale Kontexte anpassen. Unterschiede bestehen nicht nur in der Zusammensetzung ihres Gestenrepertoires, sondern auch in den kommunikativen Taktiken und den Reaktionen auf die Belange der Affenjungen. Orang-Utans sind in freier Wildbahn normalerweise einzeln oder in sehr kleinen Gruppen anzutreffen. Dauerhafte Bindungen gibt es nur zwischen Müttern und ihren Jungtieren. Dort besteht der Zusammenhalt dafür besonders lange: Bis zu neun Jahre bereitet eine Orang-Utan-Mutter ihr Kind auf das selbstständige Leben vor.


Während eine Orang Utan-Mutter vor allem dem Bettelverhalten ihres Jungtiers nachkommt, reagiert eine andere gleichbleibend auf die Forderungen ihres Jungtiers über alle sozialen Kontexte hinweg.

Publikation:


Fröhlich Marlen, van Schaik Carel P., van Noordwijk Maria A. and Knief Ulrich
Individual variation and plasticity in the infant-directed communication of orang-utan mothers
Proc. R. Soc. B. (2022)

DOI: 10.1098/rspb.2022.0200



„Für unsere Studie zur innerartlichen Kommunikation bei Menschenaffen eignet sich daher die Mutter-Kind-Beziehung bei Orang-Utans ideal“, erklärt Marlen Fröhlich und fährt fort: „Denn trotz ihres Rufs als ‚einsame Menschenaffen‘ verfügen Orang-Utans sowohl in Gefangenschaft als auch in freier Wildbahn über ein reichhaltiges Repertoire an taktilen und visuellen Gesten, die sie in einer Vielzahl sozialer Kontexte einsetzen.“

Fröhlich und ein Team aus der Schweiz und aus Deutschland haben nun untersucht, zu welchem Grad das kommunikative Verhalten von Orang-Utans zwischen einzelnen Individuen variiert und wie es gleichzeitig an unterschiedliche soziale Bedingungen angepasst wird. Sie erläutert: „Wir haben hierfür untersucht, wie sich die auf das Kind gerichteten Repertoires von Orang-Utan-Müttern unterscheiden. Dafür haben wir die Ähnlichkeit der Gesten zwischen einzelnen Müttern analysiert, die entweder in Gefangenschaft oder in freier Wildbahn leben.“ Zudem analysierte das Team, wie sich die Kommunikationsmuster der Orang-Utan-Weibchen in verschiedenen sozialen Kontexten, zum Beispiel beim Teilen von Nahrung oder im sozialen Spiel, verändern. Insgesamt 4.839 Videoaufnahmen von 13 Borneo-Orang-Utans (Pongo pygmaeus) und 13 Sumatra-Orang-Utans (Pongo abelii) werteten die Forscherinnen und Forscher hierfür aus.


Orang Utan-Affenmütter passen ihre Kommunikation sehr individuell an verschiedene soziale Kontexte an.

„Die Gesten sowohl von Borneo-Orang-Utan als auch von Sumatra-Orang-Utan-Müttern unterscheiden sich deutlich, wenn diese in unterschiedlichen Umgebungen leben. Dieser Befund deckt sich mit bisherigen Vergleichen von in freier Wildbahn und im Zoo lebenden Tieren. Überraschender ist, dass Orang-Utan-Mütter eine deutliche Verhaltensflexibilität auf individueller Ebene aufweisen. Sie kommunizieren in verschiedenen sozialen Kontexten unterschiedlich“, fasst die Tübinger Wissenschaftlerin zusammen und gibt ein Beispiel: „Während eine Mutter vor allem dem Bettelverhalten ihres Jungtiers nachkommt, reagiert eine andere gleichbleibend auf die Forderungen ihres Jungtiers über alle sozialen Kontexte hinweg.“

Die Forscherinnen und Forscher schlussfolgern daraus, dass bei Orang-Utans das kommunikative Verhalten und die soziale Reaktionsbereitschaft zwischen den Individuen variiert, dabei aber gleichzeitig auch flexibel ist. Orang-Utan-Mütter unterscheiden sich somit nicht nur in der Zusammensetzung ihres auf den Nachwuchs gerichteten Gestenrepertoires, sondern auch in den kommunikativen Taktiken, wie etwa bei gestischen Wiederholungen oder in Reaktion auf Forderungen ihrer Kinder.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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