Urzeit-Hai hielt seine grössten Zähne gut verborgen



Bio-News vom 18.11.2020

Manche, wenn nicht sogar alle Haie, die vor 300 bis 400 Millionen Jahren lebten, klappten ihre Kiefer nicht nur nach unten, sondern drehten sie zugleich gegen aussen. Dadurch konnten sie ihre grössten, schärfsten und nach innen gerichteten Zähne bei Fangen der Beute optimal zum Einsatz bringen. Dies zeigen Paläontologinnen und Paläontologen der Universitäten Zürich und Chicago mithilfe von Computertomografie und 3D-Druck.

Spitz, weiss und gefürchtet – die scharfen Zähne der Haie wachsen in mehreren Reihen kontinuierlich nach und sind bereits bei leicht geöffnetem Maul gut erkennbar. Das war nicht immer so. Bei den Vorfahren heutiger Knorpelfische, zu denen neben Haien auch Rochen und Chimären gehören, verlief der Zahnwechsel deutlich langsamer. Im geschlossenem Maul standen die älteren, kleineren und bereits abgenutzten Zähne senkrecht auf dem Kiefer, während die neueren, grösseren Zähne in Richtung Zunge wiesen und so meist gut versteckt waren.

Computertomografie ermöglicht Kiefer-Rekonstruktion

Die Beschaffenheit und Funktionsweise dieser eigentümlichen Kieferkonstruktion haben Paläontologinnen und Paläontologen der Universität Zürich zusammen mit Forschenden der Universität Chicago und dem Naturalis Biodiversity Center in Leiden anhand eines 370 Millionen Jahre alten Knorpelfischs aus Marokko untersucht. Mittels Computertomografie konnten sie den Kiefer nicht nur rekonstruieren, sondern auch dreidimensional ausdrucken. Dies ermöglichte ihnen, seine Funktionsweise nachzustellen und zu testen.


Bei den Vorfahren heutiger Haie standen die älteren, kleineren Zähne bei geschlossenem Maul senkrecht auf dem Kiefer, während die jüngeren, grösseren und schärferen Zähne gut versteckt in Richtung Zunge wiesen.

Publikation:


L. Frey, M. I. Coates, K. Tietjen, M. Rücklin and C. Klug
A symmoriiform from the Late Devonian of Marocco demonstrates a derived jaw function in ancient chondrichthyans
Communications Biology. 17 October 2020

DOI: 10.1038/s42003-020-01394-2



Dabei stellte sich heraus, dass die beiden Unterkiefer-Seiten anders als beim Menschen nicht in der Mitte verschmolzen sind. Dies ermöglichte es den Tieren, die Kieferhälften nicht nur nach unten zu klappen, sondern sie zugleich automatisch auch nach aussen zu drehen. «Durch diese Drehung stellen sich die jüngeren, grösseren und spitzeren Zähne auf, die normalerweise ins Innere des Maules zeigten. So konnte die Beute besser aufgespiesst werden», erläutert Erstautorin Linda Frey. «Mit der Innendrehung beim Schliessen der Kiefer ziehen die Zähne den Fang dann gleich ein Stück weit ins Maul hinein.»

Verbreitetes Kiefergelenk im Erdaltertum

Dies hatte nicht nur den Vorteil, dass die grösseren, nach innen gerichteten Zähne gebraucht werden konnten. Es ermöglichte auch das sogenannte Saugschnappen, wie Frey erläutert: «In Kombination mit der Auswärtsbewegung bewirkte das Öffnen der Kiefer einen Wasserstrom nach innen, das Schliessen einen mechanischen Zug, um die Beute gleichzeitig sicher festzuhalten und ruhigzustellen.»

Weil knorpelige Skelette kaum mineralisiert und als Fossilien meist nicht so gut räumlich erhalten sind, blieb diese Kieferkonstruktion über lange Zeit unerkannt. «Das von uns beschriebene, hervorragend erhaltene Fossil ist eine Ausnahmeerscheinung», betont UZH-Paläontologe und Letztautor Christian Klug. Er und sein Forschungsteam gehen davon aus, dass der von ihnen untersuchte Kiefergelenkstyp im Erdaltertum eine wichtige Rolle gespielt hatte. Mit einem schnelleren Zahnwechsel ging er im Laufe der Evolution jedoch verloren und wurde durch die oft eigenartig konstruierten und komplexeren Kiefer moderner Haie und Rochen ersetzt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Zürich via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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