Saisonale Klimaeffekte beeinflussen das Schicksal der Erdmännchen



Bio-News vom 13.02.2019

Bedroht ein trockeneres und heisseres Klima die Erdmännchen in der Kalahari-Wüste? Forschende der Universitäten Zürich und Cambridge zeigen, dass der Klimawandel einen Einfluss auf den Fortbestand der Erdmännchen haben wird. Schlüsselfaktoren sind dabei die saisonalen Niederschläge und Temperaturen.

Der Klimawandel wirkt sich besonders stark in trockenen Umgebungen aus, in denen Ressourcen knapp und nur saisonal verfügbar sind. Die demographischen Mechanismen, mit welchen das saisonale Klima den Fortbestand einer Population beeinflusst, sind jedoch weitgehend unbekannt. Anhand detaillierter lebensgeschichtlicher Daten, die zwischen 1997 und 2016 monatlich vom Kalahari Meerkat Project erhoben wurden, haben Wissenschaftler der Universitäten Zürich und Cambridge nun untersucht, wie Erdmännchen auf zukünftige, saisonale Veränderungen von Niederschlägen und Temperaturen reagieren könnten.

Erdmännchen (Suricata suricatta) sind sehr soziale Tiere, die sich in der Gruppe um die Nachkommen kümmern. Ein dominantes Weibchen ist für den Grossteil der Fortpflanzung zuständig, untergeordnete Weibchen helfen bei der Aufzucht ihrer Nachkommen. Veränderungen im physischen und sozialen Umfeld beeinflussen das Schicksal der Erdmännchen. So verbessern beispielsweise feuchte und warme Bedingungen zu Beginn des Sommers die Entwicklung, das Überleben und die Fortpflanzung der Tiere. Im Gegensatz dazu beeinträchtigen hohe Populationsdichten und kalte Winter das individuelle Wachstum und Überleben.


Erdmännchen kümmern sich in der Gruppe um die Nachkommen. Ein dominantes Weibchen ist für die Fortpflanzung zuständig, untergeordnete Weibchen helfen bei der Aufzucht ihrer Nachkommen.

Publikation:


Maria Paniw, Nino Maag, Gabriele Cozzi, Tim Clutton-Brock, Arpat Ozgul
Life history responses of meerkats to seasonal changes in extreme environments
Science 363, 631-635, 7 February 2019

DOI: 10.1126/science.aau5905



Saisonale Dynamik ist wichtig

Es ist zu erwarten, dass die Kalahari-Wüste im südlichen Afrika durch den Klimawandel trockener und wärmer wird. Die neue Studie untersucht, wie sich steigende Sommertemperaturen und Schwan-kungen der Niederschlagsmengen auf die Körpermasse und das Wachstum von Erdmännchen aus-wirken. Sie zeigt auf, wie dies zu niedrigeren Fortpflanzungsraten und Überlebenschancen führt. Dies ist jedoch nicht das einzige Ergebnis der Studie.

«Neben der gängigen Modellierung der durchschnittlichen jährlichen Dynamik haben wir uns die saisonalen Effekte genauer angesehen und ein spezifisches Klimamodell entwickelt», sagt Maria Paniw vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich. «Und hier zeigt sich ein viel komplexeres Bild: Die saisonalen Klimaeffekte sind äusserst wichtig. Verbessern sich die Bedingungen in einer Saison, kann dies schlechteren Voraussetzungen in der nächsten Saison teilweise entgegenwirken.»

Heissere Winter können negative Auswirkungen mildern

Das Team verknüpfte die beobachteten Veränderungen in Wachstum, Überleben und Fortpflanzung der Erdmännchen mit den registrierten saisonalen Niederschlägen und Temperaturen. Dann projizierten die Wissenschaftler die Populationsdynamik 50 Jahre in die Zukunft und erstellten verschiedene Szenarien, basierend auf einem Bericht zum Klimawandel des US National Center for Atmospheric Research (NCAR).

Die Daten zeigen, dass insbesondere die kombinierten Effekte von heisseren und trockeneren Sommern den Fortbestand der Erdmännchen gefährden. In den Prognosen der Studie werden weniger Nachkommen geboren, wodurch auch weniger Helfer bei der Aufzucht weitere Generationen zur Ver-fügung stehen. In diesem Szenario bricht die Population ein und das Risiko des Aussterbens der Erdmännchen ist höher.

Wenn die Winter auch wärmer werden, werden die negativen Auswirkungen von weniger Niederschlägen im Sommer gemildert. Die Erdmännchen nehmen wieder an Gewicht zu und die Fortpflan-zungsrate steigt. Die Berücksichtigung dieser saisonalen Veränderungen führt so zu einem anderen Szenario: Die Erdmännchen würden wahrscheinlich nicht aussterben und wohl noch in 50 Jahren in der Kalahari leben.

Zusammenhang zwischen Saisonalität und Populationsdynamik

«Die Auswirkungen einer Umweltveränderung auf eine Population hängen davon ab, wie Individuen mit ihrer biologischen und physischen Umgebung interagieren und wie sich dies im Laufe der Zeit verändert. Unsere Studie zeigt, dass wir diese Interaktionen genau identifizieren müssen – insbesondere wie die Jahreszeiten variieren. Nur so können wir die Anfälligkeit einer Population gegenüber dem Klimawandel vorhersagen», sagt Arpat Ozgul, Letztautor der Studie und Professor für Populati-onsökologie am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der UZH.

Professor Tim Clutton-Brock von der University of Cambridge und Gründer des Kalahari Meerkat Project ergänzt: «Unsere Arbeit unterstreicht die Bedeutung langfristiger Studien, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken. Nur wenn solche Daten vorliegen, ist es möglich, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Tierpopulationen zu bewerten und die dafür verantwortlichen ökologischen Mechanismen zu verstehen.»

Weitere Studie zur Ab- und Einwanderung von Erdmännchen

Die Ab- und Einwanderung von Individuen sind Schlüsselprozesse, die das Wachstum von sozial und räumlich strukturierter Populationen beeinflussen. Wandern einzelne Tiere aus ihrem angestammten Geburtsgebiet ab, ist dies für sie mit einem hohen energetischen Aufwand verbunden. Denn sie be-wegen sich in unbekanntem Gebiet und müssen um einen geeigneten Brutplatz konkurrieren. Die genaue Evaluation des energetischen Aufwandes während der Abwanderung ermöglicht ein besse-res Verständnis dieses wichtigen Ereignisses. Forschende der Universität Zürich rüsteten Erdmänn-chen, die aus ihrer Geburtsgruppe abwanderten, mit GPS-Halsbändern aus. So fanden sie heraus, dass die Tiere an Körpermasse verloren und sich der Stresspegel erhöhte. Die Studie wurde gemein-sam mit Wissenschaftlern aus Cambridge, Victoria, Pretoria und dem Deutschen Primatenzentrum durchgeführt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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