Getreidelagerung: Naturstoffe wirksamer als chemische Insektizide



Bio-News vom 21.01.2021

Senckenberg-Wissenschaftler Thomas Schmitt hat die Wirksamkeit von Kieselerde und einem parasitischen Pilz als Schutz vor Schadinsekten an Getreide im Vergleich zu einem chemischen Insektizid untersucht. Gemeinsam mit Kollegen aus Pakistan und Griechenland zeigt er in einer Studie, dass bei einer Getreidelagerung von über 150 Tagen die natürlichen Schädlingsbekämpfungsmittel die effektivsten Ergebnisse erzielen.

Über 760 Millionen Tonnen Weizen wurden im letzten Jahr weltweit geerntet. Ein großer Teil dieses Getreides wird – oft über Monate – eingelagert. „Hierbei ist es entscheidend, dass das Korn vor Schadinsekten geschützt ist“, erklärt Prof. Dr. Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg und fährt fort: „Aktuell löst man diese Herausforderung häufig mit chemischen Insektiziden wie Imidacloprid, einem systemischen Insektizid aus der Gruppe der Neonicotinoide. Dieses wird seit Anfang der 1990er Jahre im industriellen Maßstab hergestellt und in etwa 120 Ländern der Erde für die ‚Beizung’ von Zucker- und Futterrüben, Getreide, Kartoffeln, Mais und Zwiebeln eingesetzt.“


Getreidekapuziner Rhyzopertha dominica nach der Behandlung mit Kieselerde.

Publikation:


Wakil, W., Schmitt, T. & Kavallieratos, N.G.
Persistence and efficacy of enhanced diatomaceous earth, imidacloprid, and Beauveria bassiana against three coleopteran and one psocid stored-grain insects
Environ Sci Pollut Res (2021)

DOI: 10.1007/s11356-020-12304-8



Gemeinsam mit Erstautor Prof. Dr. Waqas Wakil von der University of Agriculture in Pakistan hat Schmitt nun im Laborversuch den Einsatz zweier Naturstoffe als Alternative zu dem Insektizid getestet, das unter anderem im Verdacht steht sich schädigend auf Vögel und Bienen auszuwirken. „Wir haben die Behandlung mit Kieselerde, dem Insekten tötenden Pilz Beauveria bassiana und dem Insektizid Imidacloprid sowie Zweier-Kombinationen dieser drei Schutzmittel über verschiedene Zeiträume getestet und verglichen wie viele und welche Schadinsekten nach der Behandlung überlebten“, berichtet Wakil. Die aus fossilen Kieselalgen (Diatomeen) gewonnene Kieselerde wird traditionell zur Kräftigung von Haaren und Nägeln als Nahrungsergänzungsmittel genutzt.

„Für Insekten ist diese Substanz aber sehr unangenehm: Sie nimmt durch direkten Kontakt Fettmoleküle von den Oberflächen der Insekten auf, was zu deren Tod durch Austrocknung führt. Auch verletzten die spitzen Kristalle vor allem die weichhäutigen Larven, aber auch die robusteren erwachsenen Tiere“, ergänzt der dritte Autor der Studie, Prof. Dr. Nickolas Kavallieratos von der Landwirtschaftlichen Universität Athen. Die Sporen des eingesetzten Beauveria-Pilzes haften an der Haut der Schadinsekten, dringen nach der Keimung in den Wirt ein und breiten sich dort aus, was zum Tod des infizierten Individuums führt; für Wirbeltiere sind diese Pilze absolut ungefährlich.

In verschiedenen zeitlichen Abständen wurde die Wirksamkeit der drei Stoffe auf den Rotbraunen Reismehlkäfer (Tribolium castaneum), den Getreidekapuziner (Rhyzopertha dominica), den Rotbraunen Leistenkopfplattkäfer (Cryptolestes ferrugineus) und die Staublaus Liposcelis paeta untersucht.

„Die Kombination der verschiedenen Wirkstoffe – Insektizid und Pilz sowie Kieselerde und Pilz – führte zu einem besseren Ergebnis, als der Einsatz eines einzelnen Mittels“, erläutert der Müncheberger Insektenforscher die Laborergebnisse und ergänzt: „Dies war zu erwarten. Überrascht hat uns aber die Langzeitwirkung der eingesetzten Präparate!“ Während zu Beginn der Testreihe die Kombination von Imidacloprid und Beauveria bassiana die beste Wirkung gegen die Schadinsekten zeigte, lag nach 100 Tagen Getreidelagerung diese Kombination gleichauf mit der Verknüpfung von Kieselerde und Pilzen. „Ab einer Lagerungsdauer von 150 bis 180 Tagen war der mit Kieselerde und Beauveria behandelte Weizen sogar am wenigsten mit Schädlingen befallen! Getreide wird häufig über ein halbes Jahr gelagert – die von uns getesteten, natürlichen Schädlingsbekämpfungsmittel könnten demnach eine gute Alternative zu chemischen Insektiziden sein“, gibt Schmitt einen Ausblick.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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