Genom von Hydra oligactis: Die Sterbliche unter Unsterblichen



Bio-News vom 09.03.2023

Eine Hydra aus dem Piburger See in Tirol könnte neue Erkenntnisse über diese außergewöhnlichen Tiere liefern. Die Erbinformation des Süßwasserpolypen der Art Hydra oligactis wurde am Institut für Zoologie der Universität Innsbruck zum ersten Mal vollständig entschlüsselt. Diese Leistung der Arbeitsgruppen von Bert Hobmayer und Peter Ladurner ist deswegen so interessant, weil Hydra oligactis sich in einer Eigenschaft grundlegend von anderen Hydrenarten unterscheidet: Sie kann sterben.

Die Hydra ist auf den ersten Blick ein unscheinbares Tier. Am Ende eines länglichen, nur wenige Millimeter langen Körpers sitzen mehrere Tentakel. Was sie für die Forschung so interessant macht, ist, dass sie als praktisch unsterblich und frei von Tumorbildung gilt. Hydren erneuern permanent ihr Gewebe, können Körperteile nachwachsen lassen oder aus einzelnen Zellen einen ganzen Organismus neu ausbilden.


Hydra oligactis.

Publikation:


Cazet JF, Siebert S, Little HM, Bertemes P, Primack AS, Ladurner P, Achrainer M, Fredriksen MT, Moreland RT, Singh S, Zhang S, Wolfsberg TG, Schnitzler CE, Baxevanis AD, Simakov O, Hobmayer B, Juliano CE
A chromosome-scale epigenetic map of the Hydra genome reveals conserved regulators of cell state
Genome Res 33(2):283-298 (2023)

DOI: 10.1101/gr.277040.122



Stressbedingte Alterung liefert Antworten

Die Arbeitsgruppe von Bert Hobmayer forscht am Institut für Zoologie der Universität Innsbruck schon lange an diesen Lebewesen, unter anderem wurden zuletzt die Entstehung ihrer Körperachse und der Differenzierungsweg ihrer Stammzellen beschrieben. Nun konnte das Innsbrucker Team die gesamte Erbinformation von Hydra oligactis mithilfe der neuesten DNA-Sequenzierungstechnologie, dem Oxford Nanopore Sequencing, bestimmen und analysieren. Dies war die letzte Hydrenart, deren Genom bisher noch nicht vollständig bekannt war. Die Ergebnisse sind deswegen so interessant, weil Hydra oligactis, im Gegensatz zu allen anderen Hydrenarten, Tumore ausbilden und sterben kann.


Eine knospende Hydra unter dem Mikroskop

„Die Hydra, die wir untersucht haben, stammt aus dem Piburger See in Tirol“, erzählt Bert Hobmayer. „Für unsere Analyse haben wir ein Exemplar ausgewählt, das besonders starke Anzeichen von stressbedingter Alterung gezeigt hat. Dieses Tier wurde im Labor klonal vervielfältigt. Nun, da wir das Genom von Hydra oligactis genau kennen, können wir viel präziser untersuchen, welchen Beitrag einzelne Gene zum stress-induzierten zellulären Altern in diesen Tieren leisten. Diese molekularen Prozesse können wir dann vergleichend in anderen Arten untersuchen, deren Zellen nicht altern und die nicht sterben.“

Die verwendete Sequenzierungsmaschine ist so kompakt, dass sie auf eine Handfläche passt

Genetische Mechanismen entschlüsselt

Die Arbeit der Innsbrucker Forscherinnen und Forscher war Teil eines internationalen Projektes unter der Leitung von Celina Juliano an der University of California in Davis, dessen Ergebnisse letzte Woche als Cover-Story im Fachjournal Genome Research veröffentlicht wurden. Ein internationales Team hat darin zum ersten Mal in umfassender Weise die Prinzipien der Genregulation in Hydren untersucht.

Die Stammzellen des Süßwasserpolypen sind bereits eingehend erforscht worden und liefern wertvolle Informationen dazu, wie Gewebezellen sich aus Stammzellen differenzieren. Allerdings war bisher nur wenig über die genetischen Mechanismen bekannt, durch die diese Stammzellen sich erhalten und sich ausdifferenzieren.

Das Forschungsteam hat nun das Wissen um den genetischen Aufbau verschiedener Hydrenarten grundlegend erweitert. Neben Hydra oligactis wurde auch das Genom einer weiteren Hydrenart sequenziert, die Genaktivierung einzelner Zellen untersucht und katalogisiert, sowie das gesamte Epigenom von Hydra analysiert. Mit dem Epigenom sind chemische Markierungen und Modifikationen an der DNA gemeint, die auch umweltbedingt auftreten können. Diese beeinflussen, welche Gene häufiger ausgelesen werden und welche seltener. Damit hat das Epigenom eine große Auswirkung auf die Entwicklung von Zellen und von Krankheiten wie z.B. Krebs. Die gewonnenen Daten bilden eine wichtige Grundlage, um die Stammzellen, die Regeneration und das Altern der Hydren weiter zu erforschen


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Innsbruck via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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