Genetisches Geheimnis der Ackerbohne gelüftet



Bio-News vom 09.03.2023

Die Ackerbohne, Vicia faba, weist mit ihren proteinreichen Samen ein hohes Potential für die Proteinerzeugung in den ermäßigten Klimazonen Mitteleuropas auf. Die proteinreiche Pflanze verfügt über eines der größten Chromomen der Welt – Neue Ansatzpunkte für Anpassung an den Klimawandel

Als insektenfreundliche Leguminose mit geringem Düngungsbedarf trägt sie zudem zur Erhöhung der Nachhaltigkeit und Biodiversität in der Landwirtschaft bei. Jedoch gilt sie als besonders empfindlich für Dürre und Hitze, die infolge des Klimawandels der europäischen Landwirtschaft zunehmend zusetzen. In dieser Hinsicht konnten leider bei der Ackerbohne, im Vergleich zu bedeutenderen Kulturpflanzen wie Mais, Weizen oder Raps, in den vergangenen Jahrzehnten nur geringe Zuchtfortschritte verzeichnet werden. Das lag unter anderem auch daran, dass es an Voraussetzungen und Ressourcen für den Einsatz moderner Züchtungsmethoden fehlte.


Besonders proteinreich: Die Ackerbohne, deren Genom jetzt vollständig sequenziert wurde.

Publikation:


Jayakodi, M., Golicz, A.A., Kreplak, J. et al.
The giant diploid faba genome unlocks variation in a global protein crop
Nature (2023)

DOI: 10.1038/s41586-023-05791-5



Ein großes Hindernis stellte dabei das enorme Genom der Ackerbohne dar. Zwar besteht dies aus nur sechs Chromosomenpaaren – im Vergleich besitzen Menschen, mit 23 Paaren, fast die vierfache Chromosomenzahl. Jedoch besitzt allein nur eins der sechs Ackerbohnenchromosomen, mit fast 4 Milliarden Basenpaaren, mehr DNA als das gesamte Humangenom, womit es zu den größten bekannten Chromosomen überhaupt zählt. Die vollständige Sequenzierung des Ackerbohnengenoms galt daher lange Zeit als nahezu unmöglich.



Mit Hilfe neuester DNA-Sequenzierungstechnologien ist es nun aber einem internationalen Forschungskonsortium doch noch gelungen, das Genom mit erstaunlicher Präzision zu Entschlüsseln. Das Erfolgserlebnis hat das Konsortium, unter Anleitung dänischer und deutscher Pflanzengenetikerinnen und -genetiker, kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht. Einen wesentlichen Beitrag daran hatte die Agrarbioinformatikerin Dr. Agnieszka Golicz, Sofia-Kovalevskaya-Gruppenleiterin an der Professur für Pflanzenzüchtung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und eine von drei Hauptautorinnen bzw. -autoren der Studie. Ihr ist es gelungen, das vollständig Genom der modernen Ackerbohnensorte „Tiffany“ aus langen Sequenzstücken zusammen zu stückeln und mit dem Genom einer älteren Sorte, das parallel sequenziert wurde, im Detail zu vergleichen. Mit Hilfe dieses Vergleichs konnte das Konsortium unter anderem auch entscheidende Gene aufdecken, die für wichtige Merkmale wie Samengröße und Inhaltsstoffe kodieren.


Im Feld.

Neben der enormen Größe zeichnete sich das Ackerbohnengenom auch durch einige überraschenden Eigenschaften aus. Insbesondere wurde eine rasante, fortschreitende Ausbreitung so genannter Transposons festgestellt. Diese kurzen Sequenzelemente – auch bekannt als „springende Gene“ – verursachen offensichtlich unerwartet oft Verdopplungen oder das Löschen von Ackerbohnengenen. Da Genkopien und fehlende Gene häufig neue Diversität für die evolutionäre Anpassung verursachen – etwa an Klimaänderungen – können sie auch züchterisch sehr relevant sein.

Darüber freut sich auch Prof. Dr. Rod Snowdon, Professor für Pflanzenzüchtung an der JLU und ebenfalls an der Studie beteiligt: „Die Ackerbohnenzüchtung war bislang besonders langwierig und schwer, weil Genomressourcen und -daten für die gezielte Selektion mit modernen Methoden nicht zur Verfügung standen. Mit der Bereitstellung des Genoms sind wir nun in der Lage, Ackerbohnen für die Herausforderungen des Klimawandels zielgerichteter zu züchten und den Anbau als wertvolle, heimische Pflanzenproteinquelle in Zukunft zu sichern“.

Auf der Grundlage dieses Erfolges hat das Forschungsteam der JLU nun in weiterführenden Forschungsprojekten viel vor. In einem neuen Forschungsvorhaben zielt Agnieszka Golicz nun auf die Entschlüsselung der Genome von vielen weiteren Ackerbohnensorten, um die speziesweite Diversität zu erfassen. Und im neuen Internationalen Graduiertenkolleg „Beschleunigung des Zuchtfortschrittes“, das 2023 an der JLU in Zusammenarbeit mit der Universität Queensland, Australien startet, steht die Ackerbohne als Beispielpflanze mit erheblichem Züchtungsbedarf ebenfalls im Mittelpunkt. Vor wenigen Jahren, bei fehlenden Genominformation, fast undenkbar.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Justus-Liebig-Universität Gießen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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