Für Weinliebhaber: Roter Riesling entstand aus Weißem Riesling



Bio-News vom 10.05.2022

Die Erbinformation für die Riesling-Rotfärbung ist auf dem Chromosomensatz des weißbeerigen Elter "Weißer Heunisch" verortet. Mutation des Farbgens muss daher im Weißen Riesling stattgefunden haben.

Die Vorfahren der heutigen kultivierten Rebsorten (Vitis vinifera) sowie fast alle wilden Vitis-Arten haben zum Zeitpunkt der Reife dunkle Beeren. Daher wurde auch bei der Weißwein-Rebsorte `Weißer Riesling` (RW), landläufig schlicht Riesling genannt, angenommen, dass diese weißbeerige Kulturform aus dem rotbeerigen Zwilling ´Roter Riesling´(RR) entstanden ist. Eine Studie des JKI-Fachinstituts für Rebenzüchtung widerlegt nun, wovon die Fachwelt lange Zeit ausging: „Da man immer wieder spontane Mutationen der roten Traube zu weißen Beeren beobachtete, jedoch nie umgekehrt, nahm man an, dass der `Rote Riesling` die ursprüngliche Rebsorte ist“, so Dr. Franco Röckel vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Siebeldingen. „Doch die Untersuchung der Chromosomensätze (Haplophasen) des ´Roten Riesling`-Genoms gaben uns letztendlich Gewissheit: Die Haplophase, die in der roten Sorte zur Farbe führt, stammt ursprünglich von dem weißbeerigen Elternteil. Folglich muss die Mutation zu Rot im ‘Weißen Riesling‘ passiert sein.“


Namenszwillige mit Farbunterschied: die Weißwein-Rebsorten Weißer und Roter Riesling.

Publikation:


Franco Röckel, Carina Moock, Florian Schwander, Erika Maul, Reinhard Töpfer and Ludger Hausmann
A 69 kbp Deletion at the Berry Color Locus Is Responsible for Berry Color Recovery in Vitis vinifera L. Cultivar ‘Riesling Rot’
Int. J. Mol. Sci. 2022, 23(7), 3708

DOI: 10.3390/ijms23073708



Die Eltern der Riesling-Rebe sind der weißbeerige ‘Weißer Heunisch‘ und vermutlich ein Sämling von ‘Traminer‘ und V. sylvestris mit unbekannter Beerenfarbe. Daher hätte die rote Farbe theoretisch von dem zweiten Elternteil herrühren können. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Geilweilerhof in Siebeldingen untersuchten zunächst zwei Gene (VvmybA1 und VvmybA2), von denen bekannt ist, dass sie die Farbgebung dunkler Weinbeeren regulieren. In weißen Rebsorten sind diese Genabschnitte verändert (mutiert). Daher bilden sie zu Reifebeginn keine Farbpigmente (v.a. Anthocyane) in den Beeren aus.Die Ergebnisse der PCR-Tests und Sequenzierungen des ´Roten Rieslings´ überraschten jedoch: Keines der beiden bekannten Gene VvmybA1 und VvmybA2 war für die rote Farbe der Trauben verantwortlich.


Lockte die Fachwelt zunächst auf die falsche Fährte: die spontane Rückmutation des Roten Riesling zu teilweise weißen Trauben.

Um den unbekannten Genort für die Farbbildung eingrenzen zu können, erzeugte Dr. Franco Röckel mithilfe von Selbstbefruchtung RW und RR-Sämlinge, deren Farbausprägung auf beiden Chromosomen identisch codiert ist (homozygote Allele). Bei den anschließend durchgeführten PCR-Tests fand man ein neues Produkt, das sich bei genaueren Untersuchungen als eine bisher unbekannte VvmybA-Genvariante (VvmybA3/1RR) herausstellte. Diese Genvariante ist ebenfalls in der Lage, die Farbbildung bei der Beerenreife einzuleiten. Um zu klären, von welchem Elternteil die mutierte Haplophase abstammt, analysierte der JKI-Wissenschaftler die reinerbigen RR-Nachkommen mit Hilfe sogenannter SSR-Marker (Mikrosatelliten). Diese charakteristischen Gensequenzen, die einem genetischen Fingerabdruck entsprechen, erlauben die eindeutige Zuordnung zu dem RW-Elter ‘Weißer Heunisch‘. Folglich muss VvmybA3/1RR durch eine Mutation im ‘Weißen Riesling‘ entstanden sein, da weder eine vergleichbare rote Heunisch-Farbmutante heutzutage bekannt ist, noch in der Vergangenheit beschrieben wurde, die die Mutation hätte vererben können.

Alle rund 17 untersuchten ‘Riesling Rot‘-Klone der Studie weisen dieselbe Mutation auf. Die JKI-Forschenden gehen deshalb davon aus, dass die Mutation einmalig in RW entstanden und folglich auf eine mutierte Pflanze zurückzuführen ist.

Weshalb aber ‘Riesling Rot‘ immer wieder zu weiß zurückmutiert, bleibt ungeklärt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Julius Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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