Fingerabdruck


Fingerabdruck

Der Fingerabdruck (oder das Daktylogramm) ist ein Abdruck der Papillarleisten am Endglied eines Fingers (Fingerkuppe bzw. Fingerbeere). Da bisher keine zwei Menschen mit dem gleichen Fingerabdruck bekannt sind, geht man von der Einzigartigkeit des Fingerabdrucks aus. In sehr seltenen Fällen fehlen den Fingern infolge eines genetischen Defekts die Papillarleisten und hinterlassen damit keine Abdrücke (Adermatoglyphie).

Minutien

Als Minutien (lat. Minuzien = „Kleinigkeiten“) werden die Endungen und Verzweigungen der Papillarleisten des menschlichen Fingerabdrucks bezeichnet. Diese charakteristischen Punkte der Hautrillen sind für jeden Menschen und Finger einmalig. Sie sind unveränderlich, außer durch Verletzungen oder mutwillige Einwirkungen des Menschen. Deshalb können sie in den meisten Fällen für die Authentifizierung mittels Fingerabdruck-Erkennung genutzt werden. Zur Extrahierung der Minutien wird ein spezieller Algorithmus verwendet, durch den die Minutien in eine mathematische Form gebracht werden. Aus dem vom Fingerabdruckscanner gelieferten Bild werden für jeden Fingerabdruck spezifische Daten gesammelt. Ein konkreter Fingerabdruck ist aus den Minutiendaten nicht mehr rekonstruierbar.

Für die Authentifizierung werden mehrere Minutien mit vorhandenen Referenzdaten verglichen. Mit dem biometrischen Fingerabdruckverfahren (Daktyloskopie) werden Fingerabdrücke verglichen, um Personen eindeutig identifizieren zu können.

Da die Minutienausbildung das Ergebnis eines zufälligen Prozesses ist, haben selbst eineiige Zwillinge unterschiedliche Fingerabdrücke.[1] Jeder Mensch besitzt einen Fingerabdruck, der sich erst beim Wachstum der Finger herausbildet. Dieser Prozess ist erst am Ende der Kindheit abgeschlossen. Ausnahmsweise kann durch wenige Anomalien auch kein Fingerabdruck entstehen. [2]

Man unterscheidet verschiedene Merkmale des Fingerabdrucks:

  • Grundmuster
  • grobe Merkmale: Schleifen, Bögen, Windungen
  • feinere Merkmale: Minutien
  • Porenstruktur

Kriminalistik

In der Kriminalistik werden am Tatort gefundene Fingerabdrücke eines Verdächtigen mit einer Datenbank abgeglichen, um den Verdächtigen zu identifizieren. Das deutsche Bundeskriminalamt führt eine AFIS-Datenbank mit den Fingerabdrücken von über drei Millionen Personen. Der Abgleich von Fingerabdrücken mit großen Datenbeständen wurde erst durch das Aufkommen leistungsfähiger Computer und genauer mathematischer Beschreibungen der Eigenschaften eines Fingerabdrucks möglich.

Als Erfinder der Identifizierung von Personen durch Fingerabdrücke gelten der englische Naturwissenschaftler Francis Galton und der argentinische Kriminologe Juan Vucetich. Die Sicherung von Fingerabdrücken mit Hilfe der sogenannten „Lackfilm-Methode“ geht zurück auf den Geologen Ehrhard Voigt, der sie um 1930 erfand, um Boden- und Sedimentprofile zu konservieren.

Die Verwendung von Fingerabdrücken in der Kriminalistik ist zum Teil kontrovers. Da Fingerabdrücke in keiner Naturwissenschaft (Biologie, Anthropologie) eine direkte Anwendung finden, wurde die Verwendung von Fingerabdrücken schon früh von der Kriminalistik monopolisiert. Deshalb ist die Frage berechtigt, ob der Vergleich von Fingerabdrücken naturwissenschaftlichen Kriterien standhält.[3] Im Vergleich zu DNA-Profilen oder Spuren-Analysen mit Gaschromatographie-Geräten, wo die Wahrscheinlichkeit eines Fehlschlusses bekannt ist, gibt es zur Zuverlässigkeit von Fingerabdruck-Vergleichen erst wenige Studien. Es sind fehlerhafte Zuordnungen von Fingerabdrücken bekannt geworden. Dies wird auf methodische Mängel zurückgeführt, wie z.B. einen Zirkelschluss von Merkmalen des Referenz-Abdrucks auf den Tatort-Fingerabdruck. [4]

Seit 1923 gibt es in den USA den sogenannten „Frye-Standard“, mit dem geprüft wird, welche wissenschaftlichen Beweisführungen vor Gericht zulässig sind. Gemäß Frye muss eine Methode bloß im relevanten Fachgebiet (z. B. Kriminalistik) „generell akzeptiert“ sein, was zum Beispiel die Verwendung von Polygrafen-Ergebnissen in Strafverfahren ermöglichte.

Im Verfahren Daubert vs. Merrell Dow Pharmaceuticals (1993) vor dem U.S. Supreme Court wurde der Frye-Standard jedoch als ungenügend empfunden und durch den sogenannten „Daubert-Standard“ ersetzt. Dieser verlangt nicht nur die Anerkennung im betreffenden Fachgebiet, sondern unter anderem auch eine gefestigte Kenntnis darüber, wie hoch die Fehlerrate des betreffenden Verfahrens ist. Der Anteil falsch-positiver Ergebnisse in Fingerabdruck-Vergleichen wird in dieser Hinsicht am wichtigsten sein. Wie der Daubert-Standard von den Gerichten umgesetzt wird, ist von Bedeutung für den Fingerabdruck als Beweismittel.

Weitere Anwendungen

In Frankreich wurde das System Oscar (Outil simplifié de contrôle des aides au retour - deutsch: vereinfachtes System zur Kontrolle der Hilfen zur Rückkehr) durch eine Verordnung vom 26. Oktober 2009 eingerichtet, mit einer Datenbank, in der die Namen von Personen geführt werden, die im Rahmen organisierter Abschiebungen Beträge der aide au retour humanitaire (ARH) erhalten haben. Ab September 2010 werden dort zusätzlich Fingerabdrücke geführt.[5]

Biometrie

Hersteller von biometrischen Systemen setzen den Fingerabdruck, der zumeist optisch oder elektrisch (z. B. kapazitiv) gelesen wird, ebenfalls zur Identifikation ein, um berechtigte von unberechtigten Nutzern zu unterscheiden. Um bei imitierten Fingerabdrücken den Zugang zu verweigern, können Temperatur- und Pulssensoren in die Erkennungsgeräte integriert werden, die prüfen, ob ein lebender Finger auf das Gerät aufgelegt wurde („Lebenderkennung“), was ersichtlich nur begrenzt wirksam ist. Da das Erfassen des Fingerabdrucks an eine hoheitliche Maßnahme erinnert, ist dieses System jedoch nicht bei allen Nutzern beliebt, weshalb oft alternative biometrische Erkennungssysteme zum Einsatz kommen.

Tierreich

Koalas sind eine der wenigen Nichtprimaten, deren Fingerkuppen Papillarleisten haben, die denen des Menschen extrem ähnlich sind.[6][7]

Sonstiges

Das Wort „Fingerabdruck“ wird auch metaphorisch oder im übertragenen Sinne gebraucht, um einzigartige Eigenschaften einer Person oder einer Sache herauszustellen. So spricht man beispielsweise vom „genetischen Fingerabdruck“ oder vom „digitalen Fingerabdruck“ bei der elektronischen Unterschrift oder bei der Prüfsumme elektronischer Nachrichten. Chemische Substanzen weisen ein im IR-Spektrum einen Bereich auf, der stoffspezifisch ist und Fingerprint-Bereich genannt wird.

Eine neue Entwicklung geht dahin, Fingerabdrücke über Elektrochemilumineszenz sichtbar zu machen. Wissenschaftler verwendeten dabei ein mit Indium-Zinn-Oxid beschichtetes Glasplättchen oder ein Plättchen aus rostfreiem Stahl als Elektrode. Darauf wird der Fingerabdruck aufgetragen und eine Lösung mit Reaktanden (ein Rutheniumkomplex, der mit einem Reaktionspartner, typischerweise Tripropylamin, reagiert) zugegeben. Wo die fetthaltigen Komponenten des Fingerabdrucks anhaften, ist die Elektrode inaktiv, die elektrochemische Reaktion kann nicht stattfinden und das Leuchten wird verhindert. In den anderen Bereichen ist die Elektrode aktiv und es entsteht ein Negativ-Bild des Fingerabdrucks, das mit einer CCD-Kamera aufgezeichnet werden kann. In einer Variante lassen sich Fingerabdrücke als Positiv-Bild darstellen. Dazu werden die Fingerabdrücke zunächst mit einem Reagenz behandelt, das an die Bestandteile der Fingerabdrücke bindet. Nach Auftragen des Reaktionspartners leuchten dann ausschließlich die Linien.[8]

Weblinks

Wiktionary: Fingerabdruck – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Fingerabdrücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sind die Fingerabdrücke eineiiger Zwillinge identisch? (Auskunft eines Spezialisten des BKA gegenüber spektrumdirekt). 8. Januar 2002, abgerufen am 3. Dezember 2010.
  2. Auch die Fingerabdrücke verändern sich langsam, 3sat nano, abgerufen am 5. November 2011.
  3. Patrick Imhasly: Spur unter Verdacht, NZZ am Sonntag, 30. Mai 2010.
  4. BBC Radio 4, 10 Mar 2011, "Fingerprints on Trial" [1]
  5. Jean-Marc Leclerc: Roms: un fichier pour éviter la fraude de l'aide au retour. Le Figaro, 17. August 2010, abgerufen am 19. August 2010 (französisch).
  6. Animal fingerprints, Schulprojekt
  7. Henneberg, Maciej; Lambert, Kosette M., Leigh, Chris M.: Fingerprint homoplasy: koalas and humans, naturalscience.com, 11. März 1997.
  8. Linru Xu, Yan Li, Suozhu Wu, Xianghong Liu, Bin Su: Imaging Latent Fingerprints by Electrochemiluminescence. In: Angewandte Chemie. Band 124, Nr. 32, 2012, S. 8192–8196, doi:10.1002/ange.201203815.

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