Evolution: Entwicklung isolierter Lebewesen



Bio-News vom 18.11.2020

Paläontologen haben einen neuen Beleg für parallele Evolutionen geliefert: Conodonten – frühe Wirbeltiere aus der Zeit des Perm – haben sich in nahezu identischer Weise an neue Lebensräume angepasst, obwohl sie geografisch voneinander getrennt lebten. Die Forschenden konnten das anhand fossiler Zähne nachweisen, die sie an verschiedenen Orten der Erde gefunden hatten.

Dass sich ziemlich gut vorhersagen lässt, wie Tiere und Pflanzen sich in veränderten Lebensräumen entwickeln werden, ist einer der überzeugendsten Beweise für die Evolutionstheorie. Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass Organismen, die einen gemeinsamen Vorfahren haben, isoliert voneinander wiederholt dieselben Anpassungen zeigen. Eines der prominentesten Beispiele ist der Zitronenbuntbarsch in Nicaragua: Vor etwa 6000 Jahren besiedelten einzelne Exemplare verschiedene Kraterseen und entwickelten in ihren neuen Lebensräumen jeweils identische Morphologien.


Eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines dentalen Plattformelements aus der Conodont-Gattung Sweetognathus, gesammelt in Wyoming, USA. Das Exemplar ist zwischen 293,7 und 294,9 Millionen Jahre alt.

Publikation:


W. Petryshen, C. M. Henderson, K. De Baets and E. Jarochowska
Evidence of parallel evolution in the dental elements of Sweetognathus conodonts
Proceedings of the Royal Society B, Published:18 November 2020

DOI: 10.1098/rspb.2020.1922



Eine Gruppe hatte sich auf den Fang kleiner Krabben spezialisiert und einen gedrungenen Körper mit flachem Maul ausgebildet. Die andere jagt Fische in tieferem Wasser und besitzt eine deutlich schlankere Form. „Diese Unterarten gibt es in jedem der Kraterseen, obwohl keinerlei Verbindung zwischen den Habitaten besteht”, sagt Dr. Emilia Jarochowska vom GeoZentrum Nordbayern der FAU. „Wir sprechen hier von paralleler Evolution.”

Fossilien aus Russland und Bolivien

Emilia Jarochowska beschäftigt sich mit der Evolution in verschiedenen Ökosystemen, allerdings untersucht sie keine Tiere, die heute noch leben: Ihr Forschungsgebiet sind die sogenannten Conodonten, die vor etwa 500 bis 200 Millionen Jahren ausnahmenslos im Meer lebten und zu den ersten Wirbeltieren zählen. Die kegelförmigen Zähne der aalähnlichen Tiere finden sich noch heute als Mikrofossilien in Sedimentgesteinen auf der ganzen Welt. Auf etwa 3000 Arten schätzt die Wissenschaft die Diversität der Conodonten. „Seit einigen Jahren wird vermutet, dass eine bestimmte Unterart, Conodont Sweetognathus, mehrere parallele evolutionäre Anpassungen entwickelt hat”, sagt Emilia Jarochowska.

Gemeinsam mit Paläontologen der Universität Calgary machten sich die Erlanger Forschenden daran, diese Theorie zu beweisen. Die kanadischen Kollegen hatten Zahnfossilien von Sweetognathus an verschiedenen Orten der Erde gesammelt, unter anderem in Bolivien und in Russland. Jarochowska: „Da wir über die Tektonik der Erdgeschichte heute sehr genau Bescheid wissen, können wir ausschließen, dass die Tiere aus diesen Regionen Kontakt zueinander hatten.” Am GeoZentrum Nordbayern wurden die nur zwei bis drei Millimeter großen Funde mit einem Scanner vermessen, der eine räumliche Auflösung von vier Mikrometern besitzt und damit schärfere Bilder liefert als ein CT im Krankenhaus. Von über 40 Proben wurden präzise 3D-Modelle erstellt und mathematisch beschrieben.

Parallele Evolution bestätigt

Die akribische Analyse der Morphologien in den Zahnelementen bestätigte, was die Wissenschaft seit Jahren vermutet: Conodont Sweetognathus hat sich nach dem Einwandern in neue Lebensräume wiederholt an das veränderte Nahrungsangebot angepasst, und zwar auf nahezu identische Weise – trotz isolierter Habitate. Der jahrelange Vergleich der Proben mit einem großen Fundus an Fossilien hat zweifelsfrei ergeben, dass die in Bolivien und Russland gefundenen Zähne von Tieren mit einem gemeinsamen Vorfahren stammen. „Wir konnten zeigen, dass zwei Linien von Sweetognathus in zwei verschiedenen Teilen der Welt denselben Entwicklungspfaden folgten”, erklärt Emilia Jarochowska. „Das ist ein weiterer Beweis für die Evolutionstheorie – und für die Fruchtbarkeit internationaler Kooperationen.”


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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