Die Evolution der Wirbelsäule



Bio-News vom 29.12.2022

Forschende des Museums für Naturkunde Berlin untersuchten die Entwicklung der Wirbelsäule von vierbeinigen Wirbeltieren anhand eines großen Datensatzes moderner und fossiler Wirbeltiere. Einbezogen wurden neue Daten des 300 Millionen Jahre alten Reptils Mesosaurus tenuidens.

Obwohl Wirbeltiere extrem vielfältige Körperformen und Lebensweisen haben, sind die Verknöcherungsmuster der Wirbelsäule viel einheitlicher als erwartet. Die Studie ist ein weiteres großartiges Beispiel dafür, wie Daten von Fossilien und modernen Tieren zusammengeführt werden können, um die Evolution von Körperbauplänen zu verstehen.

Publikation:


Verrière A., N.B. Fröbisch und J. Fröbisch
Regionalization, constraints, and the ancestral ossification patterns in the vertebral column of amniotes
Scientific Reports

DOI: 10.1038/s41598-022-24983-z

Die Wirbelsäule ist das charakteristische und namensgebende Merkmal der Wirbeltiere. Allgemein versteht man die zugrundeliegenden Mechanismen der Entwicklung der Wirbelsäule während der Embryonalentwicklung und das Zusammenspiel mit der Evolution verschiedener Wirbeltier-Baupläne bereits recht gut, doch einige entscheidende Teile dieser Entwicklungsgeschichte blieben bisher rätselhaft.

Fossil eines Mesosaurus tenuidens.

Forschende des Museums für Naturkunde Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin fanden nun neue Puzzlesteine für die Komplettierung dieser Entwicklungsgeschichte. Dazu schaute sich Antoine Verrière, Paläontologe und Erstautor der Studie, die im Rahmen seiner Doktorarbeit am Museum durchgeführt wurde, zuerst außergewöhnlich gut erhaltene Fossilien des Reptils Mesosaurus tenuidens an. Mesosaurier waren die ersten Reptilien, die sich nach dem Landgang erneut an das Leben im Wasser angepasst haben. Mit ihrer langen Schnauze und kräftigen Schwimmschwänzen lebten Mesosaurier in einem Binnenmeer des Superkontinents Pangäa.

"Bei einigen jungen Exemplaren beobachteten wir, dass die Neuralbögen, d.h. die stachelartigen Fortsätze auf den Wirbeln, sich im Laufe des Wachstums der Tiere vom Kopf zum Schwanz hin schlossen, ähnlich wie bei einem Reißverschluss. Wir wollten verstehen, wie dieses Muster in die Evolutionsgeschichte der Landwirbeltiere passt, stellten aber schnell fest, dass es nur wenig Informationen darüber gab. Also beschlossen wir, dies selbst zu erforschen!"



"Am meisten überraschte uns, dass diese Muster in den letzten 300 Millionen Jahren relativ stabil waren", so Mitautor Prof. Jörg Fröbisch. "Lebende und ausgestorbene vierfüßige Wirbeltiere sind enorm vielfältig in Bezug auf ihre Körperformen und Lebensweisen. Die Elemente ihrer Wirbelsäulen sind in komplexen Einheiten organisiert, die sich zwischen den Gruppen innerhalb der vierfüßigen Wirbeltiere stark unterscheiden. Dennoch sind die Verknöcherungsmuster viel einheitlicher, als es die große morphologische Vielfalt erwarten lässt."

Obwohl die untersuchten Muster während der gesamten Evolution relativ stabil waren, traten einige Abweichungen auf. Vor allem Vögel, Säugetiere und Schuppenkriechtiere (Echsen und Schlangen) entwickelten jeweils ihre eigenen spezifischen Formen der Wirbelverknöcherung. Innerhalb dieser Gruppen waren die Muster wieder erstaunlich stabil.

"Strauße und Möwen zum Beispiel haben eine sehr unterschiedliche Anatomie und Lebensweise, aber ihre Wirbelsäulen verknöchern auf ähnliche Weise. Dies zeigt, dass zwischen den Hauptlinien der Landwirbeltiere einige Veränderungen zu beobachten sind, aber innerhalb jeder der Hauptlinien die Wirbelsäulenentwicklung wiederum ziemlich stabil blieb", so Mitautorin Prof. Nadia Fröbisch.

"Unsere Studie ist ein weiteres großartiges Beispiel dafür, wie Daten von Fossilien und modernen Tieren zusammengeführt werden können, um ein viel tieferes Bild von der Entwicklung und Evolution der wichtigsten Körperstrukturen zu erhalten", sagt Antoine Verrière.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Museum für Naturkunde - Leibniz-Instituts für Evolutions- und Biodiversitätsforschung via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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