Artenvielfalt der tropischen Ozeane sinkt als Folge der globalen Erwärmung



Bio-News vom 26.05.2020

Anhand von Änderungen in der Vergangenheit, Rückschlüsse für die Zukunft ziehen: Internationales Team untersucht Foraminiferen-Vielfalt der Tropen.

Ändert sich das Umfeld einer Art, sucht sie sich einen anderen Lebensraum und wandert ab. Steigt etwa die Temperatur, ziehen wärmeliebende Arten in höhere Breiten. Der so entstandene Verlust der Artenvielfalt in den Herkunftsregionen kann durch das Einwandern anderer Arten kompensiert werden. Eine Ausnahme bilden hier die Tropen: Da es außerhalb der tropischen Breiten keine Arten gibt, die an wärmere Bedingungen angepasst sind, kann infolge einer Erwärmung die Artenvielfalt der Tropen nur sinken. Eine neue Studie zeigt, dass ein solcher Rückgang der Biodiversität im tropischen Ozean nach der letzten Eiszeit stattgefunden hat.


Schalen von planktonischen Foraminiferen aus eiszeitlichen Sedimenten im Atlantik. Fossilien wie diese wurden in dieser Studie verwendet, um zu zeigen, dass die globale Erwärmung zu einem Rückgang der tropischen marinen Biodiversität führen kann.

Publikation:


Moriaki Yasuhara, Chih-Lin Wei, Michal Kucera, Mark J. Costello, Derek P. Tittensor, Wolfgang Kiessling, Timothy C. Bonebrake, Clay Tabor, Ran Feng, Andrés Baselga, Kerstin Kretschmer, Buntarou Kusumoto, and Yasuhiro Kubota
Past and future decline of tropical pelagic biodiversity
PNAS

DOI: 10.1073/pnas.1916923117



Ein internationales Team, zu dem auch Prof. Michal Kucera und Dr. Kerstin Kretschmer vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen zählen, hat dafür gut erhaltene Mikrofossilien in Meeressedimenten untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Artenvielfalt weiter verringert, wenn die menschenverursachte Klimaveränderung nicht begrenzt wird.

Die im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichte Forschungsarbeit rekonstruiert anhand von Fossilien die globalen ozeanischen Biodiversitätsmuster für die letzte Eiszeit (vor etwa 20.000 Jahren) und für die Zeit vor dem Anfang der aktuellen Erderwärmung. Diese Ergebnisse haben die Forschenden genutzt, um Prognosen für die nahe Zukunft (2090er-Jahre) zu erstellen. Aktuell gibt es in äquatorialen Breiten einen Einbruch in der Artenvielfalt – laut der Forschenden ähnlich dem in vorindustrieller Zeit. Im Gegensatz hierzu gab es diesen so genannten „Diversitätseinbruch“ allerdings nicht während der letzten Eiszeit.

Der Rückgang der Artenvielfalt in den Tropen ist eine Folge davon, dass sich die Erde nach der letzten Eiszeit erwärmt hat. Das, so schlussfolgern die Forschenden, wird aktuell durch die menschengemachte Erwärmung verstärkt. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnte so die tropische Vielfalt auf ein Niveau zurückgehen, das seit Millionen von Jahren nicht mehr beobachtet wurde, wenn die Zukunft mit dem „Business-as-usual“-Szenario der CO2-Emissionen übereinstimme, heißt es in der Veröffentlichung. Das würde sich auch auf den gesamten Ozean als größten Lebensraum der Erde auswirken. Ändert sich etwa die Vielfalt und so die Produktivität des Phytoplanktons, könnten ganze Nahrungsketten bis hin zum Menschen gestört werden – und so die Artenvielfalt im Ozean weiter verringern.

Um den vergangenen Zustand der tropischen Artenvielfalt zu rekonstruieren, haben die Forschenden winzige Kalkgehäuse von fossilem Plankton, den Foraminiferen, verwendet. Deren Schalen sind in marinen Sedimenten konserviert und dienen durch ihre Zusammensetzung den Forschenden als eine Art Archiv vergangener Umweltbedingungen.

„Die Biodiversität ist in den Tropen normalerweise hoch und an den Polen niedrig. Wir nennen dieses wichtige Muster den ‚Breitengradient der Biodiversität‘“, sagt Moriaki Yasuhara von der Universität Hongkong (China). Anhand dieses Gradienten lässt sich die Artenvielfalt auch global betrachten und vergleichen. Neuere Studien hätten laut Yasuhara jedoch gezeigt, dass die Artenvielfalt am Äquator abnimmt: der Breitengradient der Diversität flacht ab. „Wir wollten untersuchen, was die Ursache dafür ist und ob es sich dabei um ein neueres Muster handelt.“

Das Autorenteam sieht einen Zusammenhang zwischen der globalen Erwärmung und der rückläufigen Artenvielfalt in den Tropen. „Das bedeutet, dass die ozeanische Vielfalt am Äquator bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf ein in der Geschichte der Menschheit noch nie dagewesenes Niveau zurückgehen könnte“, sagt Co-Autor Derek P. Tittensor, Professor an der Dalhousie Universität (Kanada).

„Unsere Ergebnisse zeigen wie die Untersuchung vergangener mariner Ökosysteme, überliefert in Sedimenten der Tiefsee, Szenarien des Diversitätswechsels als Folge der Erderwärmung liefern können, die es uns ermöglichen, die Folgen des globalen Wandels besser zu bewerten“, fügt Co-Autor Michal Kucera vom MARUM hinzu.


Diese Newsmeldung wurde mit Material derdes MARUM - Zentrums für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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