Anthropologen beschreiben dritte Orang-Utan-Art



Bio-News vom 10.11.2017

Bis heute gelten der Borneo- und Sumatra-Orang-Utan als zwei getrennte Arten. Nun beschreiben UZH-Forschende mit einem internationalen Team eine neue Menschenaffenart, den Tapanuli-Orang-Utan. Er ist der am stärksten bedrohte Menschenaffe, nur noch rund 800 Tiere leben in den Hochlandwäldern im Norden Sumatras.

Zwei indonesische Orang-Utan-Arten sind bis anhin beschrieben und offiziell anerkannt. Eine Art lebt auf der Insel Sumatra, sogenannt Pongo abelii. Die andere ist auf Borneo beheimatet, Pongo pygmeaeus. 1997 entdeckten Forscher der Australian National University bei Feldstudien eine Orang-Utan-Population. Diese lebt isoliert in der Region Batang Toru innerhalb der drei Tapanuli-Distrikte auf Nordsumatra. Nun belegen UZH-Anthropologen gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam, dass es sich hierbei um eine dritte Orang-Utan-Art handelt: Pongo tapanuliensis. Die UZH-Forschenden weisen mit ihrer neuen Studie die umfangreichste je durchgeführte genetische Analyse an wildlebenden Orang-Utans vor.


Tapanuli-Orang-Utan

Publikation:


Alexander Nater et al.
Morphometric, behavioral, and genomic evidence for a new orangutan species
Current Biology. November 2, 2017

DOI: 10.1016/j.cub.2017.09.047



Einzigartige Zähne und Schädelform

Erste Hinweise für die Einzigartigkeit der Tapanuli-Popluation lieferte das Skelettmaterial eines im Jahr 2013 getöteten männlichen Orang-Utans. Im Vergleich mit vielen anderen Schädeln sind beim Tapanuli-Orang-Utan gewisse Merkmale der Zähne und des Schädels einzigartig. «Wir waren völlig überrascht, dass der Schädel in einigen Merkmalen anders ist, als alles, was wir zuvor gesehen hatten», erklärt Matt Nowak, der die morphologischen Merkmale im Rahmen seiner Dokorarbeit erforscht hat und heute für das Sumatra-Organ-Utan-Schutzprogramm (SOCP) arbeitet.

Drei evolutionäre Abstammungslinien identifiziert

«Als wir feststellten, dass sich die Tapanuli-Population morphologisch von allen anderen Orang-Utans unterscheiden, passten unsere Puzzleteile zusammen», ergänzt Michael Krützen, Professor für Evolutionäre Anthropologie und Genomik an der UZH. Das Team um Krützen erforscht seit längerem die genetische Abstammung aller lebenden Orang-Utan-Populationen. Frühere Studienergebnisse sowie die aktuelle Genomsequenzierung von 37 Orang-Utans lieferten ein übereinstimmendes Bild mit den morphologischen Details: «Wir identifizierten drei sehr alte evolutionäre Abstammungslinien unter allen Orang-Utans, obwohl derzeit nur zwei Arten beschrieben sind», erklärt die frühere UZH-Doktorandin Maja Mattle-Greminger.

Direkte Nachkommen der ersten Orang-Utan-Population

Anhand von umfangreichen Computermodellierungen zur Rekonstruktion der Populationsgeschichte verifizierten die UZH-Forschenden ihre neue Erkenntnis. Ihre Berechnungen zeigen, dass die Tapanuli-Population für mindestens 10’000 bis 20'000 Jahre von allen anderen auf Sumatra lebenden Orang-Utans isoliert gewesen war. Alexander Nater, ehemaliger UZH-Doktorand, erläutert: «Die älteste evolutionäre Linie in der Gattung Pongo findet sich tatsächlich bei den Tapanuli-Orang-Utans. Sie sind daher wahrscheinlich die direkten Nachkommen der ersten Population im Sunda Archipel.» Verhaltensbeobachtungen sowie ökologische Studien belegen diese genetischen und morphologischen Analysen.

Artenschutz steht im Vordergrund

«Es ist wirklich sehr spannend und aufregend, eine neue Menschenaffenart im 21. Jahrhundert zu identifizieren», sagt Hauptautor Michael Krützen. Jetzt gehe es aber vorderhand darum, den Tapanuli-Orang-Utan zu schützen. «Jegliche Bemühungen zur Erhaltung der Art müssen sich primär auf den Schutz ihres Lebensraums richten», unterstreicht Krützen. Immer mehr Regenwaldgebiete gehen zugunsten der Landwirtschaft verloren. Unberührte Wälder im Batang-Toru-Ökosystem fallen etwa Palmölplantagen zum Opfer. Geplant ist auch der Bau eines hydroelektrischen Damms, der den Lebensraum der Tapanuli-Orang-Utans weiter beschneiden wird.


Diese Newsmeldung wurde mit Material idw erstellt

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