Abbau widerspenstiger Cellulose im Zeitraffer



Bio-News vom 20.05.2020

Erstmals ist es TU Graz-Forschenden gelungen, die Vorgänge beim Celluloseabbau durch eine biologische Nanomaschine, bekannt als das Cellulosom, auf Einzelmolekülniveau sichtbar zu machen. Das Wissen könnte nachhaltigen Konzepten in der industriellen Biotechnologie zum Durchbruch verhelfen.

Der Pflanzenbestandteil Cellulose ist ein ausgesprochen widerstandsfähiges, wasserunlösliches Polymer, das schwer aufzubrechen ist. Das erschwert die effiziente und nachhaltige Nutzung pflanzlicher Biomasse in Bioraffinerien. „Erst wenn es nachhaltige und kosteneffiziente Ansätze für den Abbau von Cellulose gibt, wird man damit beginnen, Treibstoffe, Chemikalien und Materialien in großem Stil aus pflanzlicher Biomasse herzustellen“, erklärt der Biotechnologe und Leiter des Instituts für Biotechnologie und Bioprozesstechnik der TU Graz Bernd Nidetzky.


Analysen der TU Graz belegen die effiziente Arbeitsweise der celluloseabbauenden biologischen Nanomaschine Cellulosom. Das kann neue Perspektiven für Anwendungen in industriellen Bioraffinerien liefern.

Publikation:


Eibinger, Manuel; Ganner, Thomas; Plank, Harald; Nidetzky, Bernd
A biological nanomachine at work: watching the cellulosome degrade crystalline cellulose
ACS Central Science, 2020

DOI: 10.1021/acscentsci.0c00050



Celluloseabbau in der Natur

In der Natur geschieht der biologische Celluloseabbau entweder durch Cellulasen oder durch das Cellulosom. Cellulasen sind Enzyme, die sich in ihrer Spezifität und Wirkweise unterscheiden und synergistisch am Abbau von Cellulose aus verholzten Pflanzen wie Bäumen oder Sträuchern beteiligt sind. Obwohl sich einzelne Cellulasen in räumlicher Nähe zueinander befinden können, sind es individuelle, physisch unabhängige Einheiten. Beim Cellulosom handelt es sich hingegen um einen Proteinkomplex, eine geordnete und physisch miteinander verbundene Ansammlung jener Enzyme, die für den Celluloseabbau notwendig sind.

Bernd Nidetzky und sein Team haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Cellulosom in seinen fundamentalen Grundlagen als celluloseabbauende biologische Nanomaschine besser zu verstehen und sichtbar zu machen. Diesem Ziel sind die Forschenden nun in einem FWF-geförderten Projekt einen entscheidenden Schritt nähergekommen: Sie konnten das Cellulosom auf Einzelmolekülniveau während des Celluloseabbaus mittels Rasterkraftmikroskopie im Zeitraffer visualisieren und so Einblicke in seine Arbeitsweise gewinnen. Die Ergebnisse sind im Fachjournal ACS Central Science publiziert.

Nanomaschine bei der Arbeit

Konkret dokumentieren die Forschenden den Celluloseabbau durch Cellulosome aus dem Bakterium Clostridium thermocellum. Es zeigt sich, dass sich das Cellulosom dynamisch an die verschiedenen Oberflächengegebenheiten der Cellulose anpasst. „Bei der Bindung an Cellulose schaltet das Cellulosom auf längliche, auch fadenförmige Formen und morpht diese dynamisch auf einer Zeitskala von unter einer Minute entsprechend den Anforderungen der angegriffenen Celluloseoberfläche. Im Vergleich zu Cellulasen, die beim Gleiten entlang kristalliner Celluloseoberflächen Material ablösen, bleiben die Cellulosome minutenlang lokal gebunden und entfernen das darunterliegende Material. Die konsequente Aufrauhung der Oberfläche führt zu einem effizienten Abbau von Cellulose-Nanokristallen.“, erklärt Bernd Nidetzky.

Ausblick für Bioraffinerien

„Unsere Analysen belegen, dass das Cellulosom herausragend effizient im Celluloseabbau ist. Es könnte daher eine zentrale Rolle in der Entwicklung neuer Ansätze für Bioraffinerien spielen“, betont Nidetzky. Unter Ausnutzung der unterschiedlichen Wirkmechanismen von Enzymkomplexen in Form eines Cellulosoms und freien Enzymen kann der Celluloseabbau schneller, vollständiger und mit geringerem Enzymbedarf durchgeführt werden. Die Synergien zwischen den Abbaumechanismen von Cellulase und Cellulosomen könnten so beim Design hybrider Cellulasesysteme helfen und neue Perspektiven für Anwendungen in Bioraffinerien liefern.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Technischen Universität Graz via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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