Senna alexandrina



Senna alexandrina

Senna alexandrina

Systematik
Eurosiden I
Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Johannisbrotgewächse (Caesalpinioideae)
Gattung: Senna
Art: Senna alexandrina
Wissenschaftlicher Name
Senna alexandrina
Mill.

Senna alexandrina, auch Alexandrinische Senna[1] genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Senna in der Unterfamilie der Johannisbrotgewächse (Caesalpinioideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Sie ist eine in Afrika und Arabien beheimatet. Die Droge Sennes- oder Sennablätter (Sennae folium) war als mildes Abführmittel im 19. Jahrhundert allgemein bekannt. Die darin enthaltenen Wirkstoffe werden Sennoside genannt. Ein Auszug aus den Blättern mit den Wirkstoffen Sennatin/Sennatinum kam auch, unter die Haut ins Bindegewebe gespritzt, zur Anwendung.

Beschreibung

Senna alexandrina wächst als Strauch, der Wuchshöhen von 0,5 bis 1,5 Meter erreicht. Die wechselständigen Laubblätter sind gefiedert und glatt [2].

In seitenständigen, traubigen Blütenständen sind die Blüten angeordnet. Die zwittrigen Blüten sind zygomorph. Die Kronblätter sind gelb [2]. Die flachen, braunen Hülsenfrüchte sind 2 bis 4 cm lang und 1 cm breit.

Geschichte

Die ersten medizinischen Belege über Senna aus dem 8. Jahrhundert stammen aus dem arabischen Kulturkreis. Der Prophet Mohammed wird mit den Worten zitiert: „Haltet euch an Sennesblätter und Kümmel, denn beide heilen jede Krankheit, ausgenommen den Tod.“ (Sunna ibn Maaja, hadeeth sahih laut Shaikh Al-Albani)

Bis ins Mittelalter fand Senna weniger gegen Verstopfung als vielmehr bei Infektionskrankheiten wie Lepra, Magenerkrankungen und Augenleiden Verwendung.

Erst zu Beginn der Neuzeit, im 16. Jahrhundert, gewann die Pflanze ihre Bedeutung als Laxans (Abführmittel): Paracelsus empfahl Sennesblätter in Kombination mit Lauch und Wermut erstmals als Abführmittel. Es wurde auch vom Graf von Saint Germain als vielseitig einsetzbares Heilmittel propagiert (Saint Germain Tee).

Nach Jahrhunderten des traditionellen Einsatzes von anthrachinonhaltigen Pflanzen in der Volksmedizin erbrachten die pharmakologischen und klinischen Studien der letzten hundert Jahre auch den wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis. Untersuchungen am Menschen wurden praktisch ausschließlich mit Senna durchgeführt.

Sennoside
Sennesblätter

Inhaltsstoffe

Das Europäische Arzneibuch fordert einen Gehalt von mindestens 2,5 %[3] 1,8-Dihydroxyanthracen-Derivaten[4] (sog. Anthrachinone, Sennoside) in der Blattdroge (Sennesblätter, Sennae folium) sowie mindestens 2,2 % (Tinnevelly-Sennesfrüchte, Sennae fructus angustifoliae) bzw. 3,4 % (Alexandriner-Sennesfrüchte, Sennae fructus acutifoliae) derselben Wirkstoffe in der Fruchtdroge und berechnet sie als Sennosid B.[3] Der höchste Gehalt an Sennosiden ist in den Blüten (über 4 %) festzustellen. Allgemein ist der Gehalt in der Pflanze mit zunehmender Fruchtreife am höchsten.[5] Neben den Sennosiden als Wirksubstanzen enthält die Blattdroge zwischen 2 und 3 % Schleimstoffe.[3]

Wirkung

Sennoside gehören zu den wenigen Pflanzeninhaltsstoffen, die natürliche Prodrugs darstellen. Die beta-glykosidische Bindung stabilisiert die oxidationsempfindlichen Strukturen und kann durch die menschlichen Verdauungsenzyme nicht gespalten werden: Nach oraler Applikation gelangen die Anthrachinonglykoside unverändert und ohne systemisch resorbiert zu werden, an den eigentlichen Wirkort, den Dick- bzw. Enddarm. Erst dort werden mittels bakterieller Beta-Glykosidasen durch Abspaltung des Zuckers die Aglykone frei, welche dann zu Anthronen, der eigentlichen Wirkform, oxidiert werden.[4] Der resorbierbare Anteil ist nur gering und erklärt die relativ gute Verträglichkeit und das weitgehende Fehlen systemischer Nebenwirkungen galenisch einwandfreier Senneszubereitungen. Anthrone bewirken verstärkte Sekretation von Flüssigkeit und Elektrolyten in das Darmlumen, regen durch Reizung die Peristaltik (Bewegung) der Darmwand an und hemmen die Flüssigkeitsresorption. Dadurch werden Darminhalt und Füllungsdruck vergrößert und somit der Defäkationsreflex ausgelöst (abführende/ laxierende Wirkung).[4]

Anwendung

Wissenschaftlich belegt ist die Wirksamkeit der Blatt- und Fruchtdroge sowie daraus hergestellter Zubereitungen für die kurzzeitige Anwendung bei akuter, gelegentlicher Obstipation (Verstopfung).[3] Dabei wirkt die Fruchtdroge milder, als die Blattdroge.[5] Sennesblätter wirken zuverlässig, unter Umständen relativ drastisch.[6] Es wird abends eine Zubereitung mit maximal 30 mg Sennosiden peroral eingenommen.[3]

Die Anwendung ist indiziert bei gelegentlicher Obstipation, zur Darmentleerung vor Röntgenuntersuchungen und bei Erkrankungen, die einen weicheren Stuhl erfordern (Analfissuren, Hämorrhoiden, etc.) sowie vor und nach Operationen im Bauchraum.[4] Kontraindiziert ist die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren,[3] Darmverschluss (Ileus) und während der Schwangerschaft.[4] Anthracen-Derivate gehen in die Muttermilch über. Daher ist eine Anwendung auch während der Stillzeit nicht vertretbar.[5] Die Anwendung sollte auf 1 bis 2 Wochen beschränkt bleiben, um einer Hypokaliämie (Kaliummangel durch Elektrolytverlust) vorzubeugen. Aus dem Grund eventuellen Kaliumverlustes ist Vorsicht bei gleichzeitiger Anwendung von Herzglykosiden geboten (evtl. Verstärkung ihrer Wirkung).[3]

Toxikologie

Nach Aufnahme größerer Mengen (2 bis 10 g; Überdosierungen) der Blattdroge sowie durch dauerhafte oder zu häufige Anwendung kann es zu Symptomen wie Leibschmerzen, Erbrechen, Albuminurie, Hämaturie und Schädigung von Darmnerven (Plexus myentericus) kommen. Bei der Arbeit mit der getrockneten Blattdroge (Ab- und Umfüllen, etc.; etwa im Apothekenwesen) kann es durch Inhalation von Partikeln zu allergischen Reaktionen in den Atemwegen kommen.[5]

Verbreitung

Senna alexandrina kommt im nördlichen Afrika im südlichen Algerien und in Ägypten, sowie im tropischen Afrika in Äthiopien, Somalia, Sudan, nördlichen Kenia, Mali, Niger, nördlichen Nigeria und vielleicht eingeschleppt in Mozambique vor. Sie ist auch auf der Arabischen Halbinsel in Saudi Arabien und im Yemen beheimatet. Heimatgebiete liegen auch im südwestlichen Jordanien, im südlichen Indien und östlichen Pakistan. In der Neotropis ist es ein Neophyt.[1]

Taxonomie

Die Erstveröffentlichung von Senna alexandrina erfolgte 1768 durch Philip Miller in The Gardeners Dictionary: ... eighth edition no. 1 [7]. Synonyme für Senna alexandrina Mill. sind: Cassia alexandrina (Garsault) Thell., Cassia acutifolia Delile, Cassia angustifolia Vahl, Cassia lanceolata Forssk., Cassia senna L., Senna angustifolia (Vahl) Batka, Senna acutifolia (Delile) Batka, Senna alexandrina Garsault. [1][7]

Die Art Senna alexandrina war früher in die zwei Arten Cassia senna (Syn.: Cassia acutifolia) und Cassia angustifolia getrennt.

Tinnevelly-Senna (früher Cassia angustifolia Vahl) hat fünf- bis achtjochige Blätter und ist in Somalia und Arabien zu Hause. Kulturen befinden sich in Südindien (Distrikt Tinnevelly), diese Sennesblätter sind mit einem kurzen Stachelspitzchen besetzt.

Alexandriner- oder Khartoum-Senna (früher Cassia senna L.) ist im Sudan und weiter bis Westafrika verbreitet. Die Blätter sind vier- bis fünfjochig und nur halb so lang wie bei Tinnevelly-Senna. Alexandriner-Senna wird im Gebiet des oberen Nils angebaut.

Quellen

  • Berger R.: Update Obstipation. Neues Wissen gegen alte Vorurteile – Mythen und Märchen über Verstopfung und Abführmittel, PTA heute – Sonderheft Interpharm (2005): 18–22
  • Drossman D.A., Dumitrascu D.L. Rome III: New Standard for Functional Gastrointestinal Disorders, J Gastrointestin Liver Dis 2006; 15 (3): 237–241
  • Interview mit Beubler, E.: Senna – das bestuntersuchte Laxans, Foliaca 2/1999
  • Janiak P., Fried M.: Fakten und Mythen bei der Therapie der chronischen Obstipation, pharm. 2006;4:3–7
  • Karam S., Nies D.: Student/staff collaboration: A pilot bowel management program, J Gerontol Nurs 1994; 20:32–40
  • Klauser A., Peyerl C., Schindlbeck N.: Nutrition and physical activity in chronic constipation, Eur J Gastroenterol Hepatol 1992; 4:227–233
  • Konsensuspapier Expertenforum: Obstipation und Laxanzien. Praxis (1999) 88: 1269–1274
  • Kune G.A.: Laxative use not a risk factor for colorectal cancer: data from the Melbourne Colorectal Cancer Study. Z Gastroenterol (1993) 31: 140–143
  • Mengs U. et al.: New data on the carcinogenicity of senna, Phytopharm Phytother 2005, Poster, Phytotherapie-Kongress Berlin, 6.-8. Oktober 2005
  • Meszaros S.: Update Senna, DAZ (2005) 13: 107–109
  • Meszaros S.: Anthrachinon-Laxanzien. „Update“ Senna, PTA heute (2005) 9: 54–58
  • Meszaros S.: Senna – die natürliche Alternative, Der Neue Apotheker (2008) 5:16–17
  • Mitchell J.M. et al.: An oral carcinogenicity and toxicity study of senna (Tinnevelly senna fruits) in the rat, Arch. Toxicol. (2006) 80: 34–44
  • Müller-Buro S.: Chronische Obstipation. Definition und aktuelle Therapieübersicht. pharm. 2004;3:5–8
  • Müller-Lissner S.A., Kamm M.A., Scarpignato C., Wald A.: Myths and Misconceptions about chronic Constipation, Am J of Gastroenterol 2005; 100:232–242
  • Nusko G et al.: Anthranoid laxative use is not a risk factor for colorectal neoplasia: results of a prospective case control study, Gut (2000) 46: 651–655
  • Referat Senna-Laxantien – wirksam und sicher : Foliaca 1/1999
  • Referat Obstipation – Dichtung und Wahrheit, Foliaca 3/2000
  • Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie. Tagungsbericht 14. Schweizerische Tagung für Phytotherapie, Teil 2, Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd (2000) 7: 105–107
  • Thommen A.: Obstipation. Diagnose und Therapie mittels evidenzbasierter Klassifikation, Ars Medici (2003) 11: 14–17
  • Towers A., Burigo K., Locher J.: Constipation in the elderly: Influence of dietary, psychological, and physiological factors, J. Am. Geriatr. Soc. 1994; 42:701–706
  • Vorderholzer W., Schatke W., Mühldorfer B.: Clinical response to dietary fiber treatment in chronic constipation. Am J Gastroenterol 1997; 92:95–9

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Eintrag bei GRIN.
  2. 2,0 2,1 Datenblatt bei Flora of Israel Online.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 Bettina Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen, Spektrum Akademischer Verlag, 2009. ISBN 978-3-8274-1951-4.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 de Gruyter: Pschyrembel; Klinisches Wörterbuch. 261. Auflage, 2007, Walter de Gruyter, Berlin, New York, ISBN 978-3-11-018534-8.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Roth, Daunderer & Kormann: Giftpflanzen - Pflanzengifte, 5. Auflage, NIKOL Verlag, 2008, ISBN 3868200096.
  6. Mannfried Pahlow: Das große Buch der Heilpflanzen, Bechtermünz Verlag (Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 2000), ISBN 3-8289-1839-5.
  7. 7,0 7,1 Erstveröffentlichung eingescannt bei biodiversitylibrary.org. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „tropicos“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.

Weblinks

Commons: Senna alexandrina – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien