Ochsenzungen



Ochsenzungen

Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis)

Systematik
Asteriden
Euasteriden I
Familie: Raublattgewächse (Boraginaceae)
Unterfamilie: Boraginoideae
Tribus: Boragineae
Gattung: Ochsenzungen
Wissenschaftlicher Name
Anchusa
L.

Die Pflanzengattung Ochsenzungen (Anchusa) gehört zur Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae). Die 30 bis 50 Arten sind hauptsächlich im Mittelmeergebiet heimisch. Auch im übrigen Europa, im westlichen Asien, in Nord- und Südafrika kommen Arten vor.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Anchusa-Arten wachsen als ein-, zweijährige bis ausdauernde krautige Pflanzen. Die Wurzeln und unterirdischen Sprossteile enthalten Alkannin (auch Anchusin genannt), einen auch bei anderen Raublattgewächsen (Alkanna, Echium, Lithospermum, Onosma) enthaltenen roten bis violetten Farbstoff.[1] Die Behaarung ist meist rau oder selten weich anliegend. Die wechselständigen Laubblätter sind einfach. [2]

Generative Merkmale

Die endständigen, zymösen Blütenstände enthalten Hochblätter. Die zwittrigen, fünfzähligen Blüten sind radiärsymmetrisch bis leicht zygomorph. Die fünf Kelchblätter sind im unteren Drittel oder am Grund [3] verwachsen; sie sind manchmal in der Fruchtreife etwas vergrößert. Die blauen bis purpurfarbenen oder gelben Kronblätter sind am Grund zu einer geraden bis gebogenen [3] Röhre verwachsen; die Schlundanhängsel sind schuppig oder papillös und kurz behaart [2]. Die fünf radförmig bis glockenförmig abstehenden [3] Kronzipfel sind gleich oder ungleich. Es ist nur ein Kreis mit fünf Staubblättern vorhanden; sie sind mit der Kronröhre an ihrer Hälfte oder darunter verwachsen und sie überragen die Krone nicht. Die Staubfäden sind kurz und die Staubbeutel sind eiförmig-länglich. Zwei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen; er ist durch falsche Scheidewände in vier Klausen geteilt. Der Griffel überragt die Krone nicht und endet in einer kopfigen, zweiteiligen Narbe. [2]

Es werden Klausenfrüchte gebildet, die in vier einsamige, nussartige Klausen zerfallen. Die Klausen sind gerade, nierenförmig oder schief eiförmig und haben eine netzrunzelige Oberfläche; die Ansatznarbe befindet sich am Grund oder in dessen Nähe und hat einen ringförmigen, verdickten und verhärteten Rand. [2]

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 8, bei Anchusa thessala jedoch nur x = 6.[4]

Anchusa calcarea
Anchusa crispa
Anchusa undulata subsp. undulata [5]
Italienische Ochsenzunge (Anchusa azurea)
Anchusa strigosa

Systematik

Die Gattung Anchusa s.l. ist nach molekulargenetischen Untersuchungen monophyletisch; dazu war es erforderliche einige kleinere Gattungen kleinere Gattungen (Gastrocotyle, Phyllocara) abzuspalten oder einige Arten in bestehende andere Gattungen auszugliedern [6]. Die in der Gattung Anchusa s.str. verbleibenden Arten werden in fünf Untergattungen eingeteilt, deren Aufteilung aber auch befürwortet wird, weil sie paraphyletisch sind [6]. Grundlage dieser Einteilung sind vor allem Fruchtmerkmale [4]. Die bei einigen Arten aufgeführten Unterarten wurden in älterer Literatur[3][7] oft als Arten geführt. Insgesamt gibt es etwa 30 bis 50 Anchusa-Arten [8] [9] [4] [10]:

Untergattungen mit in der Gattung Anchusa verbleibenden Arten

  • Anchusa subgenus Anchusa: Diese Untergattung umfasst zweijährige oder ausdauernde krautige Pflanzen. Die Schlundanhängsel sind einwärts gebogen. Die Klausenfrüchte sind quer-eiförmig und haben einen seitenständigem, stumpfen Schnabel. [4]
    • Anchusa affinis R.Br.: Die Heimat ist die Arabische Halbinsel und das tropisches Afrika. [11]
    • Anchusa calcarea Boiss. [5]
    • Anchusa capellii Moris: Die Heimat ist Sardinien.
    • Afrikanische Ochsenzunge (Anchusa capensis Thunb.): Die Heimat ist Südafrika und Namibia. [11]
    • Anchusa cespitosa Lam.: Die Heimat ist Kreta.
    • Anchusa crispa Viv.: Die Heimat ist Korsika und Sardinien.
    • Anchusa formosa Selvi, Bigazzi & Bacch.: Die Heimat ist Sardinien.
    • Anchusa gmelinii Ledeb. [3]
    • Anchusa leptophylla Roem. & Schult.
    • Anchusa leucantha Selvi & Bigazzi: Die Heimat ist Griechenland.
    • Anchusa littorea Moris (Sardinien) [12]
    • Anchusa montelinasana Angius, Pontecorvo & Selvi: Die Heimat ist Sardinien. [12]
    • Blassgelbe Ochsenzunge (Anchusa ochroleuca M.Bieb.)
    • Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis L.): Hierzu die beiden folgenden, möglicherweise eigenständigen Sippen aus Bulgarien:
    • Anchusa davidovii Stoj.
    • Anchusa velenovskyi (Guşul.) Stoj.
    • Anchusa procera Besser
    • Anchusa riparia DC.: Die Heimat ist Südafrika. [11]
    • Anchusa samothracica Bigazzi & Selvi: Die Heimat ist die griechische Insel Samothrake.
    • Anchusa sardoa (Illario) Bigazzi & Selvi: Die Heimat ist Sardinien. [12]
    • Anchusa undulata L.
      • Anchusa undulata subsp. atlantica (Ball) Braun-Blanqu. & Maire. Syn.: Anchusa atlantica Ball, Anchusa mairei Guşul., Anchusa pseudogranatensis (Braun-Blanq. & Maire) Sennen & Mauricio: Die Heimat ist Marokko. [13]
      • Anchusa undulata subsp. granatensis (Boiss.) Valdés. Syn.: Anchusa subglabra Caballero: Die Heimat ist die südwestliche und südliche Iberische Halbinsel. [5]
      • Anchusa undulata subsp. hybrida (Ten.) Bég. Syn.: Anchusa hybrida Ten.: Die Heimat ist das zentrale und östliche Mittelmeergebiet. [9][4]
      • Anchusa undulata subsp. lamprocarpa Br.-Bl. & Maire: Die Heimat ist Marokko. [13]
      • Anchusa undulata subsp. sartorii (Guşul.) Selvi & Bigazzi. Syn.: Anchusa sartorii Guşul., Anchusa macrosyrinx Rech. f.: Die Heimat ist Griechenland. [4]
      • Anchusa undulata subsp. undulata: Die Heimat ist die Iberische Halbinsel [5]; es sind Einzelfunde in Griechenland bekannt [4].
  • Anchusa subgenus Buglossum (Gaertn.) Guşul. [14]: Diese Untergattung umfasst ausdauernde krautige Pflanzen. Die Schlundanhängsel sind aufrecht und sind mit keulenförmigen Trichomen bedeckt. Die Klausenfrüchte sind aufrecht, länglich, sehr groß und an der Spitze gerundet.[4]
    • Italienische Ochsenzunge (Anchusa azurea Mill., Syn.: Anchusa italica Retz.): Wird als Zierpflanze verwendet. [15]
    • Anchusa strigosa Banks & Solander
  • Anchusa subgenus Buglossoides (Rchb.) Guşul. [14]: Diese Untergattung umfasst einjährige Pflanzen. Die Schlundanhängsel sind auswärts gebogen. Die Klausenfrüchte sind fast aufrecht mit einem spitzen, fast senkrechten Schnabel und einem stark verdickten Ring. [4]
    • Anchusa aegyptiaca (L.) A.DC.
    • Anchusa iranica Rech.f. & Esfand. [14]
    • Anchusa milleri Sprengel
  • Anchusa subgenus Buglossellum Guşul.: Diese Untergattung umfasst einjährige Pflanzen. Die Schlundanhängsel sind einwärts gebogen. Die Klausenfrüchte sind fast aufrecht oder quer eiförmig und haben einen seitenständigen, stumpfen Schnabel. [4]
    • Anchusa pusilla Guşul.
    • Anchusa stylosa M.Bieb.
      • Anchusa stylosa subsp. spruneri (Boiss.) Selvi & Bigazzi (Syn.: Anchusa spruneri Boiss.)
      • Anchusa stylosa subsp. stylosa
    • Anchusa thessala Boiss. & Spruner
  • Anchusa subgenus Limbata Chamb. & R.R.Mill: Diese Untergattung umfasst zweijährige Pflanzen. Der Kronsaum ist stark verkürzt, die Schlundanhängsel sind aufrecht. Die Klausenfrüchte sind quer-eiförmig und haben einen seitenständigem, stumpfen Schnabel. [16][17] Mit der einzigen Art:
    • Anchusa limbata Boiss. & Heldr.: Ein Lokalendemit des südwestlichen Anatoliens, der nur von einem einzigen Fundort [16] bekannt ist. [6]

Arten, die in neueren Arbeiten in andere Gattungen gestellt wurden

Die folgenden Arten werden heute anderen Gattungen zugeordnet [10]:

  • Anchusella:
    • Anchusella cretica (Mill.) Bigazzi, E.Nardi & Selvi (Syn.: Anchusa cretica Mill.)
    • Anchusella variegata (L.) Bigazzi, E.Nardi & Selvi (Syn.: Anchusa variegata (L.) Lehm.
  • Cynoglottis:
    • Cynoglottis barrelieri (All.) Vural & Kit Tan subsp. barrelieri (Syn.: Anchusa barrelieri (All.) Vitman)
    • Cynoglottis barrelieri subsp. serpentinicola (Rech. f.) Vural & Kit Tan (Syn.: Anchusa serpentinicola Rech. f.)
    • Cynoglottis chetikiana Vural & Kit Tan
  • Gastrocotyle: Mit nur zwei Arten [6]:
    • Gastrocotyle hispida (Forssk.) Bunge (Syn.: Anchusa hispida Forssk.)
    • Gastrocotyle macedonica (Degen & Dörfl.) Bigazzi, Hilger & Selvi (Syn.: Anchusa macedonica Degen & Dörfler) [18]
  • Hormuzakia:
    • Hormuzakia aggregata (Lehm.) Guşul. (Syn.: Anchusa aggregata Lehm.)
    • Hormuzakia negevensis (Danin) Danin & Hilger (Syn.: Anchusa negevensis Danin)
  • Lycopsis:
    • Ackerkrummhals (Lycopsis arvensis L., Syn.: Anchusa arvensis (L.) M.Bieb.)
    • Lycopsis orientalis L. (Syn.: Anchusa ovata Lehmann, Anchusa orientalis (L.) Rchb. non L.)
    • Anchusa puechii Valdés [5]
    • Anchusa tiberiadis Post
  • Pentaglottis: Es ist eine monotypische Gattung mit der einzigen Art:
    • Pentaglottis sempervirens (L.) L.H.Bailey (Syn.: Anchusa sempervirens L.)
  • Phyllocara: Es ist eine monotypische Gattung mit der einzigen Art:
    • Phyllocara aucheri (A.DC.) Guşul. (Syn.: Anchusa aucheri A.DC.): Es ist eine einjährige Art in Anatolien. [6]

Quellen

  • Gelin Zhu, Harald Riedl, Rudolf V. Kamelin: Anchusa. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China. Volume 16: Gentianaceae through Boraginaceae. Science Press/Missouri Botanical Garden Press, Beijing/St. Louis 1995, ISBN 0-915279-33-9, S. 358., online.
  • Yasin J. Nasir: Anchusa In: S. I. Ali (Hrsg.), Yasin J. Nasir: Flora of Pakistan 191: Boraginaceae. National Herbarium, Islamabad u. a. 1989, S. 78, online.

Einzelnachweise

  1. Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band V. Teil 3: Pirolaceae – Verbenaceae. Pteridophyta, Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 3 (3). 2. Auflage. Carl Hanser bzw. Paul Parey, München bzw. Berlin/Hamburg 1966, ISBN 3-489-76020-4, S. 2197–2202 (unveränderter Nachdruck von 1927 mit Nachtrag).
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Gelin Zhu, Harald Riedl, Rudolf V. Kamelin: Anchusa. In Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China. Volume 16: Gentianaceae through Boraginaceae. Science Press/Missouri Botanical Garden Press, Beijing/St. Louis 1995, ISBN 0-915279-33-9, S. 358., online.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 A. O. Chater: Anchusa. In:
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,8 4,9 Federico Selvi, Massimo Bigazzi: Revision of the genus Anchusa (Boraginaceae-Boragineae) in Greece. In: Botanical Journal of the Linnean Society. Band 142, Nr. 2, 2003, S. 431–454, doi:10.1046/j.1095-8339.2003.00206.x.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Benito Valdés: Anchusa. In: Flora Iberica 11. (Entwurfsversion vom 10. Februar 2010) PDF-Datei
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Hartmut H. Hilger, Federico Selvi, A. Papini, Massimo Bigazzi: Molecular Systematics of Boraginaceae Tribe Boragineae Based on ITS1 and trnL Sequences, with Special Reference to Anchusa s.l. In: Annals of Botany. Band 94, Nr. 2, 2004, S. 201–212, doi:10.1093/aob/mch132.
  7. , Eintrag für Anchusa.
  8. Eintrag bei GRIN.
  9. 9,0 9,1 Federico Selvi, Massimo Bigazzi: Anchusa L. and allied genera (Boraginaceae) in Italy. In: Plant Biosystems. Band 132, Nr. 2, 1998, S. 113–142.
  10. 10,0 10,1 Hartmut H. Hilger, Marc Gottschling, Federico Selvi, Massimo Bigazzi, Elisabeth Långström, Elke Zippel, Nadja Diane, Maximilian Weigend: The Euro+Med treatment of Boraginaceae in Willdenowia 34 – a response. In: Willdenowia. Band 35, Nr. 1, 2005, S. 43–48, PDF-Datei.
  11. 11,0 11,1 11,2 Conservatoire et Jardin botaniques de la Ville de Genève, South African National Biodiversity Institute, Pretoria (Hrsg.): African Plants Database (version 3.3). Suchmaske. Abgerufen am 3. September 2010.
  12. 12,0 12,1 12,2 G. Bacchetta, A. Coppi, C. Pontecorvo, Federico Selvi: Systematics, phylogenetic relationships and conservation of the taxa of Anchusa (Boraginaceae) endemic to Sardinia (Italy). In: Systematics and Biodiversity. Band 6, Nr. 2, 2008, S. 161–174. doi:10.1017/S1477200008002673
  13. 13,0 13,1 Benito Valdés: Anchusa. In: Benito Valdés Castrillón, Moh Rejdali, Ahmed Achhal El Kadmiri, Stephen Leonard Jury, Josep María Montserrat-Martí: Catalogue des plantes vasculaires du nord du Maroc, incluant des cles d'identification. Checklist of vascular plants of N Morocco. Band 2, CSIC, Madrid u. a. 2002., S. 495–496, ISBN 84-00-08073-4, online.
  14. 14,0 14,1 14,2 Harald Riedl: Anchusa. In: Karl-Heinz Rechinger (Hrsg.): Flora Iranica 48: Boraginaceae. Akadem. Verlagsanstalt, Graz 1967, S. 232–239.
  15. Werner Rothmaler [Begr], Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Band 5. Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.
  16. 16,0 16,1 Massimo Bigazzi, Hayri Duman, Federico Selvi: Anchusa limbata Boiss. & Heldr. (Boraginaceae): contribution to the knowledge of an enigmatic species from SW Turkey. In: Candollea. Band 58, Nr. 2, 2003, S. 339–349.
  17. Peter Hadland Davis, Arthur Huber-Morath, D. F. Chamberlain et al.: Materials for a Flora of Turkey XXXIV: Boraginaceae, Gentianaceae, Solanaceae. In: Notes of the Royal Botanical Garden Edinburgh. Band 35, Nr. 3, 1977, S. 297–314.
  18. Massimo Bigazzi, Hartmut H. Hilger, Federico Selvi: Evidence from nuclear and chloroplast DNA for the placement of Anchusa macedonica in the genus Gastrocotyle (Boraginaceae). In: Webbia. Band 57, Nr. 2, 2002, S. 173–180.

Weblinks

Commons: Ochsenzungen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Die News der letzten Tage