Metabolischer Stress

Metabolischer Stress ist eine Belastung des Stoffwechsels (Metabolismus) durch exogene Faktoren (Verletzung und/oder Krankheit). Hypermetabolismus (gesteigerter Stoffwechsel) und (verletzungsbedingter) Katabolismus kennzeichnen die metabolischen Veränderungen infolge einer Stressreaktion. Metabolischer Stress betrifft alle Körpersysteme auf unterschiedliche Weise: Er hemmt die Fähigkeit des Immunsystems den Körper gegen Eindringlinge zu schützen, verlangsamt die Wundheilung und kann die Muskelkraft vermindern. Die Heilungsmöglichkeiten sind erhöht, wenn der Patient eine adäquate medizinische und nährstoffgerechte Versorgung erhält, um Sepsis und Organversagen zu verhindern. Als Antwort auf Belastung werden Zellen der körpereigenen Abwehr (Monozyten, Makrophagen, neutrophile Granulozyten), Hormone, Zytokine und Botenstoffe vermehrt gebildet.

Metabolische Faktoren

Unter anderen

Stoffwechsel

Der Stoffwechsel gliedert sich in Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel:

Proteinstoffwechsel

Die Proteine (Eiweiße) bestehen aus Aminosäuren. Diese bestehen zum Teil aus Stickstoff. Im Stressstoffwechsel ist der Gesamtproteinumsatz erhöht (d.h. der Energieaufwand steigt), jedoch ist die Synthese- (Neubildungs) Rate in geringerem Ausmaß als die Abbaurate gesteigert. Bevorzugt wird Muskelmasse abgebaut: Erhöhte Cortisol- und Katecholaminspiegel bewirken einen vermehrten Proteinabbau. Dem Insulin kommt bei der Regulation des Proteinstoffwechsels unter Stressbedingungen eine besondere Rolle zu. Man kann grob das Insulin als „anaboles Hormon“ (Aufbau von Fett, Glykogen, Eiweiß wird gefördert, Stickstoffbilanz wird positiv) den „katabolen Hormonen“ (Stresshormone = „antiinsulinäre Faktoren“) gegenüberstellen. Die wichtigsten Stresshormone sind Katecholamine, Glukagon und Cortisol.

Kohlenhydratstoffwechsel

Kohlenhydrate stellen das bedeutendste Substrat für die Energiegewinnung dar. Der Mensch verfügt jedoch nur über begrenzte Kohlenhydratvorräte in Form von Glykogen, die wenige Stunden überbrücken können. Kennzeichnend für den Stressstoffwechsel ist, dass Glukose bevorzugt anaerob bis zum Laktat und Pyruvat abgebaut wird. Insulin und Corticosteroide (Cortisol) verhalten sich antagonistisch (Cortisol ↑ — Insulin ↓).

Im Stressstoffwechsel entsteht unter dem relativen Insulinmangel und dem Phänomen der Insulinresistenz eine metabolische Situation, die der des Diabetes mellitus Typ 2 ähnelt. Es kommt zu einer Glukoseverwertungsstörung und damit zu einem Energiemangel der Zellen. Dies wiederum führt zur Reduktion der Verfügbarkeit von Transmittern. Durch Einstellung einer Normoglykämie kann eine Verbesserung der Regulation metabolischer Prozesse erreicht werden.

Fettstoffwechsel

Im menschlichen Organismus werden Fettsäuren überwiegend als Triglyzeride gespeichert. Der Umsatz von Triglyzeriden und Fettsäuren ist im Stressstoffwechsel gesteigert. Nahezu alle Gewebe können ihren Energiebedarf durch die Verbrennung von Fettsäuren decken.

Phasen des Metabolischen Stresses

Ebb phase Beginn des metabolischen Stresses; Energie wird sofort nach der Verletzung konserviert
Acute flow phase Die Energie-Anforderungen steigen, zum Teil deutlich
Adaptive flow phase Beginn des Heilungsprozesses

Lokale Antwort

Die „lokale“ Antwort nach einem Trauma erfolgt rasch und führt zur Störung der zellulären Vitalität in der Verletzungszone. Diese frühe Reaktion des Gewebes wird überwiegend durch vaskuläre Veränderungen hervorgerufen, die durch eine erhöhte Gefässpermeabilität gekennzeichnet sind. Durch Stress und Medikamente sind ferner die Funktionen von Magen und Darm erheblich eingeschränkt.

Systemische Antwort

Ein Trauma induziert auch eine hyperinflammatorische (überentzündliche) Reaktion des Organismus, es kommt zu einer generalisierten Immunsuppression (Abwehrschwäche).

Zusätzlich führen die Hormone Cortisol, Katecholamine (Adrenalin), Prostaglandin sowie Interleukine zu einer Schwächung der zell-vermittelten Immunantwort. Infektionsrisiko und Blutgerinnungsstörungen steigen. Die systemischen entzündlichen Prozesse sind prinzipiell bei der Überwindung des Traumas sinnvoll. Unmittelbar nach einem Trauma werden alle Stoffwechselvorgänge so umgestellt, dass schnell verfügbare Energieträger bereitgestellt werden. Diese Energieträger sind vor allem Glukose und Freie Fettsäuren (FFS: nicht-membranbildende Lipide). Die Synthese der Speicher–Energieträger Muskeleiweiss, Fett und Glykogen ist nach dem Stress-Ereignis gesteigert: Proteinsynthese, Lipogenese, Glykogensynthese. Die Stickstoff (N) – Bilanz wird positiv, das heißt, es werden wieder Proteine aus Aminosäuren aufgebaut. Dieser Hypermetabolismus ist ferner verbunden mit einer Steigerung des Muskelabbaus und der Harnstoffsynthese in der Leber.

Literatur

  • Elisabet Rytter et al.: Glycaemic status in relation to oxidative stress and inflammation in well-controlled type 2 diabetes subjects. In: British Journal of Nutrition. Vol. 101, Issue 10 (May 2009), S. 1423–1426, PMID 19459227.
  • Hugo Van Aken (Hrsg.): Intensivmedizin. 2., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart/New York 2007, ISBN 978-3-13-114872-8.
  • Hans-Konrad Biesalski et al. (Hrsg.): Ernährungsmedizin. 3., erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart/New York 2004, ISBN 3-13-100293-X.
  • Rudolf Deiml: Ausgewählte Themen zur Operativen Intensivmedizin. 5., überarbeitete Auflage. Eigenverlag, Hamburg 2007, ISBN 978-3-00-020074-8.
  • Johann Michael Hackl: Ermittlung des Ernährungsstatus. In: Jürgen Stein, Karl-Walter Jauch (Hrsg.): Praxishandbuch klinische Ernährung und Infusionstherapie. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, ISBN 978-3-540-41925-9, S. 3–20 (PDF; 587 KB).
  • Kurt Mosetter: Chronischer Stress auf der Ebene der Molekularbiologie und Neurobiochemie. In: Gottfried Fischer, Peter Schay (Hrsg.): Psychodynamische Psycho- und Traumatherapie. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-16129-7, S. 77–98.

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