Blutgasanalyse

Die Blutgasanalyse (kurz BGA, mitunter auch unter dem Eponym Astrup nach Poul Bjørndahl Astrup bekannt) ist ein Verfahren zur Messung der Gasverteilung (Partialdruck) von O2 (Sauerstoff), CO2 (Kohlendioxid) sowie des pH-Wertes und des Säure-Basen-Haushaltes im Blut.

Die BGA geht auf die Notwendigkeit der Überwachung und Steuerung von Beatmungsparametern zurück und wurde in den sechziger Jahren in ihrer Grundform entwickelt. Die Blutgasanalyse ist heute ein wichtiger Bestandteil der klinischen Diagnostik. Im Laufe der Jahre kamen zum klassischen Säure-Basen-Haushalt weitere Analyte und berechnete Parameter hinzu: Hämoglobin, Hämoglobin-Derivate, Bikarbonat, Glukose, Lactat, Elektrolyte usw.

Inzwischen dient die Blutgasanalyse der Überwachung vieler Patienten mit Atmungsstörungen und Sauerstoffmangel (etwa bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung oder Mukoviszidose). Auf der Intensivstation, in der Operations- bzw. Anästhesieabteilung und in der Notaufnahme eines Krankenhauses wird die Blutgasanalyse meist „bettseitig“ - bedside (in unmittelbarer Patientennähe) durchgeführt. Bevorzugt wird dafür arterielles Vollblut aus einer Arterie oder arterialisiertes Kapillarblut beispielsweise aus dem hyperämisierten Ohrläppchen genutzt. Venöses Blut ist zur Beurteilung atmungsspezifischer Werte nur mit Einschränkung geeignet und findet hauptsächlich bei der Beurteilung metabolischer Komponenten seine Verwendung.

Normwerte (arteriell) bei Erwachsenen

Gerät zur Durchführung von Blutgasanalysen
  • pH = 7,35–7,45 ; <7,35: Azidose; >7,45: Alkalose
  • pO2 = 75–97 mm Hg bzw. 10–12,9 kPa (je nach Alter)[1]
  • saO2 = 95–99 % (Sauerstoffsättigung)
  • pCO2 = 35–45 mm Hg bzw. 4,6–6,0 kPa[1] (Kohlendioxid-Partialdruck); weniger: Hypokapnie; mehr: Hyperkapnie
  • HCO3(act) = 21–26 mmol/l (aktuelles Bicarbonat)
  • HCO3(std) = 23–27 mmol/l (Standard–Bicarbonat)
  • BE (Basendefizit, Basenabweichung oder base excess) = 0 mval/l (-2 bis +3 mmol/l)

Normwerte (Neugeborene / Säuglinge / Kinder)

pH = 7,20 – 7,41 (Neugeborenes 1. Tag)

pH = 7,34 – 7,45 (Neugeborenes 10 – 90 Tage)

pH = 7,38 – 7,45 (Säugling 4 – 12 Monate)

pCO2 = 29 – 61 mmHg (4,0 – 8,0 kPa) (Neugeborenes 1. Tag)

pCO2 = 26 – 43 mmHg (3,5 – 5,7 kPa) (Neugeborenes 10 – 90 Tage)

pCO2 = 27 − 40 mmHg (3,6 − 5,3 kPa) (Säugling 4 – 12 Monate)

pO2 = 16 – 35 mmHg (2,2 – 4,7 kPa) (Vena umbilicalis)

pO2 = 70 – 85 mmHg (9,3 − 11,4 kPa) (Neugeborenes 10 – 90 Tage)

Interpretation

Ein pH-Wert unter 7,35 entspricht einer Übersäuerung (Azidose), ein pH-Wert über 7,45 einer Untersäuerung oder Alkalose. Wird die Veränderung primär durch eine Änderung des pCO2 verursacht, spricht man von einer (atmungsbedingten) respiratorischen Störung. Kohlendioxid stellt eine „flüchtige Säure“ dar. Eine Erhöhung des pCO2 (Hypoventilation) führt folglich zu einer respiratorischen Azidose, eine Verminderung (Hyperventilation) zur respiratorischen Alkalose.

Bikarbonat ist die dazugehörige Base. Störungen, bei denen primär die Bicarbonat-Konzentration verändert ist, nennt man metabolische (stoffwechselbedingte) Störungen. Eine Erniedrigung des Bikarbonats ist charakteristisch für eine metabolische Azidose, eine Erhöhung für eine metabolische Alkalose. Nach einem Sprint etwa kann die Laktat-Konzentration durch den sich evtl. einstellenden Sauerstoffmangel ansteigen. Milchsäure dissoziiert vollständig, die Protonen werden durch Bikarbonat-Ionen abgepuffert, deren Konzentration sinkt. Die Pufferung ist nicht vollständig, es kommt zur metabolischen Azidose, die eine häufige Störung im Säure-Basen-Haushalt darstellt.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Hans Walter Striebel: Anästhesie- Intensivmedizin- Notfallmedizin: Für Studium und Ausbildung, S. 553. Schattauer Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7945-2635-2. Online: eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche

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