Leipziger Primatenforschende initiieren weltweite Zusammenarbeit



Bio-News vom 29.10.2019

Um evolutionäre Fragestellungen zu erforschen, benötigen Wissenschaftler möglichst große und vielseitige Stichproben. Wenn diese an einem Ort nicht zu erreichen sind, können sich Forschungseinrichtungen gegenseitig unterstützen. Vor diesem Hintergrund entstand „ManyPrimates“: ein Projekt, das die globale Infrastruktur zur Erforschung von Primaten verbessern will. Die Initiatoren sind Forschende des Leipziger Forschungszentrums für Frühkindliche Entwicklung (LFE) der Universität Leipzig, des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und des Leipziger Zoos. Die erste Studie im Rahmen von „ManyPrimates“ wurde soeben im Journal PLOS ONE veröffentlicht.

Das Wolfgang-Köhler-Primatenforschungszentrum ist als „Pongoland“ im Leipziger Zoo bekannt. Während Besucher dort Bonobos, Schimpansen, Orang-Utans und Gorillas aus nächster Nähe bestaunen, ist dieser Ort gleichzeitig Forschungsstation für evolutionäre Anthropologen. Die Wissenschaftler werden dort allerdings mit einem Problem konfrontiert, das auch in vergleichbaren Forschungsstationen präsent ist: Keine Einrichtung dieser Art beherbergt genügend Primatenarten, um grundlegende evolutionäre Fragestellungen zu beantworten.


Erste Ergebnisse der Studie zum Kurzzeitgedächtnis von Primaten zeigen, dass eng verwandte Arten, zum Beispiel Schimpansen (Foto) und Bonobos, ähnliche Ergebnisse erzielen.

Publikation:


The Many Primates Collaboration
Establishing an infrastructure for collaboration in primate cognition research
Plos One

DOI: 10.1371/journal.pone.0223675



Größere Stichproben und Vergleiche notwendig

Dr. Manuel Bohn vom LFE kennt diese Herausforderung: „Während meiner Doktorarbeit hatte ich das Glück, im Pongoland Beobachtungsstudien mit allen vier großen Menschenaffen-Arten machen zu können. Aber obwohl dies eine weltweit einmalige Situation ist, war ich auf den Vergleich zwischen diesen Arten beschränkt. Um die großen evolutionären Fragen sinnvoll zu beantworten, bedarf es aber eines Vergleichs zwischen mehreren Dutzend Arten.“

Bislang arbeiten elf Primatenforschungsstationen zusammen

Gemeinsam mit zehn weiteren Primatenforschungsstationen haben die Leipziger Wissenschaftler deshalb das Projekt „ManyPrimates“ ins Leben gerufen. In Kooperation unter anderem mit dem Deutschen Primatenforschungszentrum in Göttingen, dem Zoo im schottischen Edinburgh, dem kenianischen Sweetwaters Chimpanzee Sanctuary in Nanyuki und dem US-amerikanischen Lincoln Park Zoo in Chicago ist eine globale Infrastruktur entstanden, die internationale Forschungsvorhaben ermöglicht. „Wir haben bereits eine Liste mit machbaren Fragestellungen in der Gruppe der bisher beteiligten Einrichtungen abgestimmt und nun eine erste Studie zum Kurzzeitgedächtnis von Primaten durchgeführt“, sagt Bohn. „Die gleiche Untersuchung wurde an den elf Forschungsstationen mit knapp 180 Primaten von zwölf Arten durchgeführt. Die Stichprobe war also um einiges größer als in gewöhnlichen Studien mit Primaten.“

Studiendesign

Im Verlauf der Studie versteckte ein Mensch eine Belohnung unter einer von drei Tassen. Dann wurde eine kurze Zeit abgewartet, bevor die Primaten sich für eine Tasse entscheiden konnten. Die Zeit zwischen Verstecken und Entscheiden wurde anschließend systematisch variiert. Es zeigte sich, dass sich Primaten mit längerer Wartezeit schlechter an die Tasse erinnerten, unter der das Futter versteckt war. Man sah jedoch auch, dass die Aufgabe nicht für alle Arten gleich schwierig war. So schnitten Schimpansen selbst mit einer langen Wartezeit noch sehr gut ab, wohingegen Totenkopfaffen damit große Probleme hatten. Laut Bohn stellt sich nun die Frage, inwiefern sich diese Unterschiede durch die Verwandtschaft zueinander erklären lassen. Erste Ergebnisse zeigen, dass eng verwandte Arten, zum Beispiel Schimpansen und Bonobos, ähnliche Ergebnisse erzielten.

Fazit

Das Resümee des Entwicklungspsychologen der Universität Leipzig, der ebenfalls am Language and Cognition Lab der Stanford University (USA) tätig ist, zu der ersten Zusammenarbeit im „ManyPrimates“-Projekt fällt äußerst positiv aus. „Es funktioniert! Eine weltweite Zusammenarbeit zwischen Primatenforscherinnen und -forschern ist möglich. Ressourcen lassen sich bündeln, und wir können dadurch Daten in einer Größenordnung erheben, wie sie vorher nicht möglich war.“ Bohn fügt hinzu, es habe viel positives Feedback aus der Wissenschaftsgemeinschaft gegeben. „Viele Kolleginnen und Kollegen sagten uns, dass dies genau das Netzwerk sei, das das Forschungsfeld gebraucht habe. Nach dem Erfolg der ersten Studie stimme ich dem absolut zu.“

Weitere Partner weltweit gesucht

Künftig sollen weitere Kooperationspartner gewonnen werden. Denn obwohl die Stichprobe bereits sehr viel größer war als gewöhnlich, sind zur Beantwortung evolutionärer Fragestellungen noch umfangreichere Datensätze nötig.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Leipzig via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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