Das Kernkörperchen – bekanntes Organell mit neuen Aufgaben



Bio-News vom 12.07.2019

Der Nukleolus, das Kernkörperchen, ist eine altbekannte Zellstruktur, die unter dem Lichtmikroskop gut sichtbar ist. Die Struktur im Zellkern ist als Ort der Ribosomenproduktion bekannt. Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie zeigen in einer aktuellen Studie, dass der Nukleolus auch ein Ort der Qualitätskontrolle für Proteine ist. Werden Zellen gestresst, neigen Proteine zur Fehlfaltung und Zusammenlagerung. Damit es nicht zur Verklumpung bestimmter Proteine im Zellkern kommt, werden diese vorübergehend in den Nukleolus transportiert. Die dortigen speziellen Bedingungen verhindern gefährliche Proteinzusammenlagerungen.

Gern möchte man glauben, dass die grundlegenden zellulären Prozesse schon entschlüsselt sind und sich die Forschung nur noch den Details zu widmen braucht. Doch auch heute werden aufgrund der Kombination moderner Methoden neue, grundlegende Prinzipien entdeckt.


Superauflösende Lichtmikroskopie zeigt, dass der Nukleolus aus verschiedenen membranlosen Zonen besteht (hier: grün, magenta und gelb). Fehlgefaltete Protein lagern vorübergehend im grünen Bereich.

Publikation:


F. Frottin, F. Schueder, S. Tiwary, R. Gupta, R. Körner, T. Schlichthaerle, J. Cox, R. Jungmann, F.U. Hartl, M.S. Hipp
The nucleolus functions as a phase-separated protein quality control compartment
Science. Juli 2019

DOI: 10.1126/science.aaw9157



Der Nukleolus wurde in den 1830iger Jahren das erste Mal beschrieben und in den 1960iger Jahren wurde erkannt, dass hier die Ribosomen, die Proteinfabriken hergestellt werden. Seit längerem wissen Forscher, dass Proteinfaltungshelfer, sogenannte Chaperone, sich unter bestimmten Umständen in den Nukleolus bewegen. Es wurde vermutet, dass dies im Zusammenhang mit der Proteinherstellung steht. Jetzt zeigen Forscher vom Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie, dass in den Nukleolus geleitete Chaperone an Stress-sensitive Proteine gebunden sind.

Als Pionier der Chaperonforschung hat F.-Ulrich Hartl mit seinem Team entdeckt, dass Chaperone entscheidend für die korrekte Proteinfaltung sind und eine zentrale Aufgabe in der Qualitätskontrolle von Proteinen übernehmen. Wenn diese Prozesse nicht gut funktionieren, können sich fehlgefaltete Proteine zusammenlagern und verklumpen. Solche Ablagerungen werden oft in neurodegenerativen Krankheiten, wie Alzheimer, Parkinson oder Huntington, beobachtet.

Mark Hipp, Leiter der Studie und Mitarbeiter in der Abteilung von F.-Ulrich Hartl: „Seit vielen Jahren nutzen wir Luciferase als Modellprotein um Mechanismen der Proteinfaltung zu untersuchen.” Gebunden an ein fluoreszierendes Protein können die Wissenschaftler unter dem Mikroskop sehen, ob das Protein korrekt gefaltet ist, oder ob fehlgefaltete Proteine zusammengelagert vorliegen. „Wir konnten zeigen, dass in gestressten Zellen, verursacht durch Erhitzen auf 43°C, das Luciferaseprotein zusammen mit Chaperonen in den Nukleolus transportiert wird.”

Die Proteinforscher kooperierten mit den ebenfalls am MPI für Biochemie angesiedelten Forschungsgruppen von Ralf Jungmann, Entwickler von hochauflösenden Fluoreszenzmethoden, und Jürgen Cox, Entwickler von bioinformatischen Analysemethoden, um die mechanistischen Details aufzuklären. Zusammen konnten sie zeigen, dass das Luciferaseprotein sich im Nukleolus anders verhielt als im Rest der Zelle. „Im Nukleolus konnte das zur Verklumpung neigende Protein in einer Art flüssigen Zustand gehalten werden”, erklärt Frédéric Frottin, Erstautor der Studie.

Dies ist aufgrund der speziellen Umgebungsbedingungen möglich, die für den Nukleolus bekannt sind. „Zur Verklumpung neigende Proteine werden anscheinend in der Zeit, in der die Zelle gestresst ist, in einer weniger gefährlichen Form zwischengelagert. So wird die Zelle nicht geschädigt. Sobald die Zelle Zeit hat sich zu erholen, werden die gefährdeten Proteine wieder aus dem Nukleolus entlassen”, so Frottin weiter. Die Zelle hat jetzt wieder die Kapazitäten, weitere Mechanismen zu aktivieren, die eine Reparatur des Proteins oder seinen Abbau ermöglichen. Die Forscher konnten auch zeigen, dass der Schutzmechanismus versagt, wenn der Zellstress zu lange andauert. „Es ist ein neuer Mechanismus um die Unversehrtheit der Zelle zu ermöglichen” fasst Mark Hipp zusammen. Diese Unversehrtheit ist letztendlich unentbehrlich um Alterungsprozesse und das Entstehen von Krankheiten zu verhindern.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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