Bei Tüpfelhyänen sind Nesthocker keine Verlierer



Bio-News vom 18.06.2016

Männchen, die zu Hause bleiben, müssen keine Zweite-Klasse-Männchen sein, sondern können genauso viele Nachkommen zeugen wie ihre abenteuerlustigen, abwandernden Kollegen. Die Ergebnisse einer Langzeitstudie eines Wissenschaftlerteams des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) an Tüpfelhyänen wurden jetzt in dem frei zugänglichen online-Fachjournal „Science Advances“ veröffentlicht.

Bei den meisten Säugetieren gibt es Männchen, die zu Hause bleiben und solche, die abwandern und sich anderswo fortpflanzen. Nesthocker gelten gemeinhin als Verlierertypen, die weniger Nachkommen zeugen, weil sie die zusätzlichen Risiken scheuen, die mit einer Abwanderung üblicher Weise verbunden sind. Die aktuelle wissenschaftliche Studie zeigt erstmalig bei einem gruppenlebenden Säugetier, dass daheimgebliebene Männchen und Abwanderer einen ähnlichen Erfolg bei den Weibchen haben.

Die Forscher zeigten zudem, dass die Entscheidung, ob Abwandern oder zu Hause bleiben, das Ergebnis eines individuellen Prozesses ist, bei dem alle Männchen die gleiche Frage beantworten: In welcher Gruppe habe ich den größten Fortpflanzungserfolg? Ob ein junges Männchen zu Hause bleibt oder abwandert, hängt in erster Linie davon ab, ob die Geburtsgruppe oder eine andere Gruppe mehr junge Weibchen enthält.

Die Wissenschaftler untersuchten innerhalb von 20 Jahren die gesamte Tüpfelhyänenpopulation des Ngorongoro-Kraters in Tansania. Sie zeichneten demographische Daten der acht Clans auf und verknüpften diese mit Daten zu Auswanderungsverhalten, Gruppenwahl, Überlebensdauer und Fortpflanzungserfolg von über 250 Hyänenmännchen.


Tüpfelhyänen leben in Gruppen, sind weiblich dominiert und haben sehr komplexe Sozialstrukturen.

Publikation:


Davidian E, Courtiol A, Wachter B, Hofer H, Höner OP
Why do some males choose to breed at home when most other males disperse?
Science Advances 18 Mar 2016: Vol. 2, no. 3, e1501236

DOI: 10.1126/sciadv.1501236



Welche Gruppe am meisten junge Weibchen enthält, hängt bei natürlichen Populationen von Zufallsereignissen und Umwelteinflüssen ab. Bei einer Population mit mehr als zwei Gruppen enthält die Geburtsgruppe seltener die meisten jungen Weibchen. Wie erwartet, wanderten die meisten Hyänenmännchen des Ngorongoro-Kraters aus ihrer Geburtsgruppe ab. Insgesamt blieben jedoch mehr Männchen zu Hause, als aufgrund der Verteilung der jungen Weibchen zu erwarten war. Dies deutet darauf hin, dass Nesthocker Vorteile genießen.

Mütter verschaffen Nesthockern Vorteile. Im matriarchalischen System der Tüpfelhyänen beeinflussen Weibchen den Wettbewerb der Männchen. „Mütter unterstützen ihre daheimgebliebenen Söhne und sorgen dafür, dass diese einen hohen sozialen Rang in der Rangfolge der Männchen erlangen. Dadurch haben die Nesthocker privilegierten Zugang zu Ressourcen und Weibchen und können viel Zeit in den Aufbau von Beziehungen zu Weibchen investieren“ erklärt Eve Davidian, Doktorandin am IZW. Das zahlt sich aus, denn Nesthocker zeugen ihre ersten Nachkommen früher als Abwanderer und paaren sich fast ausschließlich mit ranghohen Weibchen. Den Weibchen also, die ihre Jungen besonders erfolgreich aufziehen. Damit wies die Studie zum ersten Mal bei einem gruppenlebenden Säugetier empirisch nach, dass Nesthocker mindestens so erfolgreich sein können wie Aubwanderer.

Auswanderung ist ein Schlüsselfaktor ökologischer und evolutionärer Prozesse. Bisher fand die Wissenschaft jedoch keine befriedigende Erklärung dafür, weshalb sich Individuen desselben Geschlechtes einer Art in ihrer Aubwanderungstendenz unterscheiden. Die Ergebnisse dieser Langzeitstudie liefern dazu neue Erkenntnisse und tragen zum Verständnis der Prozesse bei, die zur Koexistenz von Ortstreue und Aubwanderung im gleichen Geschlecht führen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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