Atacama-Wüste: Einige Flechten können Wasserbedarf aus Luftfeuchtigkeit decken



Bio-News vom 17.07.2019

Die Atacama-Wüste in Chile zählt zu den trockensten Orten der Erde. Um hier zu überleben, nutzen Flechten Nebel, Tau und hohe Luftfeuchtigkeit. Letztere alleine reicht einigen von ihnen aus, um Photosynthese zu betreiben. Dies ist zumindest bei den Flechten der Fall, die etwa auf Kakteen sitzen. Ihre Verwandten auf dem Boden können dies nicht. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Forscher um Dr. Patrick Jung von der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) beim Online-Portal „MicrobiologyOpen“ veröffentlicht haben. Diese Flechten können daher länger aktiv sein. Bei ihrer Arbeit in der chilenischen Wüste haben die Forscher auch eine neue Flechtenart entdeckt und beschrieben.

Die Atacama-Wüste erstreckt sich im Osten Südamerikas auf einem Hochplateau entlang der Pazifikküste. Regelmäßig steigt hier Wasserdampf an den steilen Felsküsten hinauf. In Form von Nebel, auch Camanchaca genannt, zieht er schließlich landeinwärts. „In diesen Nebeloasen finden sich viele Kakteen und vor allem Flechten“, sagt Dr. Patrick Jung, Erstautor der aktuellen Studie und Wissenschaftler im Lehrgebiet Pflanzenökologie und Systematik an der TUK. Bei Flechten handelt es sich um eine symbiotische Gemeinschaft aus mindestens einem Pilz und mindestens einer Alge, die Photosynthese betreibt. Dies können etwa Grünalgen oder Cyanobakterien sein.


In den Nebeloasen finden sich viele Kakteen, auf denen sich Flechten angesiedelt haben.

Publikation:


Jung P, Emrich D, Briegel-Williams L, Schermer M, Weber L, Baumann K, Colesie C, Clerc P, Lehnert LW, Achilles S, Bendix J, Büdel B
Ecophysiology and phylogeny of new terricolous and epiphytic chlorolichens in a fog oasis of the Atacama Desert
MikrobiologyOpen

DOI: 10.5061/dryad.jc06126



„Wir wollten wissen, wie Flechten Nebel und Luftfeuchtigkeit als Wasserquelle nutzen, da Regen hier keine Rolle spielt“, sagt Jung. Steht Flechten kein Wasser zur Verfügung, verfallen sie in einen Ruhezustand, um Energie zu sparen. Die Wissenschaftler haben für ihre Studie Flechten auf dem Boden mit ihren Artgenossen verglichen, die auf Kakteen wachsen. In der Fachwelt werden solche aufsitzenden Gewächse auch als Epiphyten bezeichnet.



Das Forscherteam hat bei den Flechten die Photosynthese-Aktivität gemessen, wenn der Nebel über das Plateau zieht. Zum Einsatz kam dazu ein Messgerät, das Lichtblitze auf die Flechten schießt. Da Flechten einen Teil des Lichts für die Photosynthese nutzen, geht nur ein Teil des Lichtes wieder aus den Flechten heraus. Dieses Verhältnis ist abhängig vom Wassergehalt der Flechte. „Mit diesen Differenzwerten können wir ermitteln, wie hoch die potentielle photosynthetische Aktivität der Flechten ist“, erläutert Jung.

Das Team um den Kaiserslauterer Botaniker hat festgestellt, dass die Pflanzen das Nebelwasser sehr effizient nutzen: „Schon nach drei Minuten fangen sie an, Photosynthese zu betreiben.“ Das gilt sowohl für die Arten auf dem Boden als auch für die auf den Kakteen. In einem weiteren Versuch haben sie untersucht, wie die Flechten hohe Luftfeuchtigkeit nutzen, die am Naturstandort ebenfalls über 90 Prozent betragen kann. Dabei hat sich gezeigt, dass nur die epiphytischen Flechten diese als Wasserquelle nutzen. „Warum das so ist, wissen wir noch nicht“, so Jung weiter. „Die Flechten auf den Kakteen haben gegenüber ihren Artgenossen auf dem Boden aber einen klaren Vorteil, denn sie können zusätzlich zu Nebel und Tau durch das Nutzen hoher Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeitraum aktiv sein.“ Daher finde man in dieser Nebeloase auch eine Vielzahl mit Flechten bewachsener Kakteen und verhältnismäßig wenige Flechten, die den Boden besiedeln. Die vielen epiphytischen Flechten bilden daher auch die Nahrungsgrundlage der dort heimischen Guanakos, einer Kleinkamelart, und stellen ein wichtiges Glied im Nahrungsnetzwerk der kargen Landschaft dar.

Bei ihren Arbeiten haben die Botaniker auch das Erbgut der Flechten sequenziert und eine neue Art entdeckt. Diese neue gelbe Flechte haben sie Acarospora conafii getauft. „Der Name leitet sich von Conaf ab“, sagt der Kaiserslauterer Forscher. Die Abkürzung steht für die chilenische Forstbehörde (Corporación Nacional Forestal), die die Untersuchungen unterstützt hat. Ihre Ranger kümmern sich auch um den Nationalpark „Pan de Azúcar“, der in der Atacama-Wüste gelegen ist und in dem das Team um Jung die Flechten untersucht hat.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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