Deviation (Stereografie)

Die Deviation bezeichnet in der Stereografie den horizontalen Abstand gleicher Bildelemente auf beiden Teilbildern zueinander und ist damit die Abbildung der Parallaxe. In Übernahme des englischen Begriffes disparity wird Deviation heute zunehmend auch als Querdisparation oder Disparität bezeichnet. Die Deviation wird in Abhängigkeit zur Breite des Bildes als relative Deviation bezeichnet.

Datei:Deviation.jpeg
Sichtbare Deviation in zwei überblendeten Halbbildern
Datei:Deviation-3DKamera.JPG
Faktoren, die den räumlichen Eindruck des Stereofotos bestimmen
Datei:Deviation-Nahebene.jpg
Das der Kamera nächste Objekt legt die Nah-Ebene fest
Datei:Deviation-Overlay.jpg
Die Projektionsebene (Scheinfenster) liegt bei $ dev_{\mathrm {0} } $
Datei:Deviation-GreyAnaglyph.jpg
3D-Bild für rot/grün-Brille

Auswirkung der Deviation

Bildelemente, die sich beim Übereinanderlegen der zwei Einzelbilder nicht verschieben, liegen für den Betrachter in der dreidimensionalen Ansicht unmittelbar auf der Abbildungsebene – also dem Bildschirm oder dem bedruckten Papier. Dementsprechend lässt sich Aufnahmen, die keinerlei Deviation aufweisen, kein räumlicher Eindruck abgewinnen.

Je größer die Deviation in Bereichen des Bildes ist, desto stärker ist die Tiefenabweichung von der Abbildungsebene (auch: Projektions- bzw. Scheinfenster-Ebene). Dies kann bedeuten, dass sich das Objekt aus dem Bild hervorhebt oder in diesem versinkt. Bei extremen Deviationen ist es dem Betrachter allerdings nicht mehr möglich, beide 2D-Teilbilder zu einem dreidimensionalen stabil zu verschmelzen.

Berechnung der Basisbreite

Die Deviation ist abhängig von fünf Faktoren:

  • $ a_{\mathrm {N} } $ - Abstand der Nah-Ebene zum Objektiv
  • $ a_{\mathrm {P} } $ - Abstand der Projektions-Ebene zum Objektiv $ a_{\mathrm {N} }\leqq a_{\mathrm {P} }<a_{\mathrm {F} } $
  • $ a_{\mathrm {F} } $ - Abstand der Fern-Ebene zum Objektiv
  • $ \partial $ - horizontaler Öffnungswinkel des Sichtfeldes der Kamera (engl. field of view, FoV)
  • $ b $ - Basisbreite (Horizontaler Abstand zwischen den Kameras/Sichten)

Ein übliches Problem der Stereofotografie ist die Frage nach der zu verwendenden Basisbreite. Um sie zu beantworten, muss man $ a_{\mathrm {N} } $ und $ a_{\mathrm {F} } $ messen. Die Genauigkeit von $ a_{\mathrm {N} } $ im Meterbereich ist dabei stets wichtiger, als von $ a_{\mathrm {F} } $ im Kilometerbereich (Schätzung ist ausreichend). Die Projektionsebene (Scheinfensterebene) $ a_{\mathrm {P} } $ sollte $ \geqq a_{\mathrm {N} } $ und $ <a_{\mathrm {F} } $ sein. Der FoV $ \partial $ lässt sich aus der Brennweite und der horizontalen Größe des Bildsensors bzw. des Negatives errechnen. Anhaltspunkte zur gewünschten Deviation finden sich unter Richtlinien zur Deviation.

$ b={\frac {dev_{\mathrm {rel} }\cdot \tan {\frac {\partial }{2}}\cdot 2a_{\mathrm {P} }\cdot a_{\mathrm {F} }\cdot a_{\mathrm {N} }}{a_{\mathrm {P} }\cdot (a_{\mathrm {F} }-a_{\mathrm {N} })}} $ Anmerkung: der Projektionsabstand aP kann gekürzt werden.

Die Sichtachsen einer idealen 3D-Kamera verlaufen parallel zueinander. Das hat zur Folge, dass die Projektionsebene ($ dev_{\mathrm {0} } $) zwangsläufig nahe der Fernebene liegt. Zur Verschiebung der Projektionsebene muss das Bild beschnitten werden. Das verringert seine Breite und verändert damit die in der Berechnung festgelegte relative Deviation geringfügig. Die Formel muss dahingehend erweitert werden. In den Bildbeispielen tritt dieser Effekt nicht auf. Die Szenen wurden vom Computer berechnet und mit einer off-Axis-Projektion dargestellt. Es gibt optische Systeme die diese Projektion imitieren.

Richtlinien zur Deviation

Die optimale relative Deviation ist stets abhängig vom Ausgabemedium. Als Referenz gilt die Wiedergabe auf Leinwand mit Polfiltertechnik (Raumbildprojektion). Die Deviation sollte $ {\frac {1}{30}} $ nicht überschreiten. Generell gilt, je kleiner das wiedergegebene Bild durch (a) seine Größe ist oder (b) durch den Abstand des Betrachters wirkt, desto größer darf die relative Deviation sein. Für Raumbilder im Kreuzblick darf $ dev_{\mathrm {rel} } $ zwischen $ {\frac {1}{30}} $ und $ {\frac {1}{10}} $ liegen. Da Kreuzblick-Bildpaare zumeist in einem schmalen Hochformat aufgenommen sind, eignen sie sich nicht mehr für die Raumbildprojektion. Aus diesem Grund und der geringen Wiedergabegröße (Schieltechnik), ist eine Vergrößerung der Deviation und damit der räumlichen Wirkung durchaus erwünscht.

Das Anaglyphenbild auf Monitor oder Papierbild verträgt eine relative Deviation von bis zu $ {\frac {1}{15}} $. Da man die Halbilder aber auch jederzeit mit der Raumbildprojektion präsentieren oder als Anaglyphe auf Leinwand projizieren könnte, empfiehlt sich auch hier eine Deviation von $ {\frac {1}{30}} $. Das vermindert außerdem die Wahrnehmung sogenannter Ghosts (Geister), die bei großen Disparitäten deutlicher sichtbar werden. Autostereoskopische Monitore mit zwei Sichten verlangen nach $ dev_{\mathrm {rel} }={\frac {1}{30}} $. MultiView-Monitore (5,8,9 Sichten) tolerieren nur eine wesentlich kleinere Deviation. Dies ist abhängig von der verwendeten Barriere und der Anzahl der Sichten. Die relative Deviation zwischen zwei benachbarten Sichten eines 5-Sichten-Displays liegt bei ca. $ {\frac {1}{120}} $.

Weblinks

Die News der letzten Tage

20.09.2023
Biodiversität | Citizen Science | Ethologie | Vogelkunde
Das Erfolgsgeheimnis steckt im Verhalten
Während viele Arten gerade zahlenmäßig und hinsichtlich ihres Verbreitungsgebiets drastisch zurückgehen, scheinen andere gut zu gedeihen.
19.09.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft
Vitamine vom Dach
Obst und Gemüse wird heute über Tausende von Kilometern nach Deutschland transportiert.
19.09.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft
Optimierte Kakaobestäubung für höhere Erträge
Wie lässt sich der Anbau von Kakao durch die richtige Bestäubungstechnik verbessern?
18.09.2023
Mikrobiologie
Stinkender Schleim: Wohlfühlort für Würmer und Mikroben
Kieler Forschungsteam untersucht am Beispiel von Fadenwürmern in einem naturnahen Kompost-Experiment, welchen Beitrag Wirtslebewesen und Mikroorganismen zur gemeinsamen Anpassung an einen neuen Lebensraum leisten.
18.09.2023
Anthropologie | Evolution | Neurobiologie
Evolution der sprach-relevanten Hirnstrukturen aufgedeckt
Sprache ist ein Aspekt, der uns zu Menschen macht.
18.09.2023
Mikrobiologie | Taxonomie
Darmmikrobe produziert stinkendes Giftgas, schützt aber vor Krankheitserregern
Taurin abbauende Bakterien beeinflussen das Darmmikrobiom, so ein internationales Team von Wissenschafter*innen unter der Leitung des Mikrobiologen Alexander Loy von der Universität Wien.
17.09.2023
Insektenkunde | Ökologie
Dieselabgase schädigen Insekten: erstmals Auswirkungen auf Hummeln erforscht
Der Rückgang der Insekten bedroht weltweit viele Ökosysteme - Während die Auswirkungen von Pestiziden gut erforscht sind, fehlte es bisher an Erkenntnissen über die Folgen anderer anthropogener Schadstoffe.
17.09.2023
Mikrobiologie | Toxikologie
Wie man Giftschlangen auf den Zahn fühlt
Nicht nur in den Tropen führen Schlangenbisse zu gefährlichen Vergiftungen – auch Bisse europäischer Giftschlangen können ernste körperliche Beschwerden hervorrufen.
16.09.2023
Evolution | Paläontologie
Langzeitseen als Motor für die Evolution von Süßwasserschnecken
In Millionen Jahre existierenden Langzeitseen entwickelten Süßwasserschnecken im Laufe der Erdgeschichte eine besonders große Vielfalt an Arten.